Bei Wikipedia taucht das Wort „Frugalismus“ tatsächlich unter dem Stichwort Bescheidenheit auf. „Es handele sich bei Frugalisten um ,Menschen, die nicht arbeiten wollen, bis sie 67 Jahre alt sind‘“, kann man lesen. Frugal heißt ja auch im Deutschen „bescheiden“. Aber eigentlich geht es um etwas völlig anderes, auch wenn man sich als normal verdienender Ostdeutscher natürlich fragt: Wie will man bei dem Gehalt mit 40 schon in Rente gehen können?

Man merkt es schnell, dass das Thema vielschichtig ist. Und die markantesten Beispiele, die der 1987 geborene Wirtschaftsingenieur Florian Wagner in seinem Buch aufblättert, handeln von Menschen, die in hochqualifizierten und überdurchschnittlich bezahlten Berufen gearbeitet haben – Ingenieure, Softwareentwickler, Börsenberater usw. Menschen, die schon kurz nach dem Eintritt ins Berufsleben Einkommen von 40.000, 50.000, 60.000 Euro im Jahr erzielt haben. Auch Wagner ging es so.

Das sind Einkommen, die normalerweise völlig ausreichen, in westlichen Gesellschaften ein komfortables und schuldenfreies Leben zu führen. Wikipedia setzt den Beginn des Frugalismus auf den Beginn der Finanzkrise 2007. Aber die markanten Vorbilder, die Wagner gefunden hat, haben oft schon kurz nach der Jahrtausendwende begonnen, andere sogar schon in den 1990er Jahren.

Stets handelt es sich um Menschen, die nach Wegen gesucht haben, wie sie dem Zwang des Arbeitenmüssens in 60-Stunden-Wochen entkommen können, überdrüssig der finsteren Aussicht, dass sie bis zum Eintritt ins Rentenalter in oft ungeliebten (aber gut bezahlten) Jobs ausharren müssen, während das Leben an ihnen vorbeifliegt, sie das Aufwachsen der Kinder verpassen, keine Zeit für wirklich schöne Hobbys haben, und wenn sie abends fix und fertig nach Hause kommen, keine Kraft mehr für die eigene Familie haben.

Es geht also nicht nur den Deutschen so, die ihr Leben lang schuften, Kredite aufnehmen und jahrzehntelang Schulden abbezahlen, hoffend, dass sie mit 67 wenigstens noch so gesund sind, dass sie die Zeit ohne Arbeitsdruck wenigstens noch genießen können.

Das fand nicht nur Florian Wagner ziemlich finster als Aussicht. Und da er in einem gut bezahlten Job war, hat er irgendwann seine Finanzen aufgeräumt, seine Ausgaben überprüft und vor allem im Kopf umgeschaltet. Denn dass vielen Menschen solche üppigen Gehälter nicht reichen, um ihren Lebensstandard ohne Schulden zu bezahlen, hat damit zu tun, dass die meisten Menschen in der westlichen Konsumgesellschaft gar nicht ihr eigenes Leben leben.

Sie werden von den durch die Werbung oder den Neid erzeugten Wünschen nach immer mehr dazu gebracht, die künstlichen Träume der Werbung zu leben und jede Menge Geld für Dinge auszugeben, die sie weder brauchen noch nutzen. Zeug nennt es Wagner in einigen sehr anschaulichen Passagen. Denn er war nicht der Einzige, der seinen Besitzstand unter die Lupe nahm und alles verschenkte und bei Ebay verkaufte, was er weder nutzte noch brauchte, was sich aber irgendwann angesammelt hat, als der Konsumwunsch auf einmal da war.

