Noch einmal ein bunter Herbsttag in Gohlis. Gewichtiges Publikum strömt in die frisch sanierte Schule in der Breitenfelder Straße 19. Noch wird an den Schulhoflampen gebastelt, nebenan sieht es auch nach Baustelle aus: Da wird an einer neuen Sporthalle für die 68. Schule gebaut. Die heißt noch immer so. Aber das Thema Schulbenennung sparten alle Festtagsredner an diesem Dienstag, 8. Oktober, vorsichtig aus.

Ganz offiziell ist es noch immer die 68. Schule, die hier mit dem Schuljahresbeginn 2013 in das sanierte Schulgebäude von 1891 einzog. Mit einem bunten Festakt in der Aula des Schulgebäudes übergab Sozialbürgermeister Thomas Fabian das frisch sanierte Schulgebäude an die Schüler und Lehrer der 68. Schule (Oberschule). Den kunstvollen Schlüssel nahm Schulleiterin Elke Donnert entgegen.

Bis 2007 war in dem ehrwürdigen Gebäude in der Breitenfelder Straße 19 die Hans-und-Hilde-Coppi-Schule untergebracht. Doch die Schule wurde seinerzeit aufgehoben, weil es nicht mehr genug Anmeldungen für die 5. Klasse gab. Das ist jetzt ganze sechs Jahre her – ein sehr kurzer Zeitraum, in dem aber bekanntlich die Situation in Leipzig komplett gedreht ist. Die Geburtenzahlen sind angezogen, Kita-Plätze wurden knapp. Und Kinder wachsen. Eltern wissen, wie schnell das geht. So wurden auch Grundschulen, Gymnasien und Mittelschulen zu eng.

Das war tatsächlich auch schon 2008 absehbar, als die Stadt versuchte, gleich fünf Schulen mit einem PPP-Modell im Paket zu sanieren bzw. neu zu bauen. “Der Stadtrat entschied sich seinerzeit dagegen”, stellte Thomas Fabian am Dienstag noch einmal fest. Und schmunzelte ins Publikum zu den Stadträtinnen und Stadträten, die der feierlichen Schlüsselübergabe beiwohnten. Der Stadtrat hatte sich seinerzeit gegen das PPP-Modell entschieden, weil die versprochenen Einspareffekte ganz so sicher nicht absehbar waren. Sie wollten lieber auf Nummer sicher gehen und die Schulen ganz klassisch in Hoheit der Stadt bauen (wie die neue Erich-Kästner-Schule) oder sanieren – wie eben das Schulgebäude in der Breitenfelder.

2007 hatte der Stadtrat die Zusammenlegung der beiden Mittelschulen 68. Schule und Hans-und-Hilde-Coppi-Schule beschlossen. Die Hans-und-Hilde-Coppi-Schule wurde danach formal aufgehoben und festgelegt, dass die 68. Schule als dreizügige Mittelschule am Standort Breitenfelder Straße 19 vorgehalten werden soll. Bis zur Fertigstellung des Gebäudes war die 68. Schule in der Diderotstraße 35 untergebracht.”Mit dieser Baumaßnahme können wir eine schöne Schule wieder ans Netz nehmen und dringend benötigte zusätzliche Oberschulplätze schaffen”, freut sich Bürgermeister Thomas Fabian. “Im neu hergerichteten Gebäude startet zudem der Schulversuch als Oberschule mit Inklusion. Die hier gesammelten Erfahrungen können in Zukunft dabei helfen, die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen auch an anderen Schulen erfolgreich umzusetzen.”

Mit dem Inklusions-Projekt wurde die 68. Schule mit Schuljahresbeginn eine Modellschule für Leipzig. Ähnliche Modellprojekte gibt es seit diesem Schuljahr auch in anderen Regionen Sachsens, betonte Herbert Wolff, Staatssekretär des Sächsischen Ministerium für Kultus. Der sich vor seiner Fahrt nach Leipzig auch belesen hatte zu Gohlis als Kulturort. Immerhin hat hier ein gewisser Friedrich Schiller 1785 sehr wahrscheinlich an der bekannten “Ode an die Freude” gearbeitet, die er dann wohl auf seiner nächsten Reisestation in Dresden vollendete. Und so ließ sich denn auch Wolff zum schönen Anlass das “Wir betreten freudetrunken” einspielen.

