Die TU Dresden hat etwas länger gezögert, die Konsequenzen aus den Kürzungen der Sächsischen Regierung publik zu machen. Das so genannte "Hochschulfreiheitsgesetz" zeigt Wirkung. Und zwar keine gute. Mehr Freiheit haben Sachsens Hochschulen nur auf dem Papier bekommen. Denn wer mit kleineren Budgets arbeiten muss, hat eigentlich keine Freiheit - der kann nur fragen: Was schaff ich ab? - An der Uni Leipzig war's ja im ersten Schritt die Pharmazie. An der TU Dresden wird es jetzt die Frühkindliche Bildung. Unter anderem.
Zu den bekannt gewordenen Stellenkürzungsplänen der TU Dresden erklärt Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: “Die angekündigten Kürzungen von 225 Stellen zeigen, dass die Hochschulleitung der TU Dresden zwischen Baum und Borke sitzt. Nach Jahren des zielstrebigen und erfolgreichen Ringens um den Exzellenzstatus wird nun deutlich, dass selbst dieses Leuchtturmprojekt nicht vor dem fehlgeleiteten Sparzwang der CDU/FDP-Staatsregierung geschützt ist.”
Die Hochschulen haben zwar Budgets zugewiesen bekommen, die sie nun eigenständig verwalten können. Aber die reichen hinten und vorn nicht aus, schon in den Vorjahren konnten die Hochschulen den Ansturm der Studierenden nur mit Mühe schultern – darunter litten jedoch Betreuung und Angebot beträchtlich. Als Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer dann 2011 gar die Anweisung ausgab, über 1.000 Dozentenstellen im Land zu kürzen, war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Sie ging stur von Prognosen fallender Studierendenzahlen aus, die schon 2011 nicht mehr stimmten. Sie sind hoch geblieben. Was sich auch jede Ministerin hätte ausrechnen können: In allen Bundesländern sind die Anteile der Schüler, die die Hochschulzugangsberechtigung erwerben, deutlich gestiegen. In Sachsen waren sie mit 29 Prozent im Jahr 2011 sogar geradezu lächerlich im Vergleich mit westlichen Bundesländern. Dazu kam die Abschaffung der Wehrpflicht, die viele junge Männer früher zur Suche nach einem Studienplatz trieb. Und es kamen die doppelten Abiturjahrgänge in einigen westlichen Bundesländern hinzu. Und aus diesen Bundesländern verstärkte sich logischerweise auch der Druck auf die sächsischen Hochschulen.
Doch die Wirklichkeit wurde einfach ignoriert. Obwohl der Rückgang der Studierendenzahlen wohl auch bis 2020 nicht eintritt.
“Sachsen verzeichnet heute mehr Studierende als je zuvor und liegt damit im Bundestrend. Statt in dieser Situation endlich die im bundesweiten Vergleich miserable Grundfinanzierung zu verbessern, werden überholte Stellenstreichungen umgesetzt”, kritisiert Gerstenberg diese ignorante Politik. “Die TU Dresden ist da leider nur ein weiteres Opfer der kurzsichtigen Politik des Freistaates, handelt mit ihren Kürzungsplänen für die nächsten zwölf Jahre aber zugleich im vorauseilenden Gehorsam. Selbst der aktuelle Staatshaushalt stellt die Stellenstreichungen ab 2016 unter einen Evaluierungsvorbehalt, ganz abgesehen davon, dass die sächsische CDU/FDP-Regierung keine Ewigkeitsgarantie hat.”
Doch es geht der TU Dresden wie den anderen Hochschulen im Land: Die Anweisung zur Stellenkürzung ist das eine – mit den im “Hochschulfreiheitsgesetz” verankerten Regeln sind die Budgets der Hochschulen allesamt so knapp bemessen, dass diese auch ohne Anweisung um Streichungen im Angebot nicht herumkommen. Sie werden zum Erfüllungsgehilfen und bekommen den berechtigten Ärger der Betroffenen zu spüren.Das Wissenschaftsministerium stellte sich denn am Freitag, 12. April, auch entsprechend ahnungslos. “Es geht also in der Tat nicht um einen vom Freistaat Sachsen verordneten Stellenabbau. Die Darstellung, dass hier in großen Umfang Stellen abgebaut werden, ist nicht zutreffend. Die Stellen werden nicht abgebaut, sondern stehen der Universität weiter zur Verfügung, nur jedoch für andere Aufgaben und Vorhaben”, ließ das Ministerium verlautbaren.