Viele Menschen kennen das ja, wie sie losrennen und kaufen, kaufen, kaufen müssen, wenn sie das Gefühl überfällt, dass irgendetwas in ihrem Leben fehlt. Es ist Ersatzbefriedigung. Und viele, die darunter leiden, wissen es. Die, die damit in Schuldenspiralen geraten, erst recht. Die scheinbar so dringend benötigen Produkte stehen für nicht erfüllte Bedürfnisse und nicht gelebtes Leben. Sie sind schnell zu erlangen. Aber genauso schnell verpufft die Befriedigung – und dann steht man da mit dem Krempel, fühlt sich belastet und noch unglücklicher.

Das ist der Punkt, an dem Frugalismus auch für Menschen interessant wird, die nicht so üppig verdienen. Das weiß auch Wagner, der mittlerweile auch zu Investitionen und Geldanlagen berät. Wer mit 20.000 Euro im Jahr (oder noch weniger) auskommen muss, der hat nicht viele Freiräume, Geld zu sparen und dieses in Aktien zu investieren. Der kann von Sparquoten von 50 oder gar 75 Prozent, die einige der im Buch Porträtierten erreichen, nur träumen. Sparquoten nicht in dem Sinn, dass das Geld dann einfach aufs Sparbuch kommt. Da wird es bei den aktuellen Zinsverhältnissen im Lauf der Jahre nur immer weniger.

Deswegen legen die Menschen, die sich mittlerweile auch bei regelmäßigen Frugalisten-Meetings treffen, ihr Geld auch nicht aufs Sparkonto, sondern kaufen davon Aktien oder auch Immobilien. Eine heikle Angelegenheit, wenn man weiß, was das eigentlich bedeutet, auch wenn gekaufte Wohnungen im Lauf der Zeit stattliche Mieteinnahmen generieren und Aktien selbst im Schnitt über die Jahrzehnte Dividenden von 6 Prozent abwerfen. Wer es schafft, einige hunderttausend Euro auf diese Weise anzulegen, der kommt nach ziemlich kurzer Zeit an den Punkt, dass die angelegten Gelder soviel Zinsen bringen, dass man davon leben kann. Dass man also – genauso wie es der Buchtitel suggeriert – in Rente gehen kann. Manche schon mit Anfang 30, andere mit 40.

Wobei sich von den Porträtierten keiner auf die faule Haut gelegt hat, nicht einmal die, die erst einmal beschlossen hatten, nach der Kündigung ihres Jobs gar nichts mehr zu tun. Spätestens nach einem Vierteljahr meldet sich bei jedem aufgeweckten Menschen der innige Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun. Die meisten haben dann neue selbstständige Tätigkeiten angefangen – und zwar genau in den Bereichen, in denen sie sich wohlfühlten. Sie konnten endlich – ohne den Druck des Geldverdienenmüssens – einer Beschäftigung nachgehen, die ihnen sinnbringend und bereichernd erschien.

Die Ähnlichkeit dieses Lebensmodells zu den Visionen der Befürworter eines Grundeinkommens sind nicht zufällig. Es geht um dasselbe: Das Recht der Menschen auf eine sinnstiftende Arbeit, die er nicht unter Zwang und unter unwürdigen Arbeitsbedingungen tun muss. Um ein Verlassen des Hamsterrades.

Das Aber hab ich ja schon angedeutet. Denn die großen Konzerne zahlen ja die Dividenden auf ihre Aktien auch nicht aus dem Nichts, sondern erwirtschaften sie, indem sie viele andere Menschen unter harten Bedingungen dafür arbeiten lassen. Was für die einen die ideale Chance ist, das Hamsterrad zu verlassen, ist für die Mehrheit schlicht eine Unmöglichkeit.

Das sind die Stellen, an denen man als Ossi Normalverdiener sagt: Prima. Aber das ist kein Modell für alle. Und schon gar nicht für die Mehrheit hierzulande. Und die Zeiten, billig an Immobilien zu kommen, sind vorbei. Die Pfiffigen haben um 2003 zugeschlagen. Aber bereichert einen das Thema nicht trotzdem, auch wenn man gar keine Chancen hat, je an einen 50.000-Euro-Job zu kommen, was in Leipzig ungefähr nur 8 Prozent der Haushalte erreichen?

