Arbeitslose Akademiker freut das, was derzeit im sächsischen Bildungssystem passiert. Wenn sie in ihrem Beruf keine Anstellung finden, können sie sich allemal als Lehrer bewerben. Und wenn sie dann noch die richtige Fachrichtung haben, ist ihre Chance, im Schuldienst unterzukommen, hoch. Aber das hat mit einer verantwortungsvollen Planung im Schulsystem nichts zu tun. Und es stopft auch nicht alle Löcher.

Denn genau das bedeutet es, wenn das Kultusministerium am Dienstag. 7. Februar, meldete: Zum zweiten Schulhalbjahr 2016/2017 sind rund 765 Lehrerstellen neu besetzt worden. Weitere Lehrer sollen in den nächsten Wochen eingestellt werden.

35 Stellen freilich haben noch keine geeigneten Bewerber gefunden und könnten noch besetzt werden, so Kultusministerin Brunhild Kurth. Für die freien Lehrerstellen lagen 2.259 Bewerbungen vor. Klingt viel, aber von den Bewerbern verfügten lediglich 838, ganze 37 Prozent, über eine grundständige Ausbildung als Lehrer.

So recht mag man es der Ministerin nicht abnehmen, wenn sie nun sagt: „Es wird immer schwerer, offene Lehrerstellen zu besetzen. Ohne Seiteneinsteiger würde das nicht gelingen.”

Denn die berechtigten Forderungen der Opposition, mehr Lehrer einzustellen in Sachsen und damit den Bedarf zu sichern, begleiten die knauserige Landespolitik nun seit über sechs Jahren. Man hätte rechtzeitig vorsorgen können. Hat man aber nicht. Ein Kultusminister ist darüber verzweifelt. Seine Nachfolgerin brilliert seitdem mit allerlei Notfallpaketen, konnte aber nicht verhindern, dass die Lage sich immer weiter verschärfte, denn mittlerweile suchen auch alle anderen Bundesländer händeringend nach Lehrkräften. Und sie bieten den Neulingen deutlich mehr als Sachsen. Da wandern auch sächsische Lehramtsanwärter scharenweise ab.

So wurden diesmal rund ein Drittel der Stellen mit Seiteneinsteigern besetzt. Die meisten davon in Grundschulen und Oberschulen.

Mit ihren unterschiedlichen fachlichen Qualifikationen würden Seiteneinsteiger die Schulen bereichern und neue Impulse geben, redet sich Kurth die Lage schön. Obwohl sie ganz genau weiß, dass die Seiteneinsteiger alle noch den pädagogischen Part nachholen müssen. Der pädagogische und didaktische Nachholbedarf sei aber auch sehr hoch, meint die Ministerin.

„Der Seiteneinstieg ist und bleibt anspruchsvoll. Der Erfolg dieses Weges hängt auch maßgeblich von der Bereitschaft der Lehrerkollegien ab, die neuen Kollegen dabei zu unterstützen. Für diese Unterstützung bin ich den erfahrenen Kollegen unendlich dankbar“, sagte die Ministerin noch. Ob das den Unmut dämpft, der mittlerweile die Lehrerkollegien im Griff hat, darf bezweifelt werden. Sie beteiligen sich ebenfalls an den Streiks für eine bessere Bezahlung im öffentlichen Dienst.

Die Seiteneinsteiger werden auf den Unterricht vorbereitet, bevor sie vor die Klasse treten, versichert die Ministerin. 114 seien bereits seit Jahresbeginn in einer dreimonatigen Einstiegsfortbildung. Am 1. März würden dann weitere Seiteneinsteiger mit den Qualifizierungsmaßnahmen beginnen.

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