Es ist ein kleiner, aber schöner Triumph, den Dr. Susanne Richter, Leiterin des Museums für Druckkunst in Leipzig, jetzt feiern kann: Die „Künstlerischen Drucktechniken des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks, Durchdrucks und deren Mischformen“ sind mit Beschluss der Deutschen UNESCO-Kommission im März 2018 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Und das Leipziger Museum für Druckkunst spielt dabei eine zentrale Rolle.

Die Neuaufnahme basiert auf einer Bewerbung um die Aufnahme der besonders für Deutschland historisch so bedeutenden „Künstlerischen Drucktechniken“, die das Museum für Druckkunst Leipzig und der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) gemeinsam initiiert haben.

Das Museum für Druckkunst in der Nonnenstraße erinnert seit 1994 nicht nur museal an die große Drucktradition der Buchstadt Leipzig, sie macht sie auch für Interessierte direkt erlebbar. Hier bekommt Drucken wieder etwas, was man anfassen kann – auch wenn man hinterher schwarze Fingerspitzen hat. Aber man erlebt direkt mit, wie jahrhundertelang – seit den Zeiten Gutenbergs – gedruckt wurde. Im Museum stehen die hochwertigen Bleisätze aus alten Leipziger Druckereien zur Verfügung. Jeder kann miterleben, wie aus einem Haufen Lettern eine ästhetisch gedruckte Seite entsteht. Etwas, was in modernen Computerdruckverfahren so nicht mehr zu erleben ist.

Und ganz abgeschrieben ist die alte Drucktechnik nicht. Im Gegenteil. Künstler haben die Schönheit und Faszination dieser grafischen Vervielfältigungsmethode nie vergessen. Sie ist jetzt regelrecht zum Schutzgut geworden.

Gedruckte Text- und Bildmedien sind seit mehr als 500 Jahren Teil der europäischen Kultur und Wissensgesellschaft. Seit 1500 waren der Kupfertiefdruck und der Hochdruck und ab 1800 auch der Stein- und Lichtdruck sowie der Durchdruck die wesentlichen Techniken für die Herstellung von Printmedien. Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte unter Beibehaltung der Grundprinzipien der Übergang von der Handwerkstechnik zum industriellen Druck. Der handwerkliche Bereich wurde im künstlerischen Umfeld weitergepflegt. Beispiele hierfür sind die Künstlergruppe „Die Brücke“ und die Collagenkunst des Dada.

Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wird die Nutzung traditionell-manueller Drucktechniken nur noch von Künstler*innen, in künstlerischen Druckwerkstätten (vor allem der BBK-Verbände) und in Museen sowie Schulen, Kunst-, Gestaltungs- und Medienhochschulen und Volkshochschulen weitergeführt, erhalten, gepflegt und vermittelt. An der HGB Leipzig übrigens auch, die ja deshalb Grafik und Buchkunst im Titel fühlt, weil sie ursprünglich als akademische Ausbildungsstätte für all jene Künstler gegründet wurde, die in Leipzig mit der grafischen Gestaltung von Büchern beschäftigt waren. Den Ausbildungszweig gibt es heute noch – genauso wie die hochschuleigene Druckwerkstatt.

Das Expertenkomitee für das Immaterielle Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission würdigte die Initiative zu den „Künstlerischen Drucktechniken“ als „Kulturform, die durch kreative Weiterentwicklungsmaßnahmen mit künstlerischen Mitteln in die Zukunft getragen wird. Die lebendigen Erhaltungsmaßnahmen und die Angebote der Weitergabe an Kinder und Jugendliche überzeugen vollauf. Auch die engagierte Trägerschaft sowie deren internationale Vernetzung wurden im Gremium positiv hervorgehoben.“

Die Sächsische Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange zeigte sich erfreut über die erfolgte Aufnahme: „Ich freue mich über die Aufnahme der Künstlerischen Drucktechniken in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. In einer Zeit, in der sich durch den digitalen Wandel Mediennutzungsgewohnheiten und traditionelle Handwerkstechniken verändern oder ganz verschwinden, kommt der Pflege des immateriellen Kulturerbes eine besondere Bedeutung zu.“

Mit Beschluss der 32. Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) im Oktober 2003 hat sich Deutschland seit 2013 verpflichtet, ein nationales Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zu erstellen. Im Bewerbungsverfahren 2017/2018 wurden die „Künstlerischen Drucktechniken“ als eine von sieben Neuaufnahmen für das Verzeichnis festgelegt.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar