Man muss nicht immer extra Bücher für Blinde und Sehschwache machen, dann, wenn die Bücher für alle anderen schon fertig sind. Viel sinnvoller ist es, Bücher von Anfang an so zu konzipieren, dass sie auch ganz leicht für besondere Bedürfnisse umgesetzt werden können. Das war die Dissertationsidee der HTWK-Studentin Julia Dobroschke. Dafür hat sie jetzt einen Preis bekommen.

Anlässlich der Feierlichen Immatrikulation der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) am Montag, 10. Oktober, im Gewandhaus zu Leipzig wurde Dr. phil. Julia Dobroschke der mit 3.000 Euro dotierte Dissertationspreis der Stiftung HTWK verliehen. In ihrer mit „summa cum laude“ bewerteten Dissertation zeige Julia Dobroschke auf, wie Schulbücher für sehbehinderte und blinde Kinder einfacher hergestellt werden können.

„Die Arbeit zielte darauf ab, teure barrierefreie Sonderlösungen zu vermeiden, indem die Prinzipien des ‚Universellen Designs‘ angewandt werden“, heißt es in der Begründung der Jury. Mit ihrer Arbeit liefere Dobroschke einen „höchst wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes“.

Inklusion schon beim Lehrbuch

Kommt ein blindes oder sehbehindertes Kind ins schulpflichtige Alter, kann es auch in die erste Klasse einer Regelschule eingeschult werden. Zu diesem Recht auf Inklusion hat sich Deutschland mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 verpflichtet. Allerdings liegen im Regelfall die Schulbücher, mit denen die Erstklässler unterrichtet werden, nicht in Blindenschrift vor. Jedes Lehrbuch muss erst zeitaufwendig und häufig mit viel Handarbeit von einem speziellen Medienzentrum „übersetzt“ und didaktisch aufbereitet werden. Das ist nicht nur ausgesprochen teuer, sondern kann gut und gerne ein bis zwei Jahre für ein einzelnes Lehrbuch dauern.

Für ihre Dissertation hat Julia Dobroschke untersucht, wie der Herstellungsprozess inklusiver Lehrmaterialien durch den Ansatz des „Universellen Designs“ vereinfacht werden kann.

„Die Idee ist, Dinge bereits ‚universell‘ zu konzipieren, damit sie zu einem hohen Grad zugänglich sind. Wenn das von Anfang an mitgedacht wird, muss später weniger nachgearbeitet werden. Aus medienneutralen Daten können dann didaktische Materialien für Schüler mit oder ohne Einschränkungen und in verschiedenen Formaten erzeugt werden – vom normalen Buch über eines in Blindenschrift bis hin zu interaktiven, digitalen Medien“, erklärt Julia Dobroschke, wie sie sich das gedacht hat. Eine konsequente Umsetzung des „universellen Designs“ nütze sehenden wie sehbehinderten Kindern gleichermaßen.

Erfahrungen gesammelt in der DZB

Julia Dobroschke studierte im Diplomstudiengang Verlagsherstellung an der HTWK Leipzig. Im Anschluss arbeitete sie an der Deutschen Zentralbücherei für Blinde (DZB) in Leipzig und stieß dort auf das Problem, dass Lehrbücher für Sehbehinderte nicht einfach nur übersetzt, sondern didaktisch neu aufbereitet werden müssen. Daraus entwickelte sie ihr Promotionsthema „Produktionsprozesse für Lehrwerke im Universellen Design unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen blinder und sehbehinderter Kinder im Inklusionsunterricht“, zu dem sie von 2012 bis 2015 unter Betreuung von Prof. Ulrich Nikolaus, Fakultät Medien der HTWK Leipzig, und Prof. Siegfried Lokatis, Fachbereich Buchwissenschaft am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, forschte. Unterstützt wurde sie dabei durch ein Promotionsstipendium des Freistaats Sachsen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Nach Abschluss ihrer Promotion kehrte Julia Dobroschke an die DZB zurück, wo sie aktuell in einem Projekt zu barrierefreien Informations- und Kommunikationsangeboten in Sachsen arbeitet.

Der Dissertationspreis der Stiftung HTWK wird seit 2014 jährlich an eine herausragende Dissertation mit maßgeblicher Entstehung an der HTWK Leipzig verliehen. Die Stiftung HTWK fördert die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig durch die Beschaffung und Weiterleitung von Mitteln zur Unterstützung und den Ausbau von Lehre und Forschung. Der diesjährige Dissertationspreis wurde vom Wirtschafts-Club Leipzig e. V. gesponsert.

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