Leipzig. Altes Rathaus. Inspiriert sehen sie nicht eben aus. Die Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Erwartung einer Diskussion an diesem 4. Juli um gelebte Werte in der heutigen Zeit. Nach dem Besuch der Ausstellung "Umsonst ist der Tod - Alltag und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation", welche das Stadtgeschichtliche Museum noch bis zum 31. August 2014 zeigt, sitzen neun von ihnen um 10 Uhr im Podium einer Diskussion zum Thema "Welche Werte leben wir heute?".
Der Direktor des Museums, Dr. Volker Rodekamp, stellt die Gäste vor: Holger Mann, SPD-Landtagsabgeordneter, Heike Fischer-Jung, ehemalige Weltklassewasserspringerin und Stadtjugendpfarrer Torsten Heinrich. Das Publikum im Festsaal – über 100 Gymnasiasten – bekommt drei gestandene Lebensentwürfe präsentiert. Politiker, Sportlerin, Geistlicher mit sozialem Engagement. Von Idealen, Vorbildern und Zielen ist die Rede.
Unbeeindruckt vom unfreiwilligen Pathos erfolgreicher Biografien ergreifen die 16-Jährigen Mikrofon und Wort. Stellen sich vor, sprechen von Suche, dem Noch-nicht-fertig-sein, über den Sinn des heutigen Lebens. Von Chancen und Möglichkeiten, von denen in anderen Teilen der Welt nur geträumt werden kann. Von Toleranz, die sich vom bloßen Dulden unterscheiden muss und aktives gesellschaftliches Engagement erfordert.
Dies bringt den Direktor zum Staunen, dessen Rolle sich vom Moderator zum aufmerksamen Zuhörer wandelt und einen Schulleiter zum Lächeln über seine rhetorisch begabten und differenziert urteilenden Schützlinge. Es dauert nicht lange und es melden sich weitere Jugendliche aus dem Publikum. Es kommen Fragen zum Bildungssystem und zu zeitgemäßer Schule. Zu Allgemeinbildung versus Wissensgesellschaft, Lehrplan kontra Persönlichkeitsbildung. “Brauchen wir den Pythagoras denn heute noch?”
Eine erstaunliche Reife trifft auf kritische Betrachtung, wenn diese Schüler diskutieren. Das Fazit der Gäste fällt nach zweistündiger Diskussion junger Menschen entsprechend knapp aus: Holger Mann schlägt den leisen Ton politischer Kritik an, für Fischer-Jung sind es die konsequent verfolgten Ziele im Leben. Stadtjugendpfarrer Heinrich rückt die Funktion von Schule als Ort der Neugier und des Entdeckens in den Vordergrund. Zustimmung allerseits und die abschließend jugendliche Versicherung, Schule und humanistische Wertevermittlung zu stärken.
Fazit des staunenden Direktors Rodekamp: “Ich bin absolut beeindruckt.” Und Schulleiter Franz Walther vom Friedrich-Schiller-Gymnasium schaut noch einmal auf. Ganz stolz.
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