Es wäre zu schön gewesen, wenn es auch bei Bienen geklappt hätte: Einfach mit Satellit drüberfliegen über die Landschaft, eine hochauflösende Aufnahme machen - und schon hat man alle Daten, die man braucht, um die Lebenswelt der wilden Bienen analysieren zu können. Bei Vögeln klappt es ja auch. Aber bei Bienen leider nicht, stellen Leipziger Umweltforscher nun fest. Es wird wohl nicht ohne aufwendige Ausflüge ins Land gehen.

Die standardisierte Erfassung der biologischen Vielfalt über klassisches Feldmonitoring ist in vielen Fällen sehr zeit- und kostenintensiv und deshalb oft räumlich begrenzt. Fernerkundungsdaten hingegen lassen sich wesentlich effektiver und über eine deutlich größere Ausdehnung erheben. Deshalb werden sie immer öfter auch für Analysen von räumlichen und zeitlichen Biodiversitätsmustern herangezogen.

Biodiversität beschreibt die Artenvielfalt auf einer bestimmten Fläche. Je reicher die Artenvielfalt, umso besser sind die Lebensbedingungen für die jeweils typischen Tier-, Pflanzen- und Insektenarten. Und bei Bienen ist das ja mittlerweile ein heiß diskutiertes Thema. Denn auch ihre Populationen sind geschrumpft, genauso wie die vieler anderer heimischer Insekten. Ihnen gingen ganze Landschaftsräume mit einst großem Artenreichtum verloren, die in den vergangenen Jahrzehnten vor allem der industrialisierten Landwirtschaft zum Opfer fielen.

Aber funktioniert die Satellitenbeobachtung auch für alle Artengruppen? Gar für Wildbienen?

Nur bedingt, sagen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Hochschule Anhalt. In ihrer kürzlich im Wissenschaftsmagazin PLOSONE veröffentlichten Studie untersuchten sie, inwiefern man Satellitenbilder nutzen kann, um die Diversität von Wildbienen auf Landschaftsebene abzubilden.

Die sechs Untersuchungsstandorte in Mitteldeutschland Foto: UFZ, Bildquelle: Landsat 5 TM, Falschfarbenbild). Plos ONE 12(10): e018559
Die sechs Untersuchungsstandorte in Mitteldeutschland
Foto: UFZ, Bildquelle: Landsat 5 TM, Falschfarbenbild). Plos ONE 12(10): e018559

Den Ausgangspunkt ihrer Untersuchung bildeten Monitoring-Daten für Wildbienen aus vier Jahren (2010 bis 2013) von sechs jeweils 16 Quadratkilometer großen Untersuchungsflächen in Mitteldeutschland, mit denen mathematische Modelle validiert wurden. Die Wissenschaftler überprüften, inwieweit Texturmerkmale aus Satellitenbildern (Landsat-TM) lokale Diversitätsmuster aus Feldmonitoring-Daten widerspiegeln. Die Texturmerkmale stehen dabei stellvertretend für den Grad räumlicher Heterogenität, einem Schlüsselfaktor für die Verbreitung und die Vielfalt von Arten.

Aber nicht nur um die Messung der Vielfalt in den erfassten Lebensräumen ging es, sondern auch um die Vielfalt innerhalb der vorkommenden Bienenvölker. Auch so etwas ermitteln die Forscher.

Die Untersuchungen zeigten nun, dass Texturen tatsächlich die Diversität der Bienen abbilden – allerdings nur zu einem sehr geringen Grad: Lediglich drei bis fünf Prozent der Variabilität wird durch die Texturmaße aus Satellitenbildern wiedergegeben, während mit den Feldmonitoring-Daten bis zu 60 Prozent Variabilität erklärt werden kann.

Das heißt: Man kann aus kosmischer Höhe nicht wirklich erkennen, wie groß die Bienenvielfalt am Boden ist.

Aber diese Ergebnisse stehen nun im Widerspruch zur hohen Aussagekraft, die Texturmerkmale aus Satellitenbildern in früheren Studien zur Ermittlung der Artenvielfalt von Vögeln erreichten.

Die Forscherinnen und Forscher um UFZ-Biologin Sylvia Hofmann führen das in ihrer aktuellen Studie darauf zurück, dass mit den Satellitenbildern Heterogenität erfasst wird, die sich aus der räumlichen Anordnung der Landschaftselemente ergibt. Man sieht also die Vielfältigkeit der Landschaft und kann damit auf die vorkommenden Populationen von Vögeln Rückschlüsse ziehen.

Aber diese Ebene der Heterogenität ist für Wildbienen vermutlich weniger relevant als die Vielfalt der Zusammensetzung von Pflanzengesellschaften. Oder mal so gesagt: Den Bienen ist weniger wichtig, wie viele Wälder, Felder, Wiesen und Hecken es im Gebiet gibt, sondern wie vielfältig zum Beispiel die Blumen auf der nächsten Wiese sind – oder ob es nur eine langweilige Löwenzahnwiese ist, auf der sie nur klägliches Einerlei vorfinden.

Das Resümee der Forscher klingt dann etwas traurig, denn aus der Erkenntnis müsse man schließen, dass die Forscher auch in absehbarer Zukunft auf ein Feldmonitoring der Wildbienen nicht verzichten können.

Das Stichwort Kosten wurde ja schon erwähnt. Denn die Frage ist im Zeitalter der Agrar-Industrie und ihrer befreundeten Landwirtschaftsminister nur zu berechtigt: Gibt es das Geld für die Felduntersuchungen künftig noch oder schafft man das Problem mit gestrichenen Forschungsgeldern aus dem Weg? Oder gibt es endlich ein Umdenken in den Ministerien und man investiert wieder in eine artenreiche Landschaft, in der auch Wildbienen wieder genug Nahrung und Vielfalt finden?

Und natürlich in die Feldforschungen, bei denen die Wissenschaftler nachschauen können, ob sich die Populationen wieder erholt haben.

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