Ja.

Denn auch die sparsamen Gutverdiener beschäftigen sich ja mit etwas ganz Elementarem: Mit der Frage, was uns in unserem Leben wirklich wichtig ist und uns vor allem glücklich macht. Und das kann nicht die Arbeit sein, wenn 75 Prozent der Deutschen in Umfragen sagen, dass sie sich in ihrer Arbeit unglücklich fühlen.

Augenscheinlich muss die Veränderung der Arbeitswelt woanders beginnen. Die Konzernmanager und Politiker werden es nicht sein, die diese von Stress, Sinnlosigkeit und Überstunden geprägte Arbeitswelt ändern. Das müssen dann wohl die Beschäftigten selbst tun.

Und die Antworten auf diese Frage liegen tatsächlich daheim – in jenen frustrierenden Abenden, an denen man zu nichts mehr Lust hat, sich aus Verzweiflung mit Fastfood vollstopft, zu viel raucht und trinkt, keinen Nerv mehr für die eigene Familie hat und nur noch bis zum Schlafengehen vor der Glotze oder in einer unendlichen Netflix-Serie versinkt. Hinterher bleibt dann ein schales Gefühl von völlig verschwendeter Zeit, eigentlich verlorener Lebenszeit – auch was die Arbeit betrifft. Die besten Jahre seines Lebens bringt man in Verhältnissen zu, die einfach nur als Leerstellen in der Erinnerung bleiben.

Ein Gefühl, das auch einige jener Menschen hatten, die sich von Wagner beraten ließen. Im Buch zeigt er, wie man zumindest gedanklich erst einmal aus dieser Falle herauskommt. Denn natürlich hängt alles mit Geld zusammen. Geld ist kein Fetisch, sondern ermöglicht Dinge. Die Frage ist eher: Wofür gibt man es aus? Und das Verblüffende für Wagner war: Die meisten wussten es gar nicht. Sie hatten keine Übersicht über ihre Ausgaben, merkten nicht, wie die Euro-Schreine für tägliches Fastfood davonflatterten, wie das erste und zweite Auto einfach aus Gewohnheit nicht nur zu Spritfressern, sondern auch zu Geldfressern wurden, wie immer mehr technische Spielzeuge sich anhäuften zuhause und „Zeug“ die Wohnung verstopfte. Dazu kamen oft noch überflüssige Versicherungen und Abonnements, ungesunde und teure Fertignahrung aus dem Supermarkt …

Nur das, was die Menschen sich wirklich wünschen, war nicht dabei: Zeit für sich selbst, Zeit für die Liebsten, für Freundschaften, soziale Kontakte, echte Urlaube.

Deswegen berührt das Thema Frugalismus auch das Thema Minimalismus. Denn hier tritt ein ähnliches Gefühl der Befreiung ein, wenn Menschen erst einmal all das „Zeug“ identifizieren, das sie überhaupt nicht brauchen, das sie aber permanent belastet, und es dann einfach aus ihrem Leben schaffen. Und bei einigen dieser Dinge geht es ganz schnell um zehntausende Euro. Das eigene Auto taucht immer wieder auf. Auch Wagner findet es überflüssig, gerade weil es auch noch der Gesundheit letztlich abträglich ist – man wird verführt, auch noch die kürzesten Strecken damit zu fahren, obwohl man, wenn man zu Fuß geht oder grundsätzlich aufs Rad steigt, auch noch mit besserer Gesundheit belohnt wird.

Was ja das Hauptproblem an der Konsum-Glückseligkeit ist: Sie verspricht schnelle Befriedigung. Nur: Die hält nicht lange an. Während ein Umstellen ganzer Lebensgewohnheiten hin zu neuer körperliche Betätigung ein ganzes Bündel langfristiger Bereicherungen mit sich bringt. Wagner hat auch gleich seine Fastfood-Ernährung abgestellt und kocht lieber selbst und gesund. Was dann gleich die doppelte Lebensbereicherung ist.

