Energie gibt es auf der Erde genug. Die Sonne schickt jeden Tag mehr als genug Energie, um die komplette Menschheit mit einem Überfluss an solcher zu versorgen. Sie muss bloß eingesammelt werden, egal, ob mit Windkraftanlagen oder Solaranlagen. Und Solarzellen kann man sogar direkt in Hausfassaden einbauen, wie bei der „Solar Shell“-Konstruktion aus der HTWK Leipzig.
Mit der „Solar-Shell“ haben Forschende der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) eine Fassadenkonstruktion entwickelt, die Solarenergie erzeugt und gleichzeitig mit architektonischer Eleganz überzeugt.
In Bad Rappenau im Landkreis Heilbronn wurde 2021 das erste Gebäude mit einer solchen Fassade fertiggestellt. Es erzeugt rund 10.000 Kilowattstunden Energie im Jahr.
Mit dieser vorbildlichen Weise, neue Technologien in die konkrete Anwendung zu bringen und damit echten Mehrwert für den Klima- und Umweltschutz zu schaffen, erzielte die Forschungsgruppe um Architektur-Professor Frank Hülsmeier den 3. Platz beim Sonderpreis Nachhaltigkeit des Innovationspreises Reallabore 2022 des Bundeswirtschaftsministeriums.
Über die Platzierung wurde während eines Festaktes am 31. Mai in Berlin durch rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Fachveranstaltung zum angestrebten Reallabore-Gesetz live abgestimmt.
So bringen Solarfassaden die Energiewende voran
Gebäudeintegrierte Photovoltaik birgt großes Potenzial für die Energiewende: 6.000 Quadratkilometer Gebäudedächer und doppelt so viel Fassadenfläche ließen sich theoretisch in Deutschland für Photovoltaik nutzen.
Doch Fassaden sollten nicht nur funktionell, sondern auch abwechslungsreich gestaltet sein, findet Hülsmeier: „Um die Energiewende zu schaffen, müssen wir Architektinnen und Architekten mitnehmen. Allein flächig mit schwarzen Solarpanels behängte Wände wären keine Lösung für einen vielfältigen öffentlichen Raum.“
SOLAR.shell – Die parametrisch optimierte Fassade als Energiequelle
Ein Lösungsvorschlag ist die vorgehängte Fassade aus Aluminium-Verbundelementen mit integrierten Photovoltaikmodulen namens Solar-Shell, an der Hülsmeier und seine Mitarbeiter Stefan Huth und Adrian Heller seit 2015 arbeiten. Wie eine Solar-Shell-Fassade im Detail aussieht, berechnet ein Algorithmus.
Darin fließen Informationen wie Gesamtfläche, erwünschter Stromertrag, Standort, Himmelsrichtung und die Eigenschaften der verwendeten Materialien ein. Ein Computerprogramm berechnet dann, wie groß die Einzelelemente sein müssen, um den Platz optimal auszunutzen.
Diesen Vorschlag können Architektinnen und Architekten mit ihren Gestaltungsideen erweitern. Gegenüber flächig installierten Modulen kann eine Solar-Shell-Fassade bis zu 55 Prozent mehr Energie pro Quadratmeter Photovoltaik-Fläche erzielen.
Erste Solar-Shell-Fassade in Bad Rappenau
Für die Umsetzung an einem realen Gebäude arbeiteten die Forschenden mit mehreren Unternehmen zusammen. Am Firmengebäude von Aluform, ein Verarbeiter von Aluminium-Verbundwerkstoffen in Bad Rappenau-Bonfeld, wurde die Solar-Shell-Fassade 2021 erstmals gebaut.
An der Süd- und Westfassade des Neubaus glänzen helle Drei- und Vierecke, die aus den beiden Wänden dreidimensional hervorstehen und Solarstrom erzeugen.
„Die plastische Struktur entsteht automatisch, wenn wir die Photovoltaik-Module bestmöglich zur Sonne ausrichten, denn kaum eine Wand steht in einem für die Energiegewinnung optimalen Winkel“, erläutert Hülsmeier. Das Projekt wurde im Programm „Zukunft Bau“ des Bundesbauministeriums gefördert.
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