Jeder kennt’s: Man hat schlechte Laune, während der Rest der Welt sich in Sonnenschein, Eis und Honigkuchen badet. Verübeln kann man es weder den chronischen Miesepetras, noch den dauerglücklichen Grinsekatzen. Schließlich sind wir alle so, wie wir sind. Die Frage, die sich stellt, ist doch eher, wie wir trotz allen Unterschiede aufeinander zugehen und miteinander leben können.

Diese Fragen stellen sich Annette Pehnt, Josephine Mark und Jutta Bauer in der Comicadaption der Bärbeiss-Bücher, die nun im Kibitz-Verlag erschienen ist. Der Bärbeiss ist neu im Dorf und eindeutig Team Miesepetra: Am liebsten den ganzen Tag allein, Lieblingsbeschäftigung Streit und Zank, der Garten am besten eine verödete und leblose Wüste. Das passt nicht zusammen mit seinem Nachbar Tingeli, denn Tingeli ist harmoniebedürftig, grüßt am Morgen die Sonnenblumen und erfreut sich des Nachts an den leuchtenden Fingerli, die das Dorf nur einmal im Jahr besuchen.

Die Dorfbewohner, darunter neben Tingeli auch der besserwisserische Pinguin, die Graureiherchen und die Hasenbande, meinen es nur gut mit ihrer dauerhaften Fröhlichkeit. Doch schon der Antrittsbesuch beim Bärbeiss scheitert ganz kläglich – Rumms macht es und dann hat der Bärbeiss der versammelten Bande die Tür vor der Nase zugeschlagen.

Leben und leben lassen

Auch ein zweiter Versuch, bei dem Tingeli den Bärbeiss auf einen Kuchen überredet, eskaliert zu einer riesigen (Nicht)Geburtstagsparty. Alle Zeichen deuten darauf: Die Dorfbewohner und der Bärbeiss, das passt einfach nicht zusammen. Während der Bärbeiss am liebsten in einer Schlammgrube badet, wollen die anderen frisches und klares Wasser. Will der Bärbeiss seine Ruhe, haben die anderen gemeinsam Spaß.

Doch Tingeli lässt sich nicht abwimmeln. Immer wieder steht Tingeli vor des Bärbeiss Tür – denn woher soll jemand wie der Bärbeiss denn wissen, ob er nicht gern bastelt oder Federball spielt, wenn er es noch nie versucht hat? Aber dazu gehören auch immer zwei Seiten: Woher sollen nämlich Pinguin, Graureiher und Hasenbande wissen, dass ein Schlammbad eklig ist, wenn sie noch nie eins genommen haben?

Schließlich muss man auch nicht alles voneinander mögen. Auch Tingeli hat nur begrenzt Freude am Schlammbad mit dem Bärbeiss. Aber ist das ein Grund, nicht trotzdem befreundet zu sein? Ganz alleine kann und will doch niemand leben. Das muss auch der Bärbeiss feststellen, den die zunehmende Isolation im Dorf auch nicht zufriedener macht.

Comic für Kinder und Erwachsene

Alleine verpasst man nämlich einiges vom Leben, muss der Bärbeiss feststellen. Und manchmal will man einfach nur getröstet werden, das geht ganz schlecht alleine. Auch wenn alle unterschiedliche Bedürfnisse haben, was die sozialen Kontakte angeht, so ganz ohne einander können weder Tingeli noch der Bärbeiss. Und auch der hochnäsige Pinguin lässt sich sogar eine eigene Eissorte (Schnodder-Minze) für den Bärbeiss einfallen – was letzterer natürlich nur mit einem heimlichen Grinsen quittieren kann, denn den Miesepetra-Ruf will er nun wirklich nicht loswerden.

Auch der Bärbeiss kann seinen Spaß haben, nur eben mit anderen Sachen, als der Rest des Dorfes. Hinter dieser lustig und leicht erzählten Geschichte von Anette Pehnt (u.a. Ingeborg-Bachmann-Preis 2002) und Jutta Bauer (u.a. Hans Christian Andersen Preis 2010), hinter den bunten und lebendigen Zeichnungen von Josephine Mark, warten tiefere Fragen: Was ist eigentlich normal? Wer muss sich wem anpassen? Und was passiert, wenn man sich partout nicht anpassen kann oder will?

Auch wenn das Buch als Comic vor allem für Kinder erschienen ist, lohnt er sich für jedes Alter. Gerade die meisten Erwachsenen haben über Integration, Inklusion oder einen wertschätzenden Umgang miteinander noch einiges zu lernen.

Ein ausführliches Interview mit der mehrfach ausgezeichneten Leipziger Comicautorin Jospehine Mark findet sich im ePaper LZ 124 und bald auch auf L-IZ.de.

Anette Pehnt, Josephine Mark, Jutta Bauer Der Bärbeiss, Kibitz Verlag, Hamburg 2024, 15,50 Euro.

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