Die Sache mit der "Buchstadt Leipzig" ist gegessen. Vorerst einmal und gründlich. Dazu sind mittlerweile zu viele profunde Arbeiten erschienen, die dem Mythos zu Leibe rückten, allen voran Thomas Keiderlings "Aufstieg und Niedergang der Buchstadt Leipzig". Was aber blieb? Warum wird in dieser Stadt noch immer von Büchern geredet? Der Grund könnte dieser sein: Leipzig ist eine Buchkultur-Stadt. Immer geblieben.
Hier wird das Buch gepflegt, gehätschelt, geliebt und ausgestellt. Hier werden noch immer hochqualifizierte Büchermacher ausgebildet, werden Bücher gerettet, gesammelt und zelebriert. Und das nicht nur zur alljährlichen Leipziger Buchmesse. Sondern auch an all den anderen Tagen. Und nicht nur zu Festen und Festivals.
“Es gibt keine andere Großstadt, die so viele feste Institutionen in sich vereint, die sich professionell mit dem Medium Buch beschäftigen”, sagt Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig. Die ist natürlich eine von diesen Einrichtungen. Eine Stadtbibliothek haben andere Universitätsstädte auch (wenn auch nicht alle mit einem vergleichbaren Bestand an Sondersammlungen wie etwa der Musikbibliothek). Aber schon bei der dritten Einrichtung bleibt nur noch eine vergleichbare Universitätsstadt übrig: Frankfurt am Main. Mit Leipzig gemein hat die Stadt am Main den Sitz der Deutschen Nationalbibliothek. Aber auch da hat Leipzig etwas Besonderes: das Deutsche Buch- und Schriftmuseum.
Da war eigentlich der ganze Rest schon aus dem Rennen. Dabei kommt in Leipzig noch die Hochschule für Grafik und Buchkunst hinzu, die in einigen Klassen auch heute noch ganz speziell fürs professionelle Büchergestalten ausbildet und selbst einen Fundus hat, mit dem hochwertige Ausstellungen bestückt werden können. Ein Haus des Buches alias “Literaturhaus Leipzig” findet andernorts ebenso selten ein Gegenstück. Und dann gibt es da noch in Plagwitz das Unikat des Museums für Druckkunst.
Sechs Einrichtungen, die allesamt jedes Jahr eine ganze Serie von Ausstellungen und Veranstaltungen rund ums Thema Buch auf die Beine stellen. “Zwanzig Ausstellungen jedes Jahr”, schätzt Ulrich Johannes Schneider.
Dieses Angebot, das die Welt der Bücher in Leipzig jedes Jahr auf vielfältige Weise sichtbar macht, könnte auch eine gewisse Rolle im Tourismus-Marketing spielen, fand Schneider.Spielt es auch, findet Birgit Peter, Geschäftsführerin des Kuratoriums Haus des Buches e.V. und Programmleiterin des Literaturhauses. Die Anfragen zu den Veranstaltungen im Haus des Buches kommen auch aus anderen Regionen. Das Interesse an dem, was in Sachen Buch in Leipzig geschieht, ist andernorts also auch vorhanden. Bei Buchliebhabern auf jeden Fall. Und der Veranstaltungen rund ums Medium Buch sind in Leipzig so viele, dass sich der Wissbegierige gar nicht durchfindet. Manchmal gehen sie einfach unter im Strom der Leipziger Höhepunkte.
Was tun, fragte sich Ulrich Johannes Schneider und holte die anderen fünf Einrichtungen ins Boot, um ein Projekt zu verwirklichen, das Leipziger Buchkultur jetzt gebündelt auch im Internet sichtbar macht: www.buchbewegt-leipzig.de heißt die Website, auf der sich die sechs kooperierenden Einrichtungen vorstellen und ab jetzt auch all ihre Ausstellungen und Veranstaltungen rund ums Buch veröffentlichen. Quasi im Nebenjob. Denn viel Geld durfte das Ganze nicht kosten. “Es sind eher geringe Summen, die zum Einsatz kommen”, sagt Schneider. Dafür sorgen, dass jede Veranstaltung auch online erscheint, müssen die sechs Partner selbst. Die meisten der vierzehn eingebundenen Partnerinnen – (Buchkultur ist in Leipzig zu einem wesentlichen Teil Frauensache) – werden das einfach neben der Betreuung ihrer eigenen Website abwickeln.
Dafür findet der Neugierige jetzt auf einer Website alle Ausstellungen und Termine vereint und hat die Qual der Wahl.
Als die Kunst der modernen Reklame entwickelt wurde: Ein Ausflug in die Leipziger Werbegrafik des frühen 20. Jahrhunderts
Fast ist auch das vergessen …
Typotopografie 4: Ein echter Spezialisten-Stadtführer zur Leipziger Druckkunst
Typografie ist eine große alte Kunst …
Quellenfahndung nach einem gern benutzten Begriff: Aufstieg und Niedergang der Buchstadt Leipzig
Der Begriff wird oft und gern …
“Die Seite hilft uns auch, die Termine besser abzustimmen”, sagt Schneider. Überschneidungen werden sich bei der Fülle der Veranstaltungen nicht vermeiden lassen. “Aber wenigstens Ausstellungseröffnungen müssen nun nicht mehr am selben Abend stattfinden.” Denn die Gemeinde der Bücherliebhaber ist zwar weit gestreut – hat aber doch ein knappes Zeitbudget. Eine interne Seite soll extra für eine Abstimmung unter den sechs Häusern sorgen. Erweiterungen sind möglich, bestätigt Schneider. Es gibt ja auch noch ein paar andere Akteure in Leipzig, die sich auf dem Feld tummeln.
“Aber das hier ist erst mal der Startschuss, damit alle sehen: Es geht los.”
Parallel entstand ein Faltblatt in einer Auflage von 15.000 Stück, die nun vor allem über die sechs Häuser unters Volk gebracht werden sollen. 3.000 Flyer gingen direkt zur LTM. Denn natürlich sind die gezeigten Ausstellungen im Museum für Druckkunst, in der Nationalbibliothek, der HGB, in der Universitätsbibliothek, im Buch- und Schriftmuseum und im Haus des Buches geradezu Leckerbissen auch für Touristen, die die Buchstadt Leipzig sehen wollen. Da muss man nicht nur durchs ehemalige Grafische Viertel spazieren, da kann man auch in beeindruckenden Sammlungen zeigen, welche Schätze an Büchern es in Leipzig gibt und wie professionell hier Buchgestaltung gepflegt wird seit Jahrhunderten.
Wer also an Büchern interessiert ist, der kann sich das Faltblatt schnappen und mit Hilfe eines kleinen Kartenausschnitts auch alle sechs Einrichtungen erkunden. Und wer Lust auf Ausstellungen und Veranstaltungen rund ums Buch hat, der kann jetzt im Internet nachschauen und findet die aktuellen Empfehlungen alle hier:
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