Vergaß aber auch nicht zu erwähnen, dass von den investierten über 7 Millionen Euro etwa 5,9 Millionen Euro Fördermittel von Bund und Land waren. Ohne diese Fördermittel wären Kommunen in Sachsen gar nicht in der Lage, überhaupt noch solche Projekte wie Schulsanierungen oder Neubauten anzugehen. Dankbar zeigte sich deshalb auch Thomas Fabian, weil im Doppelhaushalt 2013/2014 für die drei kreisfreien Städte deutlich mehr Geld für Schulhausbauten bereitgestellt wurde. Das Geld wird dringend gebraucht. Die Schulen werden es erst recht.Das Inklusion-Projekt: Mit Beginn des neuen Schuljahres startete das neue Projekt ERINA – die Kooperation mit der Lindenhofschule (Förderschule für geistig Behinderte). Neun Schüler der Lindenhofschule lernen nun täglich vier Stunden gemeinsam mit 15 Schülern der 68. Schule. Und das scheint gut zu funktionieren. Die stellvertretende Elternsprecherin Grit Köhler sprach dann auch davon, wie spät sich Sachsen an das Thema Inklusion wagte. Und sie sprach die Hoffnung aus, dass es bei der einen Projektklasse nicht bleibt, sondern die ganze Schule zur Inklusions-Schule wird.

Über mangelnde Anmeldungen kann sich die 68. Schule schon längst nicht mehr beklagen. Aktuell lernen im neuen Gebäude 417 Schüler, die von 37 Lehrern unterrichtet werden. Mit der Verlagerung an den Standort in der Breitenfelder Straße hat sich die Kapazität der Schule von 2,5 auf 3,5 Züge erhöht.

Besonderer Wert wird auch auf die Berufsorientierung und die praktisch ausgerichtete Unterrichtsgestaltung gelegt. Dafür wurden mit den neuen Räumen für Werken, Technik, textiles Gestalten und einer Lehrküche optimale Voraussetzungen geschaffen.

Die Sanierung des Gebäudes Breitenfelder Straße 19 begann im Juli 2011 mit der Entkernung, Trockenlegung und Deckenbalkensanierung des Schulgebäudekomplexes. 2012 kamen die Ausbaugewerke hinzu; 2013 wurde der Innenausbau mit Komplettierung der Haustechnik und Einbau neuer Fachunterrichtsräume abgeschlossen.

Die für Schüler zugänglichen Bereiche werden barrierefrei hergerichtet sowie die Außenanlagen neu gestaltet. Die ehemaligen beiden Turnhallen wurden komplett umgebaut und beherbergen jetzt die Bibliothek, den Mehrzweckraum sowie eine moderne Mensa. Durch die Öffnung des Verbindungsbaus zum ehemaligen Turnhallengebäude konnte der Schulhof erweitert werden.

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Die Gesamtkosten betrugen in der Planung rund 6,5 Millionen Euro. Als man dann aber insbesondere das Dachgebälk öffnete, stellte man schnell fest, dass es zu Mehrkosten kommen würde. Das sind am Ende dann insgesamt 7,2 Millionen Euro geworden. Das Projekt wurde gefördert durch das Bund-Länder-Programm “Städtebauliche Erneuerung zur Energetischen Sanierung von Schulen, Kindergärten und sonstiger Infrastruktur in den Kommunen (Investitionspaket)”. Der Fördermittelanteil beträgt rund 5,48 Millionen Euro, der städtische Eigenanteil ca. 1,72 Millionen Euro.

Wer aber die Georg-Schumann-Straße entlang kommt, sieht auch, dass das sanierte Gebäude auch die alte Magistrale aufwertet. Das Projekt spielt also auch in der städtebaulichen Entwicklung des Förderprojekts Georg-Schumann-Straße eine nicht zu übersehende Rolle.

Und ein Baustein fehlt noch: Für die 68. Schule wird auf dem nördlichen Teil des Grundstücks noch eine Zweifeldsporthalle errichtet, die voraussichtlich ab Schuljahr 2014/15 zur Verfügung stehen wird.

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