Es geht nun auch beim Wetter stürmisch und feucht in Richtung Advent. Man stolpert über die Weihnachtssüßigkeiten in den Supermärkten. Die Abende werden dunkel. Da denkt man tatsächlich so langsam daran: Was stellt man nun an in diesen Zeiten, da einen alles zum Innehalten zwingt? Da macht es sich gut, wen man ein schönes Regal voller Weihnachtsbücher hat.
Es gibt ja schon mehrere davon. Und es erscheinen auch immer wieder neue, was damit zu tun hat, dass dieses Thema immer wieder auch Autorinnen und Autoren bewegt, sich damit phantasievoll zu beschäftigen. Und den Zauber dieser Zeit zu finden. Denn irgendeinen Zauber hat das Ganze ja – mal von den Fressereien abgesehen. Liegt es am Licht?
An den Lichtern in den Fenstern? Die Stimmung, die da so langsam aufkommt und selbst Leuten, die sonst nie in die Kirche gehen, den Gedanken eingibt, jetzt vielleicht doch mal an Weihnachtsoratorium und Krippenspiel zu denken, ist spürbar. Zumindest, wenn man drauf achten kann.
Einige Geschichten aus diesem von Thomas Begrich herausgegebenen Band kennt man als emsiger Weihnachtsgeschichten-Leser schon. Sie sind so eindrucksvoll, dass sie immer wieder aufgegriffen werden – so wie Friedrich Wolfs „Weihnachtsgans Auguste“ oder „Der Tannenbaum“ von Hans Christian Andersen. Sie beleuchten Aspekte am Rand dieses Festes, die einen auch dann berühren, wenn man sonst eher ein ungläubiger Thomas ist.
Das Weihnachtsfest bedeutet augenscheinlich mehr als die Weihnachtsgeschichte, auch wenn diese in dieser Auswahl eine besondere Rolle spielt. Denn Begrich hat gleich mehrere literarische Annährungen an das, was zu jener Geburt in einem Stall in Bethlehem in der Bibel steht, versammelt. Mit unterschiedlichen Helden, aber alle mit diesem kindlichen Verzaubertsein, mit dem ja das Neue Testament immer wieder spielt: Wer erkennt denn nun, ob ein Engel im Raum ist? Oder ein Knabe, der sogar schon Ochs und Esel verzaubert?
Weihnachten ist ja so ein heimliches Fest, ein Fest, an dem selbst die üblichen Stressmacher auf einmal handzahm werden wie Ebeneezer Scrooge nach dem Besuch des dritten Geistes der Weihnacht. Diese Geschichte freilich ist diesmal nicht dabei. Aber die Botschaft wohl. Sie steckt ja auch schon in all den Bibelstellen, die sich direkt und indirekt mit der Geburt Christi beschäftigen und in dem Kind die große Hoffnung und Erwartung sehen.
Oder wie es Begrich beschreibt: „Denn Weihnachten will uns deutlich machen, dass Gott es mit uns und mit unserer Welt eben gut ausgehen lassen will!“
Der Mensch steckt voller Hoffnung. Auch so kann man die Geschichte lesen: Wenn man sich nur bemüht, wird alles wieder gut. Und in dieser einzigartigen Zeit im Jahr darf man ganz fest dran glauben. Wobei man dazu wohl lieber den Fernseher in den Keller sperrt und darauf verzichtet zu erfahren, wer alles in dieser Welt zu dieser Zeit unbedingt einen Krieg anfangen muss.
Das Buch hilft. Es bringt die grundlegenden Texte aus der Bibel – für alle, die nicht wissen, wo das alles steht. Es steht meist auch ein bisschen anders da, als es für gewöhnlich erzählt wird. Die Geschichte verändert sich ja mit jeder neuen Version in Buch und Film. Und in der Realität sowieso, für die Thomas Begrich selbst ein Beispiel aus seiner Zeit als Bausoldat liefert – es wird einem schon klamm und grau beim Lesen.
Aber wenn es um Weihnachten geht, finden sich auch auf der plitscheplatschenassen Insel Rügen freundliche Helfer, die wenigstens ein richtiges Weihnachtsessen ermöglichen. Und wenn dann auch noch ein klarer Sternenhimmel dazukommt, ist zumindest für diesen Moment alles wieder groß und gut. Und das Kribbeln wird wieder spürbar, das ja irgendwie immer in dieser Weihnachtsgeschichte steckt, weil es in diesen stillen Nächten ja meist tatsächlich still ist und auch die größten Krachmacher einmal Ruhe geben, sodass man das große Atmen der Welt wieder hört. Und die Majestät der Welt wieder wahrnimmt – wenn man die Augen öffnet und das Herz.
Das funktioniert immer noch. Und deshalb gibt es auch viele Kurzgeschichten zur heutigen Weihnacht und wie es Menschen trotzdem schaffen, in dieser Zeit wirklich wieder Menschen zu sein. Menschen, die fähig sind, das Selbstverständliche zu tun – so wie in Rafik Schamis Geschichte „Die Geburt“. Womit auch das Thema der Fremden aufgenommen ist. Denn was nützt es, in der Bibel bewandert zu sein, wenn man trotzdem nicht fähig ist, Menschen zu respektieren und Gutes zu tun? Denn es kommt ja nicht aufs Scheinen an, sondern aufs Tun.
Und da das alles kurze Texte sind, passt dieses Buch natürlich prima zwischen all die anderen Weihnachtsbücher. Man kann es herausholen und sich das eine oder andere gegenseitig vorlesen. Und manche Geschichten sind wirklich so, dass man dabei richtig heimelig und besinnlich wird. Was man ja sonst so selten wird. Und für die, die dann gern noch gemeinsam singen, stehen dann auch noch versammelt die Texte bekannter Weihnachtslieder zum Ausklingen im Buch.
Thomas Begrich Das schönste Geschenk, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2018, 15 Euro.
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