Es gibt schon einige Doityourself-Bücher aus dem Buchverlag für die Frau, in denen es hinaus geht, in die freie Natur und besonders Kinder angeregt werden, mit den dort gefundenen Materialien faszinierende Dinge zu basteln. Aber dieses Buch geht noch einen Schritt weiter. Denn seine Autorin ist – auch – Jägerin. Und versucht den Lesern auch den Umgang mit den Tieren im Wald und die Rolle der Jagd nahezubringen.
Das ist nicht einfach. Und es zu erklären, ist auch nicht so leicht. Denn es gibt Regeln, wann gejagt werden darf und wann das Wild geschont werden muss, welche Tiere geschossen werden dürfen und welche nicht. Und wie man mit dem geschossenen Wild dann umgeht. Anders als in der Massentierzucht gilt ein gewisser Respekt im Umgang mit den Tieren des Waldes.
Dabei hatte Katja Mentzel schon längst beschlossen, sich nur noch vegetarisch zu ernähren. Eben, weil sie die Bilder aus den Schlachthöfen vor Augen hatte und solche unter Leid aufgezogenen geschlachteten Tiere nicht mehr essen wollte. Zehn Jahre lang war sie überzeugte Vegetarierin.
Doch dann kam der Zeitpunkt, als ihr Mann dem Sohn gegenüber ein Versprechen einlöste: Ihr Mann hatte den Jagdschein und nun durfte auch der Sohn einen machen. Eine reine Männersache. Doch das brachte auch Katja Mentzel zum Nachdenken, denn als sie sich mit dem Thema beschäftigte, stieß sie auf die Website „Lernort Natur“, wo auch die Ausbildung zum Naturpädagogen angeboten wurde. Und das weckte ihr Interesse.
Die Welt des Waldes
Teil der Ausbildung aber war auch der Jagdschein, bei dessen Erwerb man eben nicht nur lernt, auf Tiere zu schießen. Katja Mentzel ist längst ausgebildete Naturpädagogin und wendet ihr Wissen an, wenn sie Kinder und Ältere bei geführten Exkursionen in den Wald begleitet. In ihrem Buch versucht sie auch zu erklären, warum damit auch ihre Zeit als Vegetarierin endete und inzwischen Fleisch der Waldtiere bei ihrer Familie wieder auf den Tisch kommt.
Im Buch findet man etliche herzhafte Gerichte mit dem Fleisch von Reh und Wildschwein. Aber auch jede Menge Anleitungen zum Basteln mit den Fundstücken aus dem Wald, zu Gemeinschaftsspielen, aber auch zum Entdecken des Waldes selbst, mit seinen Tierspuren, den Nestern der Vögel, dem Futter der Waldtiere. Denn das ist das, was jeder lernen kann, der in den Wald geht – auch ohne Jagdgewehr. Es geht um Aufmerksamkeit und das Entdecken der lebendigen Welt dort. Dinge, die auch ein Jäger wissen muss, wenn er sich orientieren will.
Aber Mentzel erzählt auch von der Faszination der Wälder, wenn man sie einfach vom Hochstand aus genießt, ohne dass man Hirsche schießt. Es sind Welten, die es sich lohnt, kennenzulernen. Und dazu lädt sie in diesem Buch eben auch ein, wenn sie von ihren Erlebnissen als Naturpädagogin erzählt – und von der Veränderung, die mit Menschen vor sich geht, die sich bewusst auf das Thema Wald einlassen. Auch auf die essbaren Dinge im Wald, die man sammeln kann, oder wie man den Tieren und Insekten helfen kann.
Der essbare Wald
Und etliche Rezepte docken dort an, wo der Wald Essbares ganz selbstverständlich bereithält – von Kräutern, die man in den Salat oder ins Herbarium packen kann, über Pilze und Fichtennadeln (die dann zur Fichtennadelbutter werden) bis zu Brombeeren, die nicht nur Rehe gern fressen, sondern die auch herzhafte Konfitüren ergeben. Kinder und Erwachsene vergessen beim Sammeln und Suchen geradezu die Zeit – und merken alle ziemlich bald, wie der Stress der Außenwelt von ihnen abfällt.
Und auch wenn die Jagd irgendwie das Rahmenthema für das Buch ist, beschäftigen sich die meisten Beiträge, Tipps, Spiele und Rezepte mit dem, was man im Wald finden, sehen, riechen und machen kann, wenn man ohne Jagdgewehr unterwegs ist – aber mit lauter neugierigen Menschen, die ziemlich schnell ihre Scheu ablegen, wenn sie sich auf die Stimmung Wald einlassen. Selbst im Altersheim, wo alte Menschen auf einmal wieder Zugang zu längst vergessenen Erinnerungen finden, wenn sie Moos und Tierfelle fühlen.
Was eben nicht ausschließt, dass Katja Mentzel auch von den Gebräuchen der Jäger erzählt, vom Ehrenerweis für die erlegten Tiere bis deren Ausnehmen und der Prüfung, ob das erlegte Wild tatsächlich gesund war. Und am Ende ist natürlich Weihnachten und gibt es auch eine Weihnacht für die Tiere im Wald. Von denen man ja nun weiß, was sie gern fressen. Man hat etwas Wesentliches gelernt, das einen bereichert und erfüllt.
Und natürlich öfter auf die Idee bringt, jetzt doch wieder festes Schuhwerk anzuziehen und loszugehen in den nächsten Wald. Eine Welt, die es sich jedes Mal neu zu entdecken lohnt und die unsere Sinne schärft für all das, was dort lebt und webt. Man nimmt bewusster wahr, was uns an lebendiger Welt umgibt. Und das ist vielleicht wirklich die Brücke zum Waidwerk, bei dem sich die Jagd mit dem Respekt vor der belebten Umwelt verbindet.
Katja Mentzel „Wild auf Wald & Wild“ Buchverlag für die Frau, Leipzig 2024, 15 Euro.
Keine Kommentare bisher