Richtig Wellen machen die Kürzungen an den sächsischen Hochschulen erst, seit bekannt wurde, dass die Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig geschlossen wird. Dass die Stellen abgebaut werden müssen, ist jedoch schon seit dem Jahr 2010 bekannt, als die Landesregierung den Beschluss fasste. Thomas Lenk, Prorektor für Entwicklung und Transfer, spricht im Interview mit L-IZ.de darüber, wie er versucht zu retten, was zu retten ist.
Bei der Solidaritätsshow im Schauspielhaus sagten Sie, dass Sie sich nicht um den Posten als Prorektor gerissen haben. Warum nicht?
Weil ich von Anfang an wusste, welche Schwierigkeiten auf uns zukommen. Als Professor für öffentliche Finanzen habe ich einen Überblick über die Haushaltslagen der Bundesländer, so auch Sachsens, und kenne deshalb die haushaltspolitischen Schwerpunkte der Landesregierung. Ich habe sehr lange überlegt, ob ich das Amt antrete, hoffe jedoch von der Uni Leipzig so viel Schaden wie möglich abwenden zu können.
Sie behaupten der Uni fehlten pro Jahr rund 56 Millionen Euro. Woher nehmen Sie den Betrag?
Im Bundesschnitt belaufen sich die Ausgaben pro Studierendem auf 8.510 Euro pro Jahr. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. In Sachsen bekommen wir jedoch nur 6.540 Euro. Ergo haben wir einen Fehlbetrag von 2.000 Euro, multipliziert mit unseren 28.000 Uni-Studenten ergibt dies 56 Millionen.
In einer Landtagsdebatte hieß es kürzlich, dass in diesen Zahlen die Investitionen nicht berücksichtigt wären.
Damit sind vermutlich Mittel aus dem Solidarpakt gemeint. Doch damit kann ich keine Stellen schaffen. Es handelt sich kurz gesagt um Betongeld. Das mag die Zahlen besser aussehen lassen, doch der Stellenmangel bleibt.
Wie viel Schachzug steckt in der Schließung der Theaterwissenschaften? Immerhin erreicht sie eine Welle an öffentlichem Aufsehen.
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Keiner. Der Schachzug wird uns oft unterstellt, auch als wir vor zwei Jahren die Pharmazie zur Schließung vorschlugen. Das sind immer nur Vorschläge, ich bitte darauf zu achten.
Da gibt es keine Schachzüge. Das Problem besteht darin, dass die Uni Leipzig in den jüngsten zwanzig Jahren bereits um zwanzig Prozent gekürzt wurde. Im Jahr 1993 verfügte sie über eine Struktur, die man damals politisch für gut befand. Trotzdem begann man sofort mit dem Stellenabbau. Bisher ging alles relativ geräuschlos über die Bühne, weil man in der Fläche Stellen gekürzt hat. Ich halte es nicht mehr für sinnvoll, das System weiter auszuquetschen, weil dies an der Konkurrenzfähigkeit der Universität nagt. Wir haben nur noch gute und sehr gute Institute. Wer einzelne Stellen rausnimmt, macht zu viel in der Breite kaputt. Und deswegen werden strukturelle Schnitte nötig, wenn man Stellen abgeben muss.
Sachsens Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer äußerte in der vergangenen Woche, dass die Universität Leipzig sich nicht beklagen müsse, denn sie habe netto mehr Stellen bekommen. Wie passt das zu den Kürzungen?
Die Ministerin scheint das Bildungspaket zu meinen, in dessen Rahmen wir zusätzliche Stellen für die Lehrerausbildung bekommen haben. Man darf hier aber nicht vergessen, dass dies bis zum Jahr 2016 befristet ist und die Stellen nur jenen Fächern zugute kommen, in denen Lehrer ausgebildet werden.
Es ist Fakt, dass die Universität Leipzig im Jahr 1993 über rund 2.500 Stellen verfügte und derzeit nur noch über rund 2.000 Stellen. Das sind die zwanzig Prozent Kürzungen, die ich eben meinte. Zusätzlich sollen wir noch einmal 200 davon abbauen, so dass wir bei 1.800 landen. Und das bei gestiegenen Studentenzahlen.
Ich gehe zwar davon aus, dass auch die kommende Landesregierung in Sachsen wieder ein solches Lehrer-Bildungspaket schnürt und die Zusatzstellen noch bis zum Jahr 2020 erhalten bleiben. Und dann fällt wohl auch das Geld weg. Auch ein Überlastpaket gibt es aktuell. Aber solche Pakete können keine strukturellen Einschnitte verhindern.
Teil 2 des Interviews morgen an dieser Stelle.
Präsentation von Prorektor Lenk zur Entwicklungsplanung der sächsischen Hochschulen:
www.uni-leipzig.de/pdf/pm_2014-022-Paradigmenwechsel.pdf
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