Da helfen auch alle Rettungspakete nicht, wenn man über sieben Jahre die Personalpolitik im sächsischen Schuldienst hat schleifen lassen. Brunhild Kurth (CDU), die sächsische Kultusministerin, war nicht die einzige Bildungsministerin bundesweit, die glaubte, sie könnte mit Seiteneinsteigern das Lehrerproblem lösen, wo ihr schon über 1.000 ausgebildete Lehrkräfte fehlen. Doch der Jubel über die Seiteneinsteiger war verfrüht.
Von den in den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 eingestellten Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern ist fast jeder siebte Seiteneinsteiger im Schuljahr 2017/18 nicht mehr im Schuldienst tätig. Das geht aus der Antwort von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Petra Zais (Grüne) hervor.
Insgesamt wurden in den beiden Schuljahren 1.377 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger eingestellt, von denen 201 den Schuldienst wieder verlassen haben. Trotz eines leichten Rückgangs im Vergleich zum Schuljahr 2015/16 gibt es immer noch eine nicht geringe Zahl von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern, die den sächsischen Schulen wieder den Rücken kehren.
„Diese Zahlen machen deutlich, dass Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nur bedingt die Lücke an grundständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern schließen können“, erklärt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen. „Um in diesem anspruchsvollen Beruf arbeiten zu können, ist eine gute Vorbereitung und Qualifikation der Lehrkräfte unabdingbar. Hier muss es eine stärkere Beratung und Betreuung geben. Nur mit dem entsprechenden Rüstzeug kann auch der Einstieg in den Beruf erfolgreich gelingen.“
Nicht jeder Absolvent eines Hochschulstudiums hat auch die notwendigen pädagogischen Fähigkeiten, die man im Schulalltag zwingend braucht. Zwar werden die Seiteneinsteiger neben dem Einsatz im Unterricht zusätzlich qualifiziert. Aber das ersetzt bei weitem nicht die umfassende pädagogische Ausbildung, die Lehramtsstudenten bekommen.
Im Gegenteil. Gerade in dieser zunehmend zugespitzten Situation stellt sich heraus, was Sachsens Regierung all die Jahre vergessen zu haben scheint: dass der Lehrerberuf tatsächlich besondere Fähigkeiten verlangt und dafür eigentlich die begabtesten Studierenden gewonnen werden sollten. Denn es sind die Lehrerinnen und Lehrer, die die Bildung künftiger Generationen absichern. Oder eben auch nicht, wenn eine beratungsresistente Regierung glaubt, sie könnte auf einige hundert Lehrer einfach aus Spar-Gründen mal verzichten und eine belastbare Personalplanung sei ein fieses Anliegen der Landtagsopposition.
„Während im Schuljahr 2015/16 die Arbeitsverhältnisse meist durch einen Ablauf der Vertragsfrist endeten, gibt es im Schuljahr 2016/17 eine deutliche Verschiebung hin zu mehr Kündigungen. Der Anteil der Kündigungen an allen beendeten Arbeitsverhältnissen nahm von rund 39 Prozent im Schuljahr 2015/16 auf rund 58 Prozent im Schuljahr 2016/17 zu“, stellt Zais fest. „Die Gründe, die zu einer Kündigung beziehungsweise zu einem Auflösungsvertrag führten, werden bisher nicht erfasst. Darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Ob es attraktivere Angebote aus anderen Bundesländern sind, die unzureichende Betreuung oder aber die Erkenntnis, dass die Schule doch nicht der erwünschte Arbeitsort ist, bleibt offen.“
„Das Kultusministerium muss die Gründe genau analysieren“, fordert die Grünen-Abgeordnete. „Denn nur so können im Interesse der schulischen Qualität die notwendigen Schlussfolgerungen für die weitere Gestaltung des Prozesses des Seiteneinstiegs gezogen werden. Wenn wir, wie immer deutlicher wird, auf Jahre hinaus auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger angewiesen sind, brauchen wir ein umfassendes Monitoring und eine wissenschaftliche Begleitung des Seiteneinstiegs. Einfach vor sich hin wurschteln, kann nicht das Gebot der Stunde sein.“
Die Zahlen, die Petra Zais aus der Antwort der Ministerin gefiltert hat:
Während die Zahlen der ausgeschiedenen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in vier der fünf Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagentur vom Schuljahr 2015/16 zum Schuljahr 2016/17 zurückgingen, ist sie in der Regionalstelle Bautzen deutlich von neun auf 26 Ausgeschiedene gestiegen.
In den anderen Regionalstellen sehen die Zahlen der ausgeschiedenen SeiteneinsteigerInnen wie folgt aus:
– Regionalstelle Chemnitz (SJ 2015/16: 26 und SJ 2016/17: 17)
– Regionalstelle Dresden (SJ 2015/16: 34 und SJ 2016/17: 23)
– Regionalstelle Leipzig (SJ 2015/16: 23 und SJ 2016/17: 9)
– Regionalstelle Zwickau (SJ 2015/16: 21 und SJ 2016/17: 13).
Die Gesamtzahl von 1.377 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 teilt sich auf die Regionalstellen wie folgt auf: Regionalstelle Bautzen: 172, Regionalstelle Chemnitz: 416, Regionalstelle Dresden: 350, Regionalstelle Leipzig: 290 und Regionalstelle Zwickau: 149.
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