Schon in den vergangenen Jahren konnten die Forscher um den Leipziger Ägyptologen Dietrich Raue aufregende Entdeckungen im Grabungsfeld des antiken Heliopolis in Ägypten machen. Nun hat ein ägyptisch-deutsches Grabungsteam bei gerade abgeschlossenen Ausgrabungen im Nordosten Kairos weitere bedeutende Zeugnisse aus der Geschichte der Tempelstadt Heliopolis gefunden.
Zu den entdeckten Objekten aus unterschiedlichen Jahrtausenden gehören Reliefs und Inschriften auf Basaltblöcken, die zur Nord- und Westfassade des Tempels von Nektanebos I. (380 bis 363 vor Christus) gehören. Dieser wurde für den Sonnen- und Schöpfergott im zentralen Sektor des Tempelbezirks erbaut.
Die ägyptisch-deutsche Unternehmung, an der auch Forschende und Studierende des Ägyptologischen Instituts / Ägyptischen Museums – Georg Steindorff der Universität Leipzig beteiligt waren, stand unter der Leitung von Dr. Aiman Ashmawy vom ägyptischen Ministerium für Tourismus und Antiken und Dr. Dietrich Raue, Kustos des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig, in Zusammenarbeit mit Prof. Kai-Christian Bruhn vom Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik der Hochschule Mainz.
Die bei der nunmehr 18. Forschungskampagne im Sonnentempel von Matariya freigelegten Basaltblöcke zeigen den Aufzug der Regionen Unterägyptens, hierunter auch die Darstellung der Region von Heliopolis selbst.
„Die Inschriften geben Aufschluss über das Datum der Tempelgründung im Frühsommer 366 vor Christus, die Dimensionen des Tempels und die verwendeten Materialien. Eine Reihe von unvollendeten Blöcken lässt darauf schließen, dass die Arbeiten abrupt mit dem Tod des Königs eingestellt und nicht mehr aufgegriffen wurden“, erläutert Raue.
Es handele sich somit um einen, wenn nicht den letzten großen Neubau nach gut 2.400 Jahren kontinuierlicher Zuwendung durch die Könige Ägyptens am Ort der Weltschöpfung.
Weitere Architekturelemente stammten aus der Zeit Ramses‘ II. (1279 bis 1213 vor Christus) und seines Sohnes Merenptah (1213 bis 1201 vor Christus). Die ehemalige Pracht werde auch durch den Fund einer Jaspis-Einlage der Zeit um 1300 vor Christus verdeutlicht.
„Ein Meisterwerk altägyptischer Rosengranit-Skulptur ist mit der Wiedergabe Sethos’ II., 1204 bis 1198 vor Christus – eines Enkels Ramses’ II. – in Lebensgröße erhalten“, sagt Raue. Aus der Nutzungsphase des 4. bis 2. Jahrhunderts vor Christus stammten Funde von Werkstätten, die Reliefvorlagen, Amulette und Uschebti-Totenfiguren hinein produzierten.
In der Nähe des noch aufrecht stehenden Obelisken von Heliopolis seien mehrere aufschlussreiche Bauteile und Statuenfragmente entdeckt worden, die genau wie große Opfertafelaltäre aus Quarzit und Alabaster sowie ein Fragment einer Pavianstatue Teile der Tempelausstattung waren.
Hierzu gehören auch Denkmäler wie Quarzitstatuenfragmente Ramses‘ II., ein Obeliskenfragment aus der Zeit des Königs Osorkon I wie auch eines Heiligtums für die Gottheiten Schu und Tefnut aus der Zeit Psammetichs II.
„Auch in diesem Bereich kann somit das kontinuierliche Engagement der Pharaonen Ägyptens für den Sonnen- und Schöpfergott nachgewiesen werden. Rätsel gibt dabei noch immer die Aufgabe dieses gewaltigen Tempelbezirks mehrere Jahrhunderte vor der Christianisierung des Landes auf“, betont Dr. Ashmawy.
Die Grabungskampagne wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Donation Eckhard Sambach und der Gerda Henkel Stiftung ermöglicht.
Termintipp: Am 14. Dezember 2021 um 18:15 Uhr wollen Projektmitarbeiter/-innen bei einem Vortrag im Hörsaalgebäude der Universität Leipzig (Hörsaal 2, 2G-Regularien) die breite Öffentlichkeit über die jüngsten Arbeiten in Heliopolis informieren.
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