Vor Weihnachten kochte das Thema Freie Schulen im Landtag noch einmal hoch. Ein Thema, bei dem sich ja die alte Regierung nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte. Erst vor Gericht musste geklärt werden, dass das Land Sachsen nicht berechtigt ist, Schulen in privater Trägerschaft gegenüber staatlichen Schulen zu benachteiligen. Auch finanziell nicht. Doch noch am 17. Dezember sorgte ein Bericht der "Sächsischen Zeitung" für Wirbel: Das Regierungskabinett hatte den Beschluss zum neuen Gesetzentwurf vertagt.
In diesem Fall tatsächlich nur vertagt und nicht verjährt. Eine Woche später kam er dann doch noch auf den Tisch des Regierungskabinetts. Aber der Vorgang zeigte schon, dass im Regierungskabinett augenscheinlich zäh gerungen wird. Denn ganz vom Tisch ist ja der ursprüngliche Anlass, das Privatschulgesetz unter Schwarz/Gelb zu ändern nicht vom Tisch: Die damalige Regierung versuchte damit quasi durch die Hintertür die Gründung neuer Privatschulen vor allem im ländlichen Raum zu verhindern bzw. zu erschweren. Denn in vielen Gemeinden, in denen die staatlichen Schulen aufgrund geringer Klassenstärken geschlossen oder zur Schließung bestimmt wurden, griffen vor allem Elternvereine zum Mittel der Selbsthilfe und gründeten selbst Schulen in Wohnortnähe.
Das Gesetz aber torpedierte auch schon existierende Schulprojekte in freier Trägerschaft.
Aufs höchste besorgt zeigte sich denn am 17. Dezember auch Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag. “Der ehrgeizige Zeitplan von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) ist geplatzt”, befürchtete sie. “Freie Schulen erfahren in Sachsen nicht die ihnen gebührende und verfassungsrechtlich verankerte Gleichberechtigung mit staatlichen Schulen. Seit Jahren müssen sie mit deutlich geringeren Zuschüssen wirtschaften. Die finanziellen Spielräume werden immer kleiner. Ihrer neuen ‘Wertschätzung’ gegenüber den Schulen in freier Trägerschaft verlieh die Kultusministerin bisher vor allem durch warme Worte Ausdruck. Damit kann man vielleicht ein gestörtes Verhältnis aufmöbeln, aber keine Lehrerinnen und Lehrer bezahlen. Es geht hier längst nicht nur um Finanzierungs- als vielmehr um Gerechtigkeitslücken.”
Sicher zeigte sie sich, dass ohne das auf Grünen-Initiative zurückzuführende Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs im Jahr 2013 sich die Staatsregierung nicht mal gerührt hätte in Sachen Privatschulgesetz, sondern einfach weitergemacht. Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hatte im November 2013 den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 13. Dezember 2015 die verfassungswidrigen Reglungen zu Schulen in freier Trägerschaft zu korrigieren.
“Ich erwarte, dass die offenen Fragen hinsichtlich der Gesetzesnovelle schnellstmöglich geklärt werden, insbesondere die Frage, was ein Schüler in Sachsen pro Tag überhaupt kostet”, sagte Zais. “Das ist grundlegend, wenn man, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, am sogenannten ‘Sollkostenmodell’ festhalten und den freien Schulen weiterhin ‘Schülerkostensätze’ auszahlen will. Die Arbeitsgemeinschaft Freie Schulen Sachsen hat dazu sogar ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Das Misstrauen sitzt tief. Auch mich macht es skeptisch, wenn der Finanzminister intern bereits eine Regelung abgenickt hat, zu der es offenkundig noch inhaltliche Fragen gibt.”
Eine Woche später gab es dann ein gewisses Aufatmen. Am 23. Dezember wurde der Gesetzentwurf der Kultusministerin dann doch noch in der Kabinettssitzung der Staatsregierung vorgestellt und damit zur Anhörung freigegeben.