Obwohl er ganz genau weiß, wie diese „schnellen Wünsche“ funktionieren im Kopf. Die Bewohner der Konsumgesellschaft sind ja darauf konditioniert, die Suggestion der Werbung sofort in einen eigenen Wunsch zu verwandeln oder auf die „sagenhaften Rabattangebote“ der Möbelhäuser sofort anzuspringen, nur um sich dann gleich mal in einem über Jahre abzuzahlenden Kredit wiederzufinden.

Was eben auch nur zu oft Menschen mit niedrigen Einkommen passiert. Und auch wenn Wagner das Thema eher nur am Rande streift, merkt man: Für sie ist ein frugalistisches Denken tatsächlich genauso wertvoll, auch wenn sie nie so üppige Sparquoten erzielen werden, die zu einer frühen Rente reichen könnten. Aber wer seine Geldausgaben erst einmal genau unter die Lupe nimmt, ganz ohne Schummeln, der sieht ziemlich schnell, wo jeden Monat die Euroscheine wegfliegen. Und der sieht auch, was er ändern kann, um dieses Abfließen einzudämmen. Und zwar nicht mit Gürtel enger schnallen. Um Darben und Verzichten geht es gar nicht. Eher um das Gegenteil: Herauszufinden, was einem im Leben wirklich wichtig ist. Das ist sogar in der Regel weniger als all das, was einem die Werbung jeden Tag aufschwatzt. Denn die lebt ja davon, unsere Wünsche ins Unermessliche zu steigern.

Aber es sind falsche Wünsche, es sind nicht unsere Wünsche. Es sind Wünsche, die uns tatsächlich nicht glücklich machen.

Und so steht neben der Aufgabe, sich der eigenen Geldausgaben überhaupt erst einmal bewusst zu werden, natürlich die Aufgabe herauszufinden, was uns im Leben wirklich glücklich macht. Was unser tatsächliches Glücksniveau dauerhaft erhöht. Darum geht es bei Frugalismus: unser eigenes, unser richtiges Maß zu finden. Das Niveau, an dem wir genau all das haben, was wir zu einem glücklichen Leben tatsächlich brauchen.

Was eben auch eine Erkenntnis einschließt, die Wagner schon bei den alten Stoikern gefunden hat, die sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht haben, ob der Mensch überhaupt in der Lage ist, für seine ausufernden Wünsche eine Grenze zu finden.

Wenn er nicht darüber nachdenkt, findet er keine. Dann wird er zum Hedonisten und lebt und kauft auf Teufel komm raus oder auf Welt geh unter. Dann frisst er die Welt und ist trotzdem immer öfter deprimiert, ratlos und einsam. Denn jede ernst zu nehmende Studie zum Glück belegt, dass Glück und Gesundheit nicht von Besitz und Reichtum abhängen, sondern von der Stärke sozialer und persönlicher Beziehungen.

Bei den Stoikern geht es genau darum: Zu erkennen, was man wirklich (nur) braucht für ein gutes und glückliches Leben. Das kann sehr wenig sein, so wenig, dass es für andere Leute regelrecht wie Armut aussieht. Das kann aber auch eine bunte Familie sein, in der die Eltern ihre Arbeitszeit so weit reduzieren, dass sie genug Zeit für die Kinder haben. Jeder muss sein persönliches Lebensmodell finden, stellt auch Wagner fest, betont aber auch immer wieder, als wie befreiend die meisten Porträtierten den Punkt empfunden haben, an dem sie sich vom Ballast falscher Besitztümer getrennt haben, einfach alles abgeworfen haben, von dem sie wussten, dass die es nicht brauchten.

