Am 4. September hat schon die Mittelbauinitiative der Uni Leipzig eine Entmachtung der Hochschulräte in Sachsen gefordert. Die Studierenden hielten sich da mit der Forderung noch zurück, warteten lieber die Senatssitzung am 13. Oktober ab. Es hätte ja sein können, der Hochschulrat der Uni Leipzig lenkt noch ein und stellt neben den beiden externen Bewerbern auch Rektorin Beate Schücking noch zur Wahl. Doch der Hochschulrat stellte sich quer.

Die Senatssitzung wurde zur nervenzehrenden fünfstündigen Diskussion. Am Ende vertagte man sich auf den 27. Oktober, ohne eine Entscheidung getroffen zu haben, denn Hochschulrat und erweiterter Senat müssen einmütig zu einer Entscheidung finden.

Noch während der Sitzung wurde auch über die Rolle des Hochschulrates diskutiert. Am Donnerstag, 15. Oktober, veröffentlichte nun auch der Student_innenRat der Universität Leipzig seine Forderung nach einem Rücktritt des Hochschulrats.

„Der gesamte Hochschulrat der Universität Leipzig ist, einstimmig durch Beschluss des Plenums des StuRa, aufgefordert seinen Rücktritt zu erklären, um Schaden von der Universität abzuwenden. Das Vorgehen des Gremiums ist dilettantisch und entspricht nicht den Anforderungen an ein ordentliches Verfahren zur Wahl des Amts der_des Rektor_in. Mit diesem Hochschulrat ist das Wohl der Universität ernsthaft in Gefahr. Die letztendliche Entscheidung, wer der Universität vorstehen soll, muss eine Entscheidung des Erweiterten Senats sein. Dafür ist es unabdingbar, dass dem Gremium alle verbliebenen Kandidat_innen zur Wahl vorgelegt werden“, erklärt dazu Henrik Hofmann, Vertreter des Student_innenRats im Senat der Universität Leipzig.

Und Alexander Bigerl, Referent für Hochschulpolitik des Student_innenRats der Universität Leipzig: “Der Hochschulrat muss in seinen Kompetenzen zugunsten anderer Gremien beschnitten werden. Soll er als Gremium der Universität weiterbestehen, muss er tatsächlich der Selbstverwaltung unterliegen, wonach keinesfalls eine Mehrheit der externen Mitglieder des Hochschulrats durch das Wissenschaftsministerium besetzt werden darf. Wir erwarten eine Zusage des Wissenschaftsministeriums, dass diese Forderungen bei zukünftigen Änderungen des Hochschulgesetzes umgesetzt werden.“

Aber dieses mögliche neue Hochschulgesetz, das jenes in der Regierungszeit von Schwarz-Gelb in Sachsen beschlossene ablösen könnte, ist erst irgendwann in den nächsten Jahren zu erwarten, erklärte postwendend die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange. Die Vorwürfe und Rücktrittsforderungen des Studentenrats der Universität Leipzig gegenüber dem Hochschulrat bewertete sie gleich mal als unhaltbar.

“Dem Hochschulrat gehören Persönlichkeiten der Gesellschaft und der Universität an, die auf der Grundlage des gültigen Hochschulgesetzes die Rektorwahl durch den Erweiterten Senat der Universität vorbereiten”, erklärte sie am Donnerstag, 15. Oktober. “Es ist kein rechtlicher Verstoß beim bisherigen Verfahren erkennbar. Die externe Kompetenz der Mitglieder des Hochschulrates, die zum überwiegenden Teil von der Universität selbst vorgeschlagen wurden, wird an den Hochschulen sehr geschätzt. Inwiefern es bei einer späteren Novellierung des Hochschulgesetzes zu einer Änderung der Gremien und ihrer Kompetenzen kommen soll, wird erst in den nächsten Jahren zu entscheiden sein. Ich wünsche mir einen konstruktiven Fortgang des Wahlverfahrens an der Universität Leipzig, denn es stehen unter anderem mit der Weichenstellung für die Hochschulentwicklungsplanung 2025 wichtige Entscheidungen für die Zukunft noch in diesem Jahr an.“

Und während die Ministerin hier geradezu von oben herab das konstruktive Machtgefüge verteidigt, das den Erweiterten Senat der Hochschule in seiner wichtigsten Kompetenz beschneidet, gab’s gleich noch am Freitag postwendend einen geharnischten Brief des StuRa an die Ministerin, die nicht mal merkt, wie sehr das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz in die Selbstentscheidungskompetenz der Universität eingegriffen hat.

“Der Hochschulrat wählt Kandidierende für eine Rektor_innenwahl aus. Den rechtlichen Rahmen dazu liefert damals wie heute das SächsHSFG (wobei es damals noch an dem ‘F’ für Freiheit im Gesetzestitel fehlte.)”, heißt es im Offenen Brief. “Viele Mitglieder der Hochschulen können sicherlich ein Lied davon singen, wie handwerklich misslungen dieses Gesetz an vielen Stellen ist. Inhaltlich ist es nicht nur wegen der Einsetzung eines Hochschulrates schon seit dem Novellierungsprozesses in der Kritik. Besonders handwerklich ungeschickt ist es jedoch, bei der Organisation des Wahlverfahrens zu versäumen, eine Regelung für die erneute Kandidatur einer amtierenden Rektorin oder eines Rektors festzulegen. Das Gesetz schweigt sich zu dieser Problematik aus und der Hochschulrat bewegt sich mit der Aufstellung dieser Vorschlagsliste damit wohl auch im rechtlichen Rahmen, was auch nicht der Hauptkritikpunkt unsererseits ist. Aber dieses Vorgehen hat zur Folge, dass das eigentliche Wahlgremium keine Entscheidungsgewalt mehr über eine zweite Amtszeit der Amtsinhaberin hat.”

Das Fazit, das der StuRa zieht: “Die Nichtlistung der amtierenden Rektorin auf den verbleibenden der drei möglichen Listenplätze ist schlicht und ergreifend eine kalte Absetzung. (…)  Damit hat sich der Hochschulrat komplett der Lächerlichkeit preisgegeben. Und es bleibt eigentlich nur noch der Rücktritt. Und von Ihnen bleibt zu hoffen, dass eine Novellierung des Hochschulgesetzes und eine Neuordnung der Gremienstruktur nicht allzu lange auf sich warten lässt.”

Der Offene Brief des StuRa der Uni Leipzig.

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Da können die Wissenschaftsministerin noch solange herumreden und der einschlägig bekannte Professor die Buchstaben im Hochschulunfreiheitsgesetz durchzählen: Die Mitglieder des Hochschulrats besitzen keine demokratische Legitimation.

Der Hochschulrat wird von der Staatsregierung hinter den Kulissen ganz ordinär mit angeblichen “Persönlichkeiten” und “Experten” besetzt und kann dann in demokratisch legitimierte Institutionen al gusto herumpfuschen bis hin zur massiven Einflussnahme auf Wahlen zur Besetzung von Leitungspersonen.

Rektor von Sachsens Gnaden?

Wird als nächstes der Bundeskanzler von den Ministerpräsidenten der Länder gekürt?

Investiturstreit reloaded?
Würde mich nicht wundern, wenn die Pfe*fen in Dresden sich noch im 11. Jahrhundert wähnten.

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