“Ich begrüße die nun vorgelegte Gesetzesnovelle der Staatsregierung für die Schulen in freier Trägerschaft. Damit kommt der Freistaat den Vorgaben des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes nach, schöpft aber gleichzeitig den ihm gesteckten Gestaltungsspielraum zum Wohle der freien Schulen aus. Denn freie Schulen müssen auch in Zukunft ein wertvoller Bestandteil unseres Bildungssystems bleiben”, erklärte dazu Lothar Bienst, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. “Ich danke Staatsministerin Kurth für ihren engagierten Dialog mit den Spitzenvertretern der freien Schulträger, die sich intensiv in den Gesetzesentwurf eingebracht haben. Im Anhörungsverfahren ist es nun wichtig, dass auch seitens der Interessenvertreter noch konstruktive Stellungnahmen abgegeben werden, die wir im Gesetzgebungsverfahren im Sächsischen Landtag aufgreifen können.”
Und er bekräftigte die Absicht der Regierungskoalition, das Gesetz bis zum nächsten Schuljahresbeginn auch im Landtag zum Beschluss zu bringen: “Unser Ziel ist es, das neue Gesetz im Landtag so zu verabschieden, dass es zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 inkraft treten kann. Für diesen engen Zeitplan war es wichtig, dass Gesetz noch vor Weihnachten zur Anhörung freizugeben.“
So ganz traut Petra Zais der Sache noch nicht. Grüne und Linke sitzen ja nicht mit am Kabinettstisch, wissen also auch noch nicht wirklich, was da an Änderungen im Gesetz zu erwarten ist.
Petra Zais: “In den Anhörung zum Gesetzentwurf wird schnell deutlich werden, ob Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) den freien Schulen ein wirkliches Geschenk unter den Weihnachtsbaum gelegt hat oder nur wenig Inhalt hübsch verpackt ist. Wir Grüne werden den Entwurf kritisch prüfen und uns weiter für die verfassungsgemäßen Rechte der Schulen in freier Trägerschaft einsetzen. – So steht die Frage im Raum, ob das durch uns erstrittene Urteil vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof auch wirklich umgesetzt wird und Transparenz bei den Berechnungen hergestellt wurde. Es muss zwingend erkennbar werden, wie die Kosten für einen Schüler an öffentlichen Schulen ermittelt wurden. Nur so wird deutlich, wie sich die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft ableitet. Wurde das Gutachten, das die freien Träger in Auftrag gegeben haben, überhaupt berücksichtigt? Denn offenkundig gab es unterschiedliche Auffassungen über die Berechnungsgrundlage.”
Ihre Furcht also: Dass das neue Gesetz die Privatschulen eben doch wieder über knappe Finanzierungssätze versucht, an die Kandare zu nehmen und damit als potenzielle Konkurrenz für die staatlichen Schulen auszuschalten. Petra Zais: “Bisher galt der Leitgedanke in Sachsen: Die Finanzierung ist auskömmlich, solange Schulen in freier Trägerschaft nicht in Größenordnungen schließen müssen. Das muss ein Ende haben. Ich bin gespannt, wie Kultusministerin Brunhild Kurth im neuen Gesetz den Begriff ‘Auskömmlichkeit’ definiert. Dass freie Schulen so viele Mittel bekommen sollen, dass kein Schulgeld mehr erhoben werden muss, halte ich dabei für selbstverständlich und dem Urteil entsprechend.”
Und auch Cornelia Falken, Sprecherin für Bildungspolitik der Fraktion Die Linke, will dem Frieden noch nicht so recht trauen: “Obwohl sich die Fraktion Die Linke als natürliche Partnerin des staatlichen Schulsystems versteht, haben wir gemeinsam mit SPD und Grünen per Normenkontrollklage gegen die Benachteiligung von Schulen in freier Trägerschaft gekämpft und in allen Punkten Recht bekommen. Der Gesetzgeber ist nun gefordert, Korrekturen vorzunehmen und den Schulen in freier Trägerschaft, die oft Lücken im staatlichen Schulnetz füllen, eine solide Finanzierung zu gewähren. – Ich bezweifle, dass das Gesetz hierbei den Ansprüchen genügt, die das Verfassungsgericht vorgegeben hat. Wir werden den Entwurf sehr gründlich prüfen. Dies gilt auch für die beiden Schwerpunkte, die wir als Fraktion bei der Normenkontrollklage gesetzt hatten: zum einen zu erreichen, dass die freien Schulen kein Schulgeld mehr erheben müssen, und zum anderen sicherzustellen, dass die dort beschäftigten Lehrkräfte angemessen entlohnt werden.”
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