Was für manche mit niedrigem Einkommen eben oft auch heißt, dass sie endlich den finanziellen Puffer gewinnen, ihre alten Schuldenberge loszuwerden und sich für neue falsche Wünsche nicht neu zu verschulden. Sie werden es vielleicht nie schaffen, vor dem 67. Lebensjahr aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Aber sie werden sich finanziell ein Stück weit wieder Stabilität zurückerobern und die quälenden Ängste verlieren, die Schuldenberge nun einmal auslösen.

Und wenn sie dann auch noch Freiräume gewinnen, endlich Dinge in ihrem Leben unterbringen zu können, die ihnen wohltun – und sei es der fünfminütige Jogginglauf, das Selberkochen oder die gemeinsamen Ausflüge mit den Kindern –, dann merken auch sie, dass sie ein Stück weit wieder freier sind. Darum geht es letztendlich: Eine ganz bewusste Befreiung von falschen Wünschen, überflüssigen Besitztümern und der täglichen Not, immer nur funktionieren zu müssen.

Und auch die Entscheidungsfreiheit zurückzubekommen über das, was man kauft. Ein nicht zu unterschätzender Punkt, denn Wagner hat recht, wenn er darauf hinweist, dass Fastfood und Fertigprodukte aus dem Supermarkt nicht nur ungesund sind, sondern auch vergleichsweise viel Geld verschlingen. Wer das weiß, merkt schnell, dass er mit einem bewussteren Einkaufen nicht nur spart, sondern auch deutlich gesünder isst. Und damit verlässt er ebenfalls das Mahlwerk einer irrelaufenden Konsumgesellschaft, die regelrecht darauf baut, dass die Konsumenten nicht nachdenken und auch nicht nachrechnen, sondern ihr Geld geradezu blind und gedankenlos ausgeben, um eine Maschine am Laufen zu halten, die auch unser Leben zerfrisst und entwertet.

Das ist die kleine, aber nicht überlesbare Botschaft hinter dem Buch, das scheinbar nur die Besserverdienenden anspricht, im Kern aber uns alle meint und unserer Bewusstwerden dessen, was uns in diesem Leben wirklich wichtig ist.

Florian Wagner Rente mit 40, Econ Verlag, Berlin 2019, 14,99 Euro.

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Es gibt 3 Kommentare

“Es ist ein großer Unterschied, ob ich mich bewußt entscheide, etwas nicht zu kaufen, obwohl ich es kann, oder es nicht kaufen zu können, weil das Geld nicht reicht.”

Das eine schließt das andere nicht aus, ganz im Gegenteil. Man kann sich auch bewusst gegen unnötigen Konsum entscheiden, selbst wenn man das Geld dafür eh nicht hätte. Das Ergebnis ist dasselbe, nur das Gefühl ist um einiges besser. Wenn ich etwas aus Überzeugung nicht kaufe fühlt sich das nun mal besser an, als wenn ichs kaufen würde wenn ich könnte, aber halt nicht kann.

Ich gehöre auch nicht zu den Wohlhabenden dieser Welt, werde aber auch nicht nur des Geldes wegen mein Leben in ungeliebten Jobs verbringen. Ich bin Überzeugungstäter, auch wenn ich vieles wohl eh nicht kaufen könnte wenn ich wollte. Und je mehr ich mich damit beschäftige, umso mehr widert mich dieses System einer Wegwerfgesellschaft an. Wenn ich etwas brauche gucke ich erst mal in Umsonstläden oder guck nach Gebrauchtem. Und Foodsharing ist auch eine tolle Sache.

Ich find die Reihenfolge eh falsch: Man sucht sich eine Arbeit bei der man möglichst viel verdient, um viel ausgeben zu können, selbst wenn man dann den Großteil des Tages irgendwo verbringt, wo man nicht sein will. Ich such mir lieber ein Leben, in dem ich möglichst wenig “arbeiten” muss. Was nicht bedeutet, dass ich nichts tun will, ganz im Gegenteil. Wenn man einen Job findet den man liebt, ist das keine Arbeit mehr. Selbst wenns den ganze Tag lang irgendwie nur um diesen Job geht. Dann spielt Geld auch keine so große Rolle mehr, solangs zum Leben reicht.

