Was macht eine Regierung, die an der Kontrolle des Rundfunks nichts รคndern will? Sie geht in den Kohl-Modus, sitzt die Sache so lange aus, wie es das Sitzfleisch hergibt - und die Geduld der Untertanen. Und damit die gar nicht erst unruhig werden, gibt es ab und zu eine Merkelsche Streicheleinheit. So wie am Freitag. 31. Juli, in der "Sรคchsischen Zeitung".

Die berichtete, als sei das wirklich Absicht der aktuellen sรคchsischen Regierung, davon, dass Sachsens Staatsregierung mehr Informationen im MDR wolle. Und die medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bรผndnis 90 / Die Grรผnen im Sรคchsischen Landtag, Dr. Claudia Maicher, las das, fasste sich an den Kopf und zog die letzte Antwort von Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel aus der Schublade, in der er Auskunft gegeben hatte zum MDR-Staatsvertrag. Der alte ist nach dem Gerichtsurteil zum ZDF-Staatsvertrag schlicht nicht mehr zeitgemรครŸ. Es sitzen viel zu viele Abgesandte aus Politik und Regierung im MDR-Rundfunkrat, dazu haufenweise Entsandte aus diversen Verbรคnden, Kirchen und Vereinen, von denen viele ebenfalls ein Parteibuch besitzen und in diversen Lenkungsausschรผssen und Aufsichtsgremien des Freistaats omniprรคsent sind.

Wie soll ein Sender staatsfern sein, wenn es nicht mal sein Aufsichtsgremium ist?

Doch nach der letzten Sitzung der Medienminister im Frรผhjahr liegen die Verhandlungen zum MDR-Staatsvertrag auf Eis. Und die Antwort, die Claudia Maicher dazu im Juni erhielt, klang ziemlich deutlich danach, dass Sachsen die Verhandlungen ausgebremst hat, weil es eine ร„nderung im Aufsichtsgremium nicht will.

Kann man sich also fragen: Was fรผr Informationen will Sachsens Staatsregierung dann im MDR gesendet bekommen, wenn es seine staatliche Kontrolle nicht lockern will? Regierungsverlautbarungen etwa?

โ€œIch begrรผรŸe die Initiative. Doch andere Aufgaben wie die Novellierung des MDR-Staatsvertrages lรคsst die Staatsregierung schleifenโ€, stellt Claudia Maicher fest. โ€œDie sรคchsische Staatsregierung zeigt keinerlei Interesse, die Verhandlungen mit Thรผringen und Sachsen-Anhalt รผber die Novellierung des MDR-Staatsvertrages nach dem gescheiterten ersten Versuch wieder aufzunehmen. Anders gesagt: โ€˜Tillich lรคsst โ€˜mauernโ€™.'โ€

Natรผrlich hรคngt die Modernisierung des MDR ganz eng zusammen mit einer Modernisierung der Aufsichtsgremien. Doch der aktuelle Rundfunkrat reprรคsentiert nicht die gesamte gesellschaftliche Breite in den drei Bundeslรคndern โ€“ mal ganz zu schweigen davon, dass das Besetzungsrecht gilt, das Gremium von den Rundfunknutzern nicht gewรคhlt werden kann und auch keine รถffentliche Rechenschaft gibt. Es ist eine Black Box mit Schweigegebot. So erfahren die Sachsen auch nicht, ob sich dort รผber Leitlinien, Gelder oder Erwartungshaltungen gestritten wird. Oder ob die von Regierung und Parteien entsandten Vertreter hier ihre Interessen durchdrรผcken und wie leicht ihnen das fรคllt.

Der Beitragszahler erfรคhrt auch nicht, welchen Einfluss das Gremium tatsรคchlich auf den MDR nimmt, ob es selbst die Verantwortlichen des Senders zur Berichterstattung verpflichtet und MaรŸstรคbe setzt fรผr Inhalte, Qualitรคt, Angebotsbreite. Dass sich Dr. Fritz Jaeckel selbst beim Thema Kirchenredaktion auf die Gestaltungsfreiheit des MDR beruft, ist eine Farce, wenn es kein Gremium gibt, dass Aufwand und AusmaรŸ solcher Angebote zumindest diskutiert. Es kann durchaus sein, dass es im MDR-Land einen hohen Bedarf an religiรถsen Sendungen gibt โ€“ aber ist das Angebot tatsรคchlich ausgewogen, erst recht, wenn man es am Mangel wissenschaftlich fundierter Sendungen festmacht?

Spiegelt das MDR-Programm tatsรคchlich die Bedรผrfnisse der Gesellschaft?

