Nicht nur in Sachsen kochen die Gemüter, kämpfen gerade die Hochschulmitarbeiter im Mittelbau darum, endlich belastbare und unbefristete Arbeitsverträge zu bekommen. Sie zahlen für eine Sparpolitik, die nicht nur in Sachsen das Klima an den Hochschulen vergiftet. Und das in einer Zeit, in der die Bundesregierung die Hochschulen regelmäßig in einen Exzellenzwettbewerb schickt, bei dem 90 Prozent der Hochschulen längst nicht mehr mithalten können. Schluss damit, fordert Anna Gorskih.
Am Montag, 13. Januar, veröffentlichten die Hochschulratsvorsitzenden einiger ostdeutscher Universitäten in ihrem „Memorandum der Hochschulratsvorsitzenden der ostdeutschen Universitäten“ wesentliche Kritikpunkte an der Exzellenzstrategie. So wird etwa die zu geringe Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder kritisiert, der zunehmende Sanierungsstau aufgrund des abgeschafften Hochschulbauförderungsgesetzes beklagt sowie auf die fehlende Dynamisierung des Hochschulpakt-Nachfolgeprogramms „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ hingewiesen.
Doch genau da, wo echte Forschungsexzellenz heranwachsen müsste – beim wissenschaftlichen Nachwuchs – wird gespart, werden befristete Verträge ausgereicht, die weder eine Perspektive an der Hochschule bieten noch die geringste Sicherheit für die eigene Zukunftsplanung. Auch deshalb verliert Deutschland in vielen Forschungsbereichen immer mehr den Anschluss.
„Die formulierte Kritik ist wichtig und richtig. Es fehlt jedoch eine grundsätzliche Infragestellung der Exzellenzinitiative“, findet die hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Anna Gorskih.
„Diese ist aus unserer Sicht vor allem deswegen so problematisch, weil sie nicht nur die Hierarchisierung der deutschen Hochschullandschaft vorantreibt, sondern auch schlechte Arbeitsbedingungen an den Hochschulen befördert. Viel Geld fließt in die Spitzenforschung und nur vergleichsweise wenig bleibt für die Breite übrig.
Durch die veränderten Rahmenbedingungen der Exzellenzstrategie, bei der sich der Bund dauerhaft in die Finanzierung einbringt, wird diese Schieflage weiter zementiert. Mit Sorge sehen wir, dass diese Entwicklungen dazu führen, dass sich einige wenige Hochschulen im Kampf um die Spitzenplätze durchsetzen und andere auf der Strecke bleiben.“
Wenn sich nicht gar eine ganze Landesregierung hinter eine Hochschule stellt, haben gerade ostdeutsche Hochschulen keine Chance, je im Exzellenzwettbewerb berücksichtigt zu werden. So eine Unterstützung erfährt in Sachsen zum Beispiel die TU Dresden, während die Uni Leipzig selbst mit ambitionierten Bewerbungen nie über eine ehrenvolle Erwähnung hinauskommt.
„Die Exzellenzstrategie in ihrer jetzigen Form ist ein Katalysator für Ausbeutung, prekäre Beschäftigungen und schlechte Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft“, zählt Anna Gorskih die Folgen für genau jene hochqualifizierten jungen Leute auf, die in diesem elitären Hochschulmodell nie eine Chance bekommen, Karriere zu machen und ihre Fähigkeiten zu entfalten.
Manche versuchen sich dann in zeitlich befristete Forschungsprojekte zu retten, die aus sogenannten Drittmitteln – also oft genug Sponsoring privater Konzerne – finanziert werden. Das beendet ihre prekäre Lebensplanung nicht – oder sie geraten in ein Forschungsgebiet, auf dem von unabhängiger Forschung oft keine Rede mehr sein kann.
„Ihre grundlegende Kritik und Infragestellung bleibt im Memorandum der Hochschulratsvorsitzenden aus. Das Papier zielt letztlich darauf ab, den Hochschulräten noch mehr Kompetenzen zukommen zu lassen und damit demokratische Strukturen an den Hochschulen weiter abzubauen, denn Hochschulräte werden nicht demokratisch durch alle Mitglieder der Hochschule gewählt“, benennt Anna Gorskih einen schwerwiegenden Kritikpunkt.
„Wir brauchen keine unternehmerische Hochschule, die nur auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist. Wir brauchen demokratische Strukturen, in denen alle Mitglieder der Hochschule kollegial zusammenarbeiten. Die Exzellenzstrategie verhindert dies und verhindert damit auch eine Neuausrichtung an den deutschen Hochschulen.
Und deshalb werden auch morgen wieder in ganz Deutschland Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bessere Arbeitsbedingungen an den Hochschulen protestieren, damit wenigstens die Gelder des Zukunftsvertrages in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse investiert werden – denn Frist ist Frust.“
Unterstützung der Staatsregierung für die TU Dresden hat sich gelohnt, jetzt geht es um die Grundsicherung aller Hochschulen in Sachsen
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