Es ist eine Farce, was das sächsische Kultusministerium mit der nötigen Bereitstellung von Lehrkräften macht. Am 5. November verkündete es gar, das Einstellungsverfahren für Lehrkräfte fürs 2. Schulhalbjahr 2013/2014 habe begonnen. Auch in allen Vorjahren wurden Lehrer eingestellt. Zu wenig meist. Aber das pure Einstellungsprozedere als besonderen Verwaltungsakt zu feiern, das ist neu.
Eigentlich war Kultusministerin Brunhild Kurth vollmundig in den Sommer gestartet, ihr großes Sonderpaket sollte in einer mutigen Hauruckaktion den Schulbetrieb im Schuljahr 2013/2014 sichern. Da sollten auch mal ganz schnell ein paar fachfremde Kräfte zum Einsatz kommen, obwohl die jungen Lehrer, die sich beworben hatten, reihenweise allergnädigste Ablehnungen bekamen.
Wie seltsam das ist, was das sächsische Kultusministerium jetzt als Ersatzbespielung ermöglicht hat, das hat Annekathrin Giegengack, stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, jetzt abgefragt.
“Angesichts der Einstellungspraxis werden die Anforderungen an die Qualifikation der sächsischen Lehrkräfte ad absurdum geführt”, stellt sie fest, nachdem sie die Antworten des Kultusministeriums auf ihre Kleinen Anfragen zu Neueinstellungen und Abordnungen von Lehrerinnen und Lehrern im Schuljahr 2013/14 gelesen hat. “Das zum Schuljahresbeginn gestartete Einstellungsprogramm treibt seltsame Blüten. So stehen seit September auch Ingenieurökonomen, Theologen und bildende Künstler vor sächsischen Klassen. Kann man bei diesen Abschlüssen noch einen Bezug zu bestimmten Unterrichtsfächern herstellen, gelingt einem dies bei der Fitnesskauffrau, die in eine Dresdner Grundschule eingesetzt wird, und einem Krankenpfleger an einem Chemnitzer Gymnasiasten nicht mehr. Diplomübersetzer (FH) an Förderschulen, Germanisten (MA) an Grundschulen und Sportwissenschaftler (BA) an Oberschulen – das ist ein Offenbarungseid von Kultus.”
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Auf diese Weise kann von einer verantwortungsvollen Ministrierung des sächsischen Bildungssystems keine Rede mehr sein. Man spürt nur noch den verordneten Sparzwang aus dem Finanzministeriums, der in einer sachgerechten Anforderung aus den Fachministerien keinen Widerstand mehr findet.
“Auch bei Abordnungen von Lehrkräften kommt es zu nicht minder grotesken Kombinationen von Qualifikation und Einsatzfeld. Was qualifiziert einen Berufsschullehrer für Drucktechnik und Wirtschaftskunde für den Unterricht an einer Schule für geistig Behinderte?”, fragt Giegengack. “Ist es wirklich gewollt, dass eine Person ohne jedwede Ausbildung in einer Grundschule Anfangsunterricht oder Deutsch als Zweitsprache für Kinder mit Migrationshintergrund erteilt? Und warum wird ein Mittelschullehrer für Mathe und Physik – trotz massivem Mangel – schulartfremd eingesetzt und unterrichtet an einer Grundschule so ziemlich alles außer Mathematik?”
Der Rest ist, wie Giegengack feststellen darf, Schweigen. “Kultus bleibt einige Antworten schuldig, unter anderem auch wie das Ministerium langfristig mit den ‘Neu-Lehrern’ umgehen will. Ein Qualifizierungsprogramm wurde zwar angekündigt, ist aber nicht in Sicht”, sagt sie. Dazu hatte sie extra eine eigene Anfrage formuliert. “Was ist mit den Bewerbern, die angestellt wurden, obwohl gar keine Zeugnisse vorlagen? Und über welche Qualifikation verfügen die in der Anfrage aufgeführten knapp 20 Bewerber, die unter der lapidaren Angabe ‘Diplom/ Magister’ geführt werden? Diesen und weiteren Fragen werden wir weiter nachgehen.”
Die Kleinen Anfragen Drs. 5/12874 und Drs. 5/12895:
“Einstellungen von Bewerbern ohne abgeschlossene Lehrerausbildung zum Schuljahr 2013/14” (5/12874)
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/Positionspapiere/KlAnfrage_5-12874_AKG.pdf
“Fort- und Weiterbildungsangebote für abgeordnete Lehrkräfte” (5/12895)
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=12895&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1
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