Da musste der Redaktionsmaulwurf ran – zumindest fürs Titelfoto. Stellvertretend für all die Typen, die uns nach dem viel zu frühen Ferienende in Sachsen erschreckt haben mit ihren uralten Ideen und ihrem Tunnelblick auf die Welt. Auf einmal übernahmen graue Eminenzen wieder die Zügel – ob beim Versuch, den HC Leipzig noch einmal als Zeitungsente auszuschlachten, bei wilden Ideen von Waffenverbotszonen in der buntesten Leipziger Ecke oder bei platzenden Visionen für den Nahverkehr.
Als hätten sie alle den Sommer nur dazu genutzt, ihre Siegerpokale von anno Tobak zu polieren und dann der Welt da draußen, den noch Sommerglücklichen zu erzählen, wie das Leben wirklich ist. Das Ergebnis? Eine Zeitung, in der Vergangenheit und Zukunft aufeinanderprallen und ganz und gar nicht klar ist, ob die seltsamen Dämonen der Vergangenheit nicht doch wieder das Zepter übernehmen.
Ob beim Tunnelgraben unter der Stadt oder bei der wiederholt boshaften Etikettierung der Eisenbahnstraße. Reicht es nicht, dass strunzdumme TV-Plaudertaschen Blödsinn erzählen über ein Stück Leipzig, das sie nur aus Polizeimeldungen kennen und sonst gar nicht? Zeit für ein saftiges Kontra, denn der Osten wehrt sich – zu Recht.
Genauso wie im Fall HC Leipzig, jenem Sportclub, der zwei Jahrzehnte lang die Spitze von allem war, was Leipzig an Bundesliganiveau zu bieten hatte. In schweres Fahrwasser kam dieser Vorzeigeclub mit seinen Serien-Titel Gewinnerinnen erst, als die Leipziger Altherrenrige wieder mit bundesligatauglichem Fußball beschenkt wurde. Da wollte man sich woanders sonnen und auf einmal waren 20 Jahre Spitzen-Handball ein Fall für die Mäuler, die alles zerreißen. Natürlich haben wir hinter die Kulissen geguckt. Und geben Kontra.
So nicht. Auch weil wir mittlerweile auch wissen, dass Fußball immer Politik ist. Da kann der Rasenwart erzählen, was er will. Spätestens, wenn man erfährt, wie emsig die Staatswächter mithorchen und mitschneiden, wenn sie im Umfeld eines von braven Couchpotatoes nicht so sehr geliebten Clubs dunkle Untertriebe vermuten, fahren sie Geschütze auf, die eher für große, kriminelle Machenschaften gedacht sind. Ergebnis? Der peinlichste Abhörskandal, den Sachsen in den letzten Jahren erlebte. Und ein deftiger Grund, die Ermittlungsakten durchzublättern und zu fragen, wer für so etwas eigentlich im Freistaat den Hut aufhat.
Denn so, wie es derzeit klingt, will es wieder keiner gewesen sein. Es waren halt „Fehler“ bei der Überwachung im Umfeld der BSG Chemie Leipzig, eine Aufarbeitung überlässt man gern anderen. Zurück bleibt so mancher, der sich fragt, was man so am Telefon sagen kann und was nicht.
Und man fühlt sich seltsam erinnert an eine Zeit, als auch keiner was gewesen sein wollte. Die aber in vielen Sachsen heute gärt und rumort, weil sie das Gefühl nicht loswerden, dass alle Versprechungen, die ihnen gemacht wurden, geplatzt sind. Da gibt es eine Menge aufzuarbeiten, findet auch Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping. Wir haben sie interviewt – rings um Nachwendezeiten, Ungerechtigkeiten, die bis heute anhalten und Enttäuschungen im Osten, die endlich auf den Tisch gehören.
Und wir haben gleich mehrfach nachgefragt, wie das nun ist mit der Stadtentwicklung heute. Der Stolperstein: das Black Triangle, der vorerst jüngste Versuch, irgendwo in Leipzig einen neuen Freiraum zu finden. Da fragen wir natürlich einen Wissenschaftler, der sich mit allem, was städtische Infrastrukturen betrifft, beschäftigt: Welchen Lohn ernten eigentlich die, die eine Stadt, einen Ortsteil oder eine Straße erst wieder mit Leben erfüllten, eigentlich dafür, wenn sich der ganze Bembel endlich wieder rechnet?
Die Berichterstattung aus dem Stadtrat werden Leser der LZ längst als Standard kennen. Und da Hamburg überhaupt nicht erledigt ist, nachdem strenge Innenminister glauben, die Schuldigen ausgemacht zu haben, wird das Thema Polizeigewalt in Hamburg von denen beleuchtet, die mit Verletzungen in Krankenhäusern landeten.
Genauso wie das Gezerre um das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz, das so hübsch zusammenpasst mit der Feier ums fertige Paulinum. Denn nach wie vor gilt: Wer die Bildung reglementiert, sorgt dafür, dass ein Land erstarrt. Veränderungen beginnen in Köpfen, die fähig sind, Veränderung zu denken. Und weil’s so aktuell ist, kommt diesmal auch die Bibel zu Wort, deren Worte Luther vor 500 Jahre als Stoff nutzte, um den erstarrten Zustand seiner Kirche einmal anders zu denken. Mit bekannten Folgen.
Und weil Denken auch mit Fühlen zu tun hat, haben wir uns diesmal auch mit Leipzigs begabtester Fantasy-Autorin Amanda Koch unterhalten, die mit ihrem neuen Buch wieder so etwas angerührt hat – wenn sie Glück hat nicht nur in den Köpfen von Leserinnen: Was passiert eigentlich, wenn man beginnt, das zu suchen, was einem im Leben wirklich wichtig ist?
Nur so als Frage.
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