Was intelligente künstliche Systeme von anderen elektronischen Systemen unterscheidet, ist ihre Fähigkeit, sich durch Interaktion mit ihrer Umwelt Erfahrungen und Wissen anzueignen und darauf basierend Lernmechanismen zu entwickeln. Dieses autonome Lernen steht nun im Mittelpunkt einer internationalen Sommerschule vom 1. bis 4. September am Leipziger Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften.

Ziel der über 50 teilnehmenden Wissenschaftler ist es, tiefere Einblicke in den Prozess des eigenständigen Lernens nach dem Vorbild des Menschen zu gewinnen.

Das Verständnis kognitiver Prozesse und der Grundlagen des Lernens ist eine der großen Herausforderungen an die Wissenschaft. Dieses Forschungsgebiet hat in den letzten Jahren erhebliche Erfolge vorzuweisen und bildet die Grundlage zahlreicher technischer und naturwissenschaftlicher Anwendungen. In der praktischen Umsetzung sind die angewandten Methoden jedoch in einem großen Maß von einem menschlichen Experten abhängig, der die Systeme mit bestimmten Parametern und Lernalgorithmen ausstattet und diese dementsprechend steuern kann.

Ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG hat seinen Fokus speziell auf die Erforschung des autonomen Lernens gelegt und untersucht, wie unabhängige Systeme auf Basis der Interaktion mit ihrer Umwelt effiziente Lernmethoden entwickeln. Das DFG-Schwerpunktprogramm “Autonomes Lernen” betreibt Grundlagenforschung am Lernen in künstlichen und biologischen Systemen mit dem Ziel, Konzepte und Methoden zu entwickeln, die den entscheidenden Schritt machen vom rein maschinellen Lernen zu autonomem Lernen in einer sehr komplexen Umgebung.

Die Leipziger Sommerschule soll vor allem den Enthusiasmus junger Wissenschaftler für dieses spannende Forschungsgebiet wecken und bietet ihnen eine hervorragende Gelegenheit, führende Experten zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Die Veranstalter – Professor Marc Toussaint von der Universität Stuttgart, der Koordinator des gesamten Schwerpunktprogramms ist, und Professor Nihat Ay vom Leipziger Max-Planck-Institut – haben hierzu national und international führende Wissenschaftler des Fachgebietes eingeladen, welche ihre Konzepte und Theorien in Bezug auf autonomes Lernen präsentieren werden.

Im Mittelpunkt der Seminare und Tutorials stehen sowohl grundlegende als auch tiefergreifende Aspekte des autonomen Lernens, wie beispielsweise das Finden geeigneter Repräsentationen des Lernens, das Lernen hierarchischer Repräsentationen und abstrakter Ebenen. Ein weiterer Themenschwerpunkt behandelt die optimale Erforschung der Umgebung und Informationsbeschaffung. Zudem geht es um Lernmechanismen in einer fiktiven Echtweltumgebung verbunden mit rationalem Lernen und dem Gebiet der kognitiven Robotik.

Ziel des gesamten Forschungsprojektes ist die Entwicklung lernfähiger künstlicher Systeme, welche, im Gegensatz zum maschinellen Lernen, in der Lage sind, im Zusammenspiel mit ihrer Umwelt, komplex zu agieren. Dies beinhaltet vor allem ihre Fähigkeit, das konkrete Lernproblem zu erkennen und zielgerichtet auf die Lösung des Problems hinzuarbeiten. Dabei entscheiden diese Systeme selbständig über die dazu notwendigen Aktionen, über Auswahl des notwendigen Lernalgorithmus und entsprechender Parameter.Die Forschungsgruppe “Informationstheorie kognitiver Systeme” von Nihat Ay am Leipziger Max-Planck-Institut hat es sich im Rahmen des Gesamtprogramms zur Aufgabe gemacht, einen mathematischen Zugang zum Verständnis kognitiver Prozesse zu entwickeln und entsprechende Lernprinzipien aufzudecken. Die Wissenschaftler untersuchen insbesondere Lernprozesse verkörperter künstlicher Systeme und deren Verhaltensentfaltung, die sowohl ihre Morphologie als auch die Umgebungsbedingungen widerspiegelt. Getestet werden diese in Robotik-Experimenten mit verschiedenen verkörperten Agenten, die zunächst ohne spezifisches Wissen über ihren eigenen Körper und ihr Umfeld in einer virtuellen Umgebung platziert werden. Die Wissenschaftler studieren die nun startenden Bewegungsabläufe und Aktionen der Agenten und deren zugrunde liegenden autonomen Lernprozess, der sich als Zusammenspiel entsprechenden interner Repräsentationen der Welt, des eigenen Körpers und derer Interaktion gestaltet. In einem zweiten Teil des Projektes gilt es zu erforschen, wie ein System zu einer autonomen Struktur seiner Repräsentationen befähigt werden kann. In diesem Kontext spielen verkörperte Systeme eine entscheidende Rolle.

Langfristig angestrebt ist die Entwicklung von Design-Prinzipien für künstliche Systeme, die sich selbstständig in natürlichen und möglicherweise auch unbekannten Umgebungen zurechtfinden. Die entwickelten Methoden basieren auf der Mathematik der Informationstheorie und der Informationsgeometrie, beides Gebiete, die ebenfalls in der Forschungsgruppe vorangetrieben werden.

Die Sommerschule wird gefördert vom DFG Schwerpunktprogramm 1527 “Autonomes Lernen”.

Sommerschule “Autonomes Lernen”: www.mis.mpg.de/al

DFG Schwerpunktprogramm 1527 “Autonomes Lernen”: www.autonomous-learning.org

Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften: www.mis.mpg.de

Forschungsgruppe “Informationstheorie kognitiver Systeme” am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften: www.mis.mpg.de/ay

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