„Das an der Universität Leipzig angesiedelte Else-Frenkel-Brunswik-Institut (EFBI) erforscht und dokumentiert demokratiefeindliche Einstellungen, Strukturen und Bestrebungen in Sachsen und erstellt darauf aufbauend wissenschaftliche Analysen.“ So definiert das Institut seine Aufgabe selbst. Aber wie gut ist die Arbeit des Instituts? Das wollte das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) wisen.

Es hat deshalb sechs Gutachter damit beauftragt, die Arbeit des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts (EFBI) zu evaluieren. Das Ergebnis hat das Ministerium am Donnerstag, dem 4. Juli, bekannt gegeben: Die Gutachter bewerten die bisherige Arbeit des EFBI positiv und empfehlen, der Forschung eine langfristige Perspektive zu geben. Aus Sicht der Gutachter leistet das Institut eine „gesellschaftspolitisch hochgradig relevante und demokratiepolitisch unverzichtbare wissenschaftliche Forschungs- und Vermittlungsarbeit“.

Mit seinem „sozialwissenschaftlich innovativen“ Ansatz regionaler Konfliktraumforschung dokumentiere das EFBI nicht nur die gesellschaftliche Verbreitung demokratiefeindlicher und autoritärer Strukturen und Dynamiken, sondern ergründe auch deren „(psycho-)sozialen Ursachsen“. Dadurch sei das Institut „in den wenigen Jahren seiner Existenz“ selbst zu einem »bedeutsamen Akteur der Demokratieförderung« geworden.

„Antidemokratische Bestrebungen sind nicht mehr nur in klar abgrenzbaren gesellschaftlichen Gruppen zu verorten. Die Ansätze und Studien des EFBI erlauben es, diese Phänomene trotzdem zu erfassen und komplexe Sachverhalte zu erklären“, kommentiert Demokratieministerin Katja Meier die Ergebnisse des Gutachtens. „Solche wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse unterstützen all jene, die sich für ihr Gemeinwesen in den Kommunalverwaltungen, in den Behörden und in der Politik engagieren.“

Auch Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, Rektorin der Universität Leipzig, lobte die Arbeit am Institut: „Die positive Bewertung der Arbeit am EFBI haben sich alle Beteiligten redlich verdient und können stolz auf ihre Forschungs- und Transferleistung sein. Es erweist sich einmal mehr die Kompetenz der Universität Leipzig in der Demokratieforschung und der Beforschung antidemokratischer Bestrebungen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Freistaat sein Engagement fortsetzt, idealerweise dauerhaft.“

Die Kommission

Zu der von Staatsministerin Katja Meier beauftragten Gutachter-Kommission gehörten Prof. Dr. Sabine Achour (Freie Universität Berlin), Prof. Dr. Rico Behrens (Katholische Universität Eichstätt), Prof. Dr. Ursula Birsl (Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. Stephan Lessenich (Institut für Sozialforschung Frankfurt a.M.), Prof. em. Dr. Peter Schmidt (Universität Gießen) und Prof. em. Dr. DDr. H.c. Ruth Wodak (Lancaster University).

Als Grundlage für die Begutachtung reichte das Direktorium des Instituts im Herbst 2023 einen Selbstbericht ein und beantwortete schriftlich anschließend die Fragen der Kommission. Im Januar 2024 besuchte die Kommission das Institut im Rahmen einer Begehung und sprach mit Mitarbeitenden und Direktorium über die wissenschaftliche und administrative Arbeit der vergangenen vier Jahre.

Die Kommission rät in ihrem abschließenden Bericht „in Anbetracht des beeindruckenden Leistungsprofils des Instituts“ das EFBI zu verstetigen und die „Landesförderung an der Universität Leipzig von einer Einzelfallförderung in eine institutionelle Förderung zu überführen“.

Für die Weiterentwicklung der Arbeit empfehlen die Gutachter „eine nachhaltige Personalentwicklung und Planungssicherheit“. Neben der Akquise neuer Drittmittelprojekte und die Erweiterung des Kreises der Drittmittelgeber sprechen sie sich für den Ausbau und Vertiefung von wissenschaftlichen und außeruniversitären Kooperationen aus.

Um diese Ziele zu erreichen, empfiehlt das Gremium eine „unbefristete Kernbelegschaft sowohl im wissenschaftlichen als auch im administrativen Bereich“. Im Evaluationsbericht raten die Professoren und Professorinnen ebenfalls dazu, „der Nachwuchsförderung mehr Raum und Zeit zu geben“ und ein umfassendes Sicherheitskonzept für das Institut zu erarbeiten. Dies soll verhindern, dass „exzellente Forschende“ sowie „hervorragend ausgebildetes administratives Personal“ das EFBI verlassen.

Das Institut

So beschreibt das Institut sein eigenes Selbstverständnis: „Ein Ziel der Forschung ist es, mit den Methoden der empirischen Sozialforschung einen aktuellen Wissensstand über die gesellschaftlichen Widersprüche und Konflikte zu erarbeiten. Sozialpsychologie und Gesellschaftstheorie greifen beim Verständnis dieser Konflikte ineinander. Weil menschliches Handeln durch Bedürfnisse von Individuen und Gruppen begründet ist, ist die Sozialpsychologie notwendig. Weil diese Bedürfnisse das Ergebnis einer lebenslangen Vergesellschaftung sind, zudem Ausdruck aktueller und vergangener gesellschaftlicher Ereignisse, braucht es eine Gesellschaftstheorie, um sie zu verstehen.

Das Institut wurde nach der Psychoanalytikerin Else Frenkel-Brunswik (1908–1958) benannt, in deren Forschungstradition das Institut steht. Frenkel-Brunswik leistete durch ihre Pionierarbeit für die berühmten Studien zur autoritären Persönlichkeit einen beachtlichen Beitrag zur psychoanalytischen Sozialpsychologie und für eine kritische Gesellschaftstheorie.

Die Methodik der Psychoanalyse ist für die Demokratieforschung besonders geeignet, weil mit ihr nicht nur demokratiefeindliche Einstellungen erforscht werden können, sondern auch die Motivation hinter den antidemokratischen Dynamiken. Es werden in der Forschung auch unbewusste Bedürfnisse und Vorstellungen von Gesellschaft erfasst, ihr Zustandekommen rekonstruiert und mögliche Interventionen zur Stärkung einer demokratischen Gesellschaft aufgezeigt.“

Der komplette Bericht kann hier eingesehen werden.

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