Und die sächsische Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer malte das Ganze dann auch noch als Geschenk mit Schleifchen: “Ich unterstützte die Dresdner Universität auch weiterhin intensiv auf ihrem Weg, eine der führenden Universitäten in Europa zu werden. In diesem Kontext obliegt es der Technischen Universität, sich um eine stärkere Profilierung zu bemühen. Dieser Herausforderung hat sich das Rektorat gestellt und Strukturgespräche mit den Fakultäten geführt. Neue Strukturen erfordern auch immer eine neue Gewichtung der Ressourcen.”
“Dass die TU Dresden nun ausgerechnet in wichtigen Fächern wie der Frühkindlichen Bildung den Rotstift ansetzen muss, macht angesichts des drängenden Personalbedarfs in diesem Bereich nahezu fassungslos. Auch der Verzicht auf Kartografie und Spanisch ist nicht nachvollziehbar”, so Gerstenberg zu diesem weiteren Trauerfall in der sächsischen Hochschullandschaft. “Wir Grünen werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Stellenkürzungen an Hochschulen zumindest ausgesetzt werden. Auch für die Staatsregierung ist es nicht zu spät, endlich umzusteuern.”
Wie sehr die Hochschulen mittlerweile finanziell unter Druck stehen, zeigte ja in diesem Frühjahr auch der Fall der Hochschule für Musik und Theater Leipzig (HMT). Da kam es zwar noch nicht zur Streichung von Studienfächern – doch die Hochschulleitung sah sich gezwungen, auf Grundlage des beschlossenen “Hochschulfreiheitsgesetzes” die Studiengebühren für ausländische Studierende einzuführen bzw. zu erhöhen.
“Man kann Studiengebühren nicht sozialverträglich gestalten. Auch ein Stipendienprogramm wird hierbei keine Abhilfe leisten. Es ist jedoch richtig, dass Wissenschaftsministerin von Schorlemer erstmals öffentlich deutlich macht, dass das Hochschulgesetz einzuhalten ist und sie gewillt ist, dies auch einzufordern”, merkt dazu Holger Mann, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. “Die von Staatsministerin von Schorlemer beschworene Verunsicherung geht jedoch auch auf ihr Konto. Die Staatsregierung hatte die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Studierende vorgeschlagen und im neuen Hochschulgesetz auf präzise Formulierungen und notwendige Übergangs- sowie Bestandsschutzfristen verzichtet. Die Hochschulen wären wohl besser beraten, erst gar nicht von der Kann-Regelung zur Einführung dieser Gebühren Gebrauch zu machen, da sie der Attraktivität des Hochschulstandortes Sachsen schaden.”
Die Gründe, die das Rektorat der HMT Leipzig für die Einführung anführe, müssten jedoch ernst genommen werden, so Mann. “Die Situation der Lehrbeauftragten insbesondere an Musikhochschulen ist mehr als prekär. Einmal mehr zeigt sich, dass es im Freistaat Sachsen ein Finanzierungsproblem der Hochschulen gibt. Offensichtlich sind das Personal an den Hochschulen sowie deren Arbeitsbedingungen Schwarzgelb egal. Es bleibt dabei: Hochschulen müssen auskömmlich vom Freistaat finanziert werden.”
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Aus der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Holger Mann zum Thema “Ausländische Studierende an sächsischen Hochschulen” (Drucksache 5/11471) vom 10. April geht hervor, dass sachsenweit 5.536 Studierende aus Nicht-EU-Staaten betroffen sein könnten. Dies entspricht 5,7 Prozent. An der HMT Leipzig sind es 126 Studierende aus Nicht-EU-Staaten (16,4 Prozent).
Die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag will sich insbesondere für die Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten an Kunst- und Musikhochschulen einsetzen. Hierzu soll am 3. Juni 2013 um 14 Uhr eine öffentliche Anhörung stattfinden.
Und an der HMT rumort es natürlich weiter. Die neue Regelung hat Proteste und Widerstand unter den Studierenden ausgelöst. Diese forderten vom Rektor unter anderem, dass eine Hochschulvollversammlung einberufen werden soll. Diese Versammlung findet nun am kommenden Mittwoch, 17. April, von 8 bis 10 Uhr im großen Saal der HMT in der Grassistraße 8 statt.
Die Anfrage von Holger Mann zu den von Studiengebühren betroffenen ausländischen Studierenden in Sachsen: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11471&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2
Holger Manns Anfrage zu den Lehrbeauftragten an Sachsens Hochschulen: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11472&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2
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