Ab dem Schuljahr 2016/2017, so vermeldete die "Sächsische Zeitung" am 2. Januar, will Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth 150 sogenannte Inklusionsassistenen an Sachsens Regelschulen zum Einsatz bringen. Dafür will sie bis 2020 / 2021 immerhin 44 Millionen Euro aus dem EU-Sozialfonds zum Einsatz bringen. Das reicht im Leben nicht, kommentiert das Cornelia Falken, Sprecherin für Bildungspolitik der Fraktion Die Linke.

“Wir begrüßen alle Aktivitäten, mit denen die Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung an den sächsischen Schulen verbessert wird. Lernende und Lehrende brauchen mehr Unterstützung bei der Bewältigung dieser Aufgabe”, stellt die Landtagsabgeordnete der Linken fest. “Allerdings folgt aus Integration nicht automatisch Inklusion: Dafür sind flächendeckende und langfristige Programme mit verlässlicher Finanzierung notwendig. Diesem Anspruch genügen die Pläne nicht.”

Das Programm, das Brunhild Kurth da ankündigt, ist wieder mal nur eins ihrer Pflaster-Programme, die die Symptome im sächsischen Bildungswesen stellenweise abmildern, aber nirgendwo eine nachhaltige Stabilisierung ergeben. Um welche Größenordnung es geht, hatte das Kultusministerium auch angegeben: Mit Beginn des Schuljahres stieg die Zahl der behinderten Schüler an sächsischen Regelschulen um 706 auf 7.517. Insgesamt gibt es in Sachsen 1.413 Regelschulen – 824 Grundschulen, 336 Oberschulen und 153 Gymnasien.

“Statistisch gesehen wird nur etwa jede zehnte öffentliche Schule von den 150 Inklusionshelferinnen und -helfern profitieren”, kommentiert das Cornelia Falken. “Das wird angesichts der steigenden Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung, die an Regelschulen lernen, bei weitem nicht ausreichen. Außerdem ist die Finanzierung des Programms nur bis zum Schuljahr 2020/2021 und damit nur für fünf Jahre gesichert.”

Und gleichzeitig hatte Brunhild Kurth angekündigt, das Angebot an Förderschulen aufrecht erhalten zu wollen. Gerade das frühe Aussortieren von Schülern mit Lernschwierigkeiten an die Förderschulen sorgt in Sachsen dafür, dass am Ende der Schulzeit die sogenannte “Schulabbrecherquote” mit 10 Prozent dauerhaft hoch ist. Für Kurth ist es trotzdem so eine Art therapeutisches Angebot: “Es gibt Integration und es gibt weiter Förderschulen für diejenigen Kinder, die das brauchen. Sachsen wählt einen behutsamen Weg der Inklusion“, sagte Kurth der “Sächsischen Zeitung”. „Das Kind steht im Mittelpunkt. Eine Strukturdebatte soll diesen Grundsatz nicht beeinträchtigen.”

Womit sie denn auch den Hauptpunkt der aktuellen sächsischen Schulpolitik benannt hat: Die Furcht vor einer echten Strukturdebatte. Anders aber sind die Fehlstellen des aktuellen Systems, das primär auf frühe Trennung und damit deutliche Spreizung der Bildungschancen setzt, nicht zu lösen.

“Das Prinzip ‘Mehr Schein als Sein’ gilt leider auch bei den Integrationshelfern an den Schulen. Mit deren Finanzierung darf der Freistaat die Schulträger nicht allein lassen. Es ist sinnvoll, dass die Kommunen und Landkreise diese Aufgabe erfüllen, da sie als Schulträger am besten einschätzen können, wo der größte Handlungsbedarf besteht. Das Geld allerdings muss vom Freistaat kommen”, meint Cornelia Falken. “Solange die Staatsregierung das Thema Inklusion mit befristet verfügbaren EU-Fördermitteln lösen will und die finanzielle Verantwortung ansonsten auf die Schulträger abwälzt, bleiben die Anstrengungen Stückwerk. Inklusion wird nur möglich, wenn der Freistaat eigenes Geld langfristig einsetzt. Die Kultusministerin muss deshalb nachlegen und auch eigene Anstrengungen unternehmen, um Inklusion an sächsischen Schulen zu fördern.”

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