Selbst die sรคchsische Staatsregierung, die die Diskussion so gern deckelt, hat augenscheinlich das starke Gefรผhl, dass der MDR seinem eigentlichen Informationsauftrag nicht genรผgend nachkommt. Sonst gรคbe es ja keinen ministeriellen Wunsch nach mehr Information.

Aber der Wunsch erscheint geradezu nรคrrisch vor dem Hinterrund, dass Sachsens Staatsregierung die Chance zu einer zรผgigen Modernisierung des MDR-Staatsvertrages einfach blockiert. So schrรคg kรถnnen die ร„nderungswรผnsche aus Thรผringen und Sachsen-Anhalt nicht sein, dass Sachsen wirklich einen guten Grund hat, auf stur zu schalten.

โ€œDiese Haltung kรถnnte die notwendige Modernisierung der Rechtsvorschriften fรผr den MDR-Rundfunkrat fรผr Jahre auf Eis legenโ€, befรผrchtet Maicher. โ€œDie Antworten auf meine Anfragen sind zurรผckhaltend und ausweichend. Dabei ist die zukรผnftige Besetzung des Rundfunkrats ein wichtiges Thema. Ich fordere die Staatsregierung auf, die Novellierung endlich in die Hand zu nehmen.โ€

Und der Absage der weiteren Verhandlungen zum neuen Staatsvertrag im Frรผhjahr folgte einfach โ€“ nichts. Kein neuer Terminvorschlag, kein neuer ร„nderungsvorschlag, kein Kompromissvorschlag, nichts.

โ€œMomentan verfolgt die Staatsregierung keinen Zeitplan und wird nach der Neuwahl des MDR-Rundfunkrats im Herbst dieses Jahres wohl auch keinen Druck mehr spรผren, mรถglichst zรผgig eine umfassende Novellierung voranzubringen. Denn die Mitglieder sind dann fรผr sechs Jahre gewรคhltโ€, sagt Maicher. โ€œDie Staatsregierung will offenbar mรถglichst alles beim Alten lassen. Sie weicht der Diskussion aus, welche gesellschaftlichen Gruppen bisher nicht im Rundfunkrat vertreten sind und wie mehr Staatsferne in dem Gremium erreicht werden kann. Wir GRรœNE wollen, dass sich gesellschaftliche Vielfalt im MDR-Rundfunkrat besser widerspiegelt und dass etwa auch Migranten, Menschen mit Behinderung sowie Lesben und Schwule zukรผnftig an dem Gremium beteiligt sind.โ€

Und sie sieht auch bei den Verhandlungen zu einem neuen MDR-Vertrag die selben alten Verhaltensmuster am Wirken: Nur ja die ร–ffentlichkeit nicht mitreden lassen, nur ja alles im kleinen Kreis belassen und irgendwann, wenn man so gnรคdig ist, es dem Volke mitzuteilen, wird dann verlautbart, wie sich die Staatskanzlei den neuen Vertrag und den neuen Rundfunkrat vorstellt.

โ€œDass Frauen zu gleichen Anteilen wie Mรคnner im Rundfunkrat vertreten sind, darum bemรผht sich der MDR intensiv. Das muss selbstverstรคndlich auch im Staatsvertrag verankert werden. Die CDU/SPD-Staatsregierung will hier offensichtlich keinesfalls รผber die unzureichende Regelung im ZDF-Staatsvertragsentwurf hinaus gehenโ€, kritisiert Maicher das regierungsamtliche Mauern. โ€œDer schlechten sรคchsischen Tradition folgend, spielt die sรคchsische Staatskanzlei mit verdeckten Karten und legt einer fundierten รถffentlichen Debatte รผber den Novellierungsbedarf des MDR, wo es nur geht, Steine in den Weg. Wir Grรผne fordern, dass es zum Standard bei Staatsvertragsverfahren wird, die ร–ffentlichkeit zu konsultieren, wie es auch bei den Themen Jugendangebot von ARD und ZDF und Jugendmedienschutz bereits Praxis ist.โ€

Aber wer wird denn das Volk fragen, wenn es um Machtfragen geht?
Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher โ€˜Novellierung des MDR-Staatsvertragesโ€™ (Drs. 6/1722).

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Ohne einen modernen MDR-Rundfunkrat und eine transparente Kontrolle wird es keinen besseren MDR geben

So ist es. Davon sind wir noch meilenweit entfernt. Nach meinen Informationen. die u.a. im Zusammenhang mit den Aktivitรคten zur Verfilmung meines Buches stehen, ist nicht nur die Arbeit dieser Aufsichtsgremien ein Skandal. Eine Hand wรคscht die andere! Sehr viele Hรคnde werden gewaschen!

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