Jüngst haben wir hier die Schwarwel-Versionen des Überlebens in der Vorweihnachtszeit vorgestellt. Es gibt auch die Steffen-Mohr-Version, die jetzt im St. Benno Verlag erschien: als Adventskalender für Krimifreunde.

Und zwar für solche des klassischen Sherlock-Holmes-Krimis, die gern mitfiebern bei der Lösung eines Falls und sich für die Knobelaufgabe in den Detektivgeschichten besonders interessieren. Und der Kommissar Gustav Merks, den sich Steffen Mohr geschaffen hat, ist eher der Sherlock-Holmes-Typ, dabei nicht ganz so englisch-unterkühlt wie das große Vorbild, eher ein kleiner grimmiger Typ, der sich richtig festbeißt, wenn ihm ein Fall unterkommt. Das kann auch im Urlaub, nach Feierabend oder am Wochenende sein. Denn anders als die meisten anderen Kommissare und Kommissarinnen aus Leipziger Krimis hat er nicht diese ewigen Sorgen um Feierabend und Überstunden.

Was auch daran liegt, dass er erklärter Eigenbrötler und Single ist. Was ihn nicht daran hindert, allerlei Freunde und Freundinnen zu haben. Aber wenn er auch nur die Nähe eines ungeklärten Vorkommnisses kommt, steht er bei Fuß, beschaut sich den Tatort und die Helden der Geschichte und im Nullkommanichts präsentiert er die Lösung. Denn in seiner Welt ist alles Logik. Und das Holmessche Ausschlussverfahren beherrscht er im Effeff.

Die 24 kleinen Geschichