Es ist der Fund seines Lebens. Anfangs ging es nur um die Ermittlung von ein paar historischen Umfassungsmauern. Aber dann stieß das Grabungsteam um Dr. Dietrich Raue und Dr. Aiman Ashmawy vom Ägyptischen Antikenministerium im Kairoer Tempelbezirk Heliopolis auf mehr, als sie erwartet haben. Und seit ein paar Tagen macht der jüngste Fund von sich Reden: eine riesige Statue, die wohl den legendären Pharao Ramses II. darstellt.

Das deutsch-ägyptische Archäologen-Team hat große Teile der rund 3.000 Jahre alten tonnenschweren Statue aus der Pharaonenzeit im einstigen Tempelbezirk von Heliopolis, der heute in Kairo liegt, ausgegraben.

„Die Fragmente des Kolosses sind raus“, sagte Dr. Dietrich Raue, Kustos des Ägyptischen Museums – Georg Steindorff – der Universität Leipzig am Dienstag, 14. März, in Kairo. Er ist einer der Leiter des Grabungsteams. Die neun Tonnen schwere Statue aus poliertem Quarzit, die vermutlich Ramses II. (1250 v. Chr.) darstellt, sei etwas größer als erwartet: ursprünglich neun Meter und rekonstruiert vier Meter hoch.

„Ich hätte es nicht für möglich gehalten, ein Kunstwerk dieser Qualität zu finden“, sagte der Experte, der 3D-Fotos des Fundes in den kommenden Tagen wissenschaftlich untersuchen wird, um unter anderem dessen genaues Alter festzustellen.

Möglicherweise ärgert sich mittlerweile so mancher Stadtplaner in Kairo, dass man das Grabungsfeld nicht frei gehalten hat von Planungen. Kairo wächst. Jeder Quadratmeter wird für neue Wohngebäude gebraucht. Aber mit dem Tempelbezirk von Heliopolis gräbt das Team um Raue ein einmaliges Stück alter ägyptischer Geschichte aus, das jahrzehntelang unter einer großen Müllhalde verborgen lag und heute auch um etliche Meter tiefer liegt als zur Zeit, als der legendäre Ramses II. regierte.

Die Teile der Statue, in der man eine Verkörperung von Ramses II. erkennen will, lagen unterm Grundwasserspiegel, wurden also regelrecht – wie manche Medien schrieben – aus einem „Schlammtümpel“ geborgen.

Der Torso der Statue wird geborgen. Foto: Dr. Dietrich Raue/ Universität Leipzig
Der Torso der Statue wird geborgen. Foto: Dr. Dietrich Raue/Universität Leipzig

Aber sie stellen im Leben eines Ägyptologen auch einen einmaligen Fund dar.

„Am Anfang glaubt man’s nicht. Und man hat die ganze Zeit im Kopf, okay, das darf jetzt wirklich nicht schiefgehen. Man ahnt, dass man das nicht noch mal kriegt“, sagte Dietrich Raue gegenüber Deutschlandradio Kultur.

Das ist der Fund seines Lebens. Wenn die Ausgrabungen beendet sind, wird man über den legendären Tempelbezirk so viel wissen, wie nie zuvor. Selbst wenn die Ausgrabung nur einen kleinen Teil des legendären Heliopolis umfasst. Der größere Teil bleibt unter der Wohnbebauung verborgen – wohl noch auf Jahrhunderte.

Geborgen wurden die Krone, der Kopf und der Oberkörper sowie die Basis, auf der die Statue stand. Das Unterteil fehlt bisher. Raue schloss nicht aus, dass es noch gefunden wird. Allerdings sei es auch möglich, dass es in der Spätantike zerschlagen und für Bauprojekte in Kairo verwendet wurde, wie es damals häufig der Fall war.

„Möglicherweise hat Ramses II. eine Statue seiner Vorgänger wieder verwendet“, erklärte Raue. Sie stand im Hof eines Tempels von Ramses II., in dem sich mehrere solcher Großformate befanden, die allerdings schlecht erhalten sind.

Die riesigen Fragmente der Kolossalstatue wurden zwei bis drei Meter unter dem Meeresspiegel in einer Schlammgrube gefunden. Während der Grabungen musste das eindringende Wasser immer wieder abgepumpt werden.

„Von unten bedrohte uns das Wasser, von oben die moderne Bebauung“, sagte der Leipziger Ägyptologe, der hier seit drei Jahren tätig ist, mit Blick auf die rege Bautätigkeit auf dem Areal des Tempelbezirks. Die Grabungen werden jedoch in den kommenden Monaten noch fortgesetzt. Der einstige Tempelbezirk von Heliopolis liegt heute inmitten eines Kairoer Wohnviertels. An dieser Stelle wurden bereits mehrfach Statuen entdeckt, so zum Beispiel in 20 Metern Entfernung eine Statue von Sethos II. aus Kalkstein.

Der jetzige Fund kommt ins Grand Egyptian Museum in Kairo, das 2018 eröffnet werden soll. Dort soll für die Statue ein eigener Bereich eingerichtet werden.

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