Dass Babys was lernen, wenn sie die erste Wochen ihres Lebens intensiv mit ihrer Mutter erleben, das wusste man schon. Aber nun haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften aus Leipzig belegen können, dass auch die jungen Mütter was lernen. Und das hat eine Menge mit der unvergleichlichen weiblichen Intelligenz fürs Emotionale zu tun.
Das Stillen gilt bei Experten aufgrund seines positiven Einflusses auf die Oxytocinausschüttung als bedeutsamer Aspekt bei der Bildung sozialer Bindung. Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsgruppe Frühe soziale Entwicklung haben nun herausgefunden, dass das Stillen die Wahrnehmung von Emotionen bei Müttern beeinflusst. Längeres ausschließliches Stillen geht den Studienergebnissen zufolge mit einer schnelleren Erkennung positiver Emotionen wie Freude oder Glück einher. Im Gegenzug werden negative Eindrücke wie beispielsweise Ärger langsamer wahrgenommen.
Stillen ist ein komplexer Prozess, der mit körperlichen und psychischen Veränderungen sowohl bei Kindern als auch bei Müttern einhergeht. “Mütter berichten in diesem Zusammenhang von weniger Stress, selteneren negativen Stimmungen oder Ängsten, erklärt Kathleen Krol, Wissenschaftlerin am MPI.
Positive Regulierungen von Herzschlagrate, Blutdruck und erhöhte Ausschüttung des Hormons Oxytocin wurden in früheren Studien hinreichend belegt.
Bisher unerforscht ist jedoch, ob und wie sich das Stillen auf die Wahrnehmung von Emotionen seitens der Mütter auswirkt.
“In der im Journal Nature Scientific Reports beschriebenen Studie haben wir daher untersucht, ob Stillerfahrung die Wahrnehmung und die Erkennung von emotionalen Gesichtsausdrücken beeinflusst”, erklärt Kathleen Krol, die die aktuelle Studie betreut hat.
“Mehr als sechzig Mütter von Kindern im Alter zwischen fünf und sieben Monaten haben an unserer Studie teilgenommen”, beschreibt Krol. Basierend auf einem speziellen Fragebogen wurden zunächst die Häufigkeit und der Anteil der täglichen Stillmahlzeiten kalkuliert. Antworten aus weiteren komplexen Fragebögen gaben Aufschluss über potentielle Einflussfaktoren auf kindliches Temperament, mütterliche Affekte und Empathie sowie das Stillverhalten.
Anschließend wurden den Müttern im Labor Gesichter auf einem Bildschirm präsentiert. Diese bestanden aus neutralen Farbfotografien von zwölf Schauspielern, die sich innerhalb von 3 Sekunden aus einem neutralen in einen Ausdruck von entweder Ärger, Freude, Angst, Traurigkeit, oder Ekel verwandelten. Sobald die Mütter die Emotion im Gesicht der Person auf dem Bildschirm erkannten, sollten sie eine entsprechende Taste auf dem Keyboard drücken. Dabei maßen die Wissenschaftler, wie schnell und genau die Mütter die verschiedenen Emotionen erkannten, und analysierten die Daten anschließend.
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In einem ersten Schritt wurden dann die Korrelationen zwischen Stillverhalten und den Testergebnissen untersucht. Die Ergebnisse bestätigten die wissenschaftliche Hypothese, dass häufigeres Stillen mit größerer Sensitivität gegenüber fröhlichen Ausdrücken und reduzierter Sensitivität gegenüber negativen Eindrücken insbesondere Ärger einhergeht. Die konkreten Resultate zeigten, dass ausschließliches Stillen signifikant mit den Reaktionszeiten auf Fröhlichkeit korrelierte. Der Anteil der Stillmahlzeiten korrelierte darüber hinaus mit der Reaktion auf ärgerliche Gesichtsausdrücke. Je höher der Stillzeitenanteil war, desto langsamer waren die Reaktionszeiten auf negative Ausdrücke.
Diese Befunde deuten darauf hin, dass das Stillen zum einen die Sensitivität auf positive emotionale Signale erhöht und gleichzeitig die Empfindlichkeit gegenüber aggressiven Signalen von Ärger reduziert.
“Zu vermuten ist”, so Kathleen Krol, “dass hierbei das Hormon Oxytocin eine besondere Rolle spielt, da in vorangegangen Studien eine experimentelle Verabreichung von Oxytocin ähnliche Effekte auf die emotionale Verarbeitung wie das Stillen bewirkte.”
“Stillen ist ein hochkomplexer und dynamischer Prozess und es bedarf mehr systematischer Untersuchungen um zu verstehen, was genau die in der Studie belegten Effekte verursacht”, erklärt Krol. “Unsere weitergehenden Forschungen werden sich daher darauf richten, systematisch hormonelle, genetische und hirnphysiologische Variablen zu untersuchen um die Effekte des Stillens auf die sozio-emotionalen Wahrnehmung besser zu verstehen”, beschreibt Krol ihre weiteren Pläne.
Quelle: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
www.cbs.mpg.de
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