Da ist das Stichwort Minimalismus schon ganz gut, je vollgestopfter die Wohnung ist um so beengter wird das Lebensgefühl. Das merkt man irgendwie erst wenn mans schafft, sich von diesem unnützen Kram zu trennen, man fühlt sich tatsächlich befreiter.

Und: Es ist ein großer Unterschied, ob ich mich bewußt entscheide, etwas nicht zu kaufen, obwohl ich es kann, oder es nicht kaufen zu können, weil das Geld nicht reicht.
Dazu kommt noch, warum es nicht reicht: Wenn ich trotz viel Arbeit wenig verdiene wird es schwer, dem Frugalen positive Seiten abzugewinnen.
Obwohl ich den Minimalismus gut finde, kommt mir dieser Ansatz fragwürdig vor.

Hmmm, da ist wohl doch “Jeder seines eigenes Glückes Schmied”.
Klingt einfach für mich alles sehr egoistisch.
Wenn jeder sich um sich kümmert, ist allen geholfen –
außer denen, die sich finanziell nicht um sich selbst kümmern können,
aber die können ja Strom sparen und sich im Winter was warmes anziehen anstatt zu heizen,
was soll’s.

Irgendwie hat das alles eben nichts mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu tun,
was ja als erstes einmal ein menschenwürdiges Leben aller sichert
und das unabhängig von irgendeiner, in Geld gemessenen, zu erbringenden ‘Leistung’.

Wo kommt denn die 5% Rendite her?
Von Menschen, die ihr Einkommen für die dafür anzusetzenden Mieteinnahmen ‘erwirtschaften’ müssen.
Und denen Sparsamkeit zu empfehlen, halte ich für .. mindestens anmaßend.

Ansonsten geht es bei diesem ‘passiven’ Einkommen, das in der Gegenwart, wie auch immer,
für irgendeine ferne Zukunft angespart,
also bis dahin irgendwelchen ‘Anlage-Gesellschaften’ zur Verfügung gestellt wird,
um eine ‘Wette’ auf die Zukunft.
Wer kommt denn dann dafür auf, wenn das schief geht?

Auf ‘Staatskosten’ studieren, Steuern minimieren, billig einkaufen,
anders wird man wohl nicht zu solchen Summen kommen,
wenn man nichts geerbt hat.
Und ‘normale’ Gehälter sind so bemessen, dass man davon in der Gegenwart leben können sollte.
(Das mit den solidarischen Renten-usw.-Versicherungen lasse ich hier mal weg.)

Jede Tarif-Verhandlung bemisst sich ja irgendwie an den Lebenshaltungskosten,
da jetzt einen spekulativen Vermögensaufbau von so 400.000 € (also falls man auch noch Kinder und Familie will) in 15 Jahren einzupreisen,
die Finanzwirtschaft wird’s freuen.

Aber der Beweis, dass das funktioniert, wird ja dann wohl sein,
wenn man auf dem ‘übervollen’ Ratgeber-Markt zum Thema,
ein weiteres Buch verkaufen kann, vermutlich ^^

Nichts gegen einen sparsamen, schonenden Umgang mit Ressourcen
und der Erkenntnis, seinen ‘sozialen’ Status nicht über Konsum abbilden zu müssen,
aber das ist wohl eher ein gesamtgesellschaftliches Wahrnehmungsproblem.

Aber hier wird sich das ‘Glück’ der eigenen finanziellen Freiheit,
anstatt mit konsumiertem mit investiertem ‘Geld’ erkauft.

Nur mal so laut gedacht..

Hier gäbe es z.B. auch eine Gegenmeinung, mit Einordnung:
(erscheint bei Google nicht in den ersten Suchergebnissen)
https://www.gerd-kommer-invest.de/finanzielle-freiheit-fragezeichen/

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