„Die Idee liegt auf der Hand und ist dennoch revolutionär. Der neue Baustoff verspricht mehr Belastbarkeit, mehr Formbarkeit bei gleichzeitiger Einsparung des nur mit großem klimaschädlichen Aufwand zu erzeugenden Rohstoffs Stahl." Da war auch Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange des Lobes voll, als am Montag, 30. November, der neue Preisträger des deutschen Nachhaltigkeitspreises bekannt wurde.
“Der Materialmix aus Carbon und Beton eröffnet Architekten völlig neue Entwurfsmöglichkeiten”, so Stange. “Schon Herstellung und Transport dieses neuen Grundstoffs sind einfacher und energiesparender als der bisherige Einsatz von Stahlbeton. Ich gratuliere den Forschern um Prof. Curbach zu den Ergebnissen ihrer jahrelangen Arbeit und wünsche besonders den sächsischen Partnern in diesem Konsortium weiter viel Erfolg.”
Mit einem neuen Materialverbund aus Carbonfasern und Hochleistungsbeton wollen verschiedene Wissenschaftseinrichtungen gemeinsam mit zahlreichen Unternehmen das Bauen revolutionieren – langlebiger, ressourcenschonender und ästhetischer sollen die Bauwerke werden. Um diese Vision umzusetzen, haben sich mehr als 130 Partner, darunter auch die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig), im Forschungskonsortium „C3 – Carbon Concrete Composite“ zusammengeschlossen.
Etwa 50 Partner aus Sachsen gehören zur siegreichen Initiative, darunter zahlreiche kleine und mittelständige Unternehmen. Wissenschaftler der TU Dresden, der TU Chemnitz, der HTWK Leipzig sowie in Sachsen ansässige Fraunhofer und Leibniz-Institute sind daran beteiligt. Ziel ist ein Baustoff, bei dem die korrosionsanfällige Stahlbewehrung durch eine weniger reparaturbedürftige Materialkombination aus Carbonfasern, Textilstrukturen und Beton ersetzt wird. Zudem sollen neue Eigenschaften wie thermische und elektrische Leitfähigkeit etwa die Beheizbarkeit und Sensorik der Bauteile ermöglichen. Der neue Baustoff soll formbarer, stabiler, intelligenter, schadstoffärmer und besser recycelbar sein. Die Entwickler erhoffen sich völlig neue Möglichkeiten im Städtebau aber auch für den Brücken- und den Straßenbau.
Am Freitag, 27. November, wurde das Konsortium von Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung ausgezeichnet.
Die Erforschung und Etablierung des neuen Baustoffes C³ biete „einen vielversprechenden Ansatz, um einen Paradigmenwechsel im Bauwesen und somit der Stadtentwicklung einzuläuten“, hieß es in der Jurybegründung bei der Preisverleihung in Düsseldorf. Das Projekt C³ leiste einen wichtigen Beitrag, um einen einschneidenden Innovationsschub hervorzurufen. Das C3-Konsortium wird von der Technischen Universität Dresden koordiniert und vom Bundesforschungsministerium gefördert.
Der Stahlbedarf der Bauwirtschaft könnte künftig drastisch sinken.
40 Prozent des weltweiten Energiebedarfs entfallen auf den Bereich Bauen. Das dabei am häufigsten verwendete Material ist Stahlbeton. Da Stahl korrodiert, braucht er Beton als Schutz. Carbon hingegen kann nicht rosten – die nötige Betonschicht kann also viel dünner sein. Dies wirkt sich positiv auf den Ressourcenverbrauch aus, außerdem ermöglichen schlanke Bauteile deutlich mehr Möglichkeiten in der architektonischen Gestaltung. Um Carbonbeton möglichst schnell einsatzfähig zu machen, führen 130 Projektpartner im Rahmen von C3 zahlreiche Grundlagen- und Entwicklungsprojekte durch. An drei von vier Basisvorhaben sowie mehreren Entwicklungsprojekten ist die HTWK Leipzig maßgeblich beteiligt.
Die Beteiligten streben an, in zehn Jahren etwa 20 Prozent des herkömmlichen Stahlbetons durch Carbonbeton ersetzen zu können.
„Es freut uns außerordentlich, dass die Notwendigkeit eines Umdenkens im Bauwesen durch eine hochkarätige Jury und durch das Publikum beim Online-Voting mit dem Nachhaltigkeitspreis honoriert wird“, sagt Prof. Klaus Holschemacher, Direktor des Instituts für Betonbau an der HTWK Leipzig.
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wird von der gleichnamigen Stiftung jährlich in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung verliehen. Der diesjährige Preis stand ganz im Licht des Wissenschaftsjahrs 2015 unter dem Thema Zukunftsstadt. In der Kategorie Forschung gingen insgesamt 87 Bewerbungen ein. Eine Jury aus 14 Experten nominierte hiervon drei Bewerber, darunter das Forschungskonsortium C3. Anschließend wurde in einem öffentlichen Online-Voting über den Sieger abgestimmt.
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