In Leipzig fand vor rund zwei Wochen unter dem Motto "5 vor 12 - Zeit zum Handeln" eine aktive Mittagspause vor dem Verlagsgebäude der Leipziger Volkszeitung (LVZ) statt. Die Demo war ein Zeichen gegen die geplanten Abbaumaßnahmen der Konzerngeschäftsführung im Rahmen von Madsack 2018. Rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Standortes Leipzig der Mediengruppe Madsack nahmen teil. Jetzt ist das Projekt "Madsack 2018" konkret geworden.
RND GmbH, also RedaktionsNetzwerk Deutschland GmbH, nennt sich das Zeitungskonstrukt. Und schon die Bezeichnung GmbH lässt das Redakteursohr klingeln. Denn bei der RND GmbH handelt es sich um eine nicht tarifgebundene Gesellschaft. Seit Controller als frisch aus dem Theorie-Ei geschlüpfte und ebenso unbedarfte wie praxisunerprobte und vom Leben noch nicht geschulte Betriebswirtschaftler das Sagen in Verlagshäusern haben, ist diese Form des Geldeinsparens ein inflationär strapaziertes Instrument geworden.
Mit anderen Worten: Redakteure werden hier oft weit unter Tarif bezahlt, bei meist gleicher, wenn nicht noch mehr Arbeit. Willkommen in der neuen Verlagswelt. Das alte Modell mit Redakteuren, die nach Tarif bezahlt werden, wird sich aus rein biologischen Gründen von selbst erledigen und irgendwann in outgesourcte GmbHs münden. Man hört schon das trockene Händereiben der Herren in den höheren Etagen der Verlagsgebäude. So wird es auch den angepeilten 35 Redakteuren nicht anders ergehen, die künftig für das RND arbeiten sollen. Und wie es sich für eine Umstrukturierung und Modernisierung gehört, werden dafür auch sehr wolkige und wichtig klingende Begriffe verwendet.
So wird es keine klassischen Ressorts mehr geben, wie man sie aus “gewöhnlichen” Redaktionen kennt. Das Ganze nennt sich jetzt Desks. Und so teilt sich die Redaktion in ein Newsdesk, einen Magazindesk, einen Sportdesk und einen Servicedesk, wo unter anderem ein neues gemeinsames Wochenendjournal für die Madsack-Tageszeitungen entstehen soll. Alter Wein in neuen Schläuchen hat man früher dazu gesagt. Mit anderen Worten: Raus kommt das Gleiche.
Zentralisierung der überregionalen Berichterstattung ist ein anderes Zauberwort des modernen Zeitungsmachens. Also wird auch das in Hannover, dem Stammsitz von Madsack, ein größerer Teil des Vorhabens werden.
Anfang Oktober stellte Thomas Düffert (46) , Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung, das Programm “Madsack 2018” vor. Es sieht vor, dass sich die Standorte der Mediengruppe auf ihre “regionale Kompetenz in Vermarktung und Redaktion” konzentrieren sollen, während überregionale Aufgaben zentralisiert werden. Dementsprechend wollen Düffert & Co. laut Kress-Report die überregionale Berichterstattung in einer Zentralredaktion bündeln, die für Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur, Service, Seite 3/Reportage, Panorama und das Wochenendjournal zuständig ist.
Ob das nun “Desks” oder Ressorts sein werden, ist bislang noch nicht bekannt. Der Mann für die Details ist laut Kress-Report Matthias Koch (51), bislang Chefredakteur der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” und jetzt journalistischer Kopf des RND. Das RND wird seine Arbeit laut Koch im kommenden Jahr peu à peu aufnehmen, und zwar beginnend im hinteren Teil der Madsack-Zeitungen mit Serviceseiten und der TV- und Medienseite. Die Zentralredaktion soll dabei sowohl ganze Seiten als auch Module zu überregionalen Themen liefern, die vor Ort um regionalen Stoff ergänzt werden. Ihr ist zudem eine koordinierende Funktion zugedacht: Sie soll etwa bei wichtigen überregionalen Ereignissen geeignete Autoren in den Redaktionen des Hauses ausfindig machen.
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Koch erhofft sich von der neuen Arbeitsteilung zwischen der Zentrale in Hannover und den Redaktionen der Madsack-Tageszeitungen eine bessere Qualität der Berichterstattung: “Jede Zeitung kann sich aufs Regionale fokussieren und ihren Lesern hier mehr bieten als große überregionale Zeitungen wie ‘SZ’ oder ‘FAZ'”, sagt er. “Zugleich bekommt jeder unserer Titel im überregionalen Teil eine Qualität, die er auf sich allein gestellt nicht erreicht.” Befürchtungen, am Ende der Zentralisierung stehe die Einheitszeitung, will Koch entkräften: So solle etwa die Seite eins weiter in Regie der einzelnen Redaktionen vor Ort entstehen, wie gegenüber Kress-Report ausgesagt wurde.
Madsack gibt insgesamt 18 Tageszeitungen in sieben Bundesländern heraus und leistet sich dafür derzeit fünf Mantelredaktionen. Dort sind nach Angaben des Konzernbetriebsrats 150 Redakteure beschäftigt. Wie viele Stellen der Zentralisierung zum Opfer fallen – dazu äußert man sich bei Madsack nur verhalten bis gar nicht. Klar ist aber, dass im Überregionalen weiter Jobs abgebaut werden und dass der Aufbau des RND die Voraussetzungen dafür schafft. So ist etwa davon auszugehen, dass Madsack im Berliner Hauptstadtbüro was abknapst. Derzeit sind dort 15 Personen beschäftigt.
Das RND unterliegt zudem nicht der Tarifbindung. Womit wir wieder bei den Beschäftigten der LVZ wären. Von denen waren während der eingangs erwähnten “aktiven Mittagspause” auch Vertreter der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ver.di und DJV anwesend. In kurzen Statements bekräftigten Sprecher von Betriebsrat, ver.di und DJV die Mitarbeiter in ihrer Forderung nach einem sozialverträglichen Umbau in der Madsack-Gruppe. DJV-Sachsen-Geschäftsführer Michael Hiller verwies auf die wichtige Rolle der Printmedien. Bei deren Erhalt komme es vor allem auf Qualität an. Dazu seien auf Dauer nur Mitarbeiter in sicheren Arbeitsverhältnissen in der Lage. Das wird angesichts der gegenwärtigen allgemeinen Verlagssituation auf dem deutschen Zeitungsmarkt ein frommer Wunsch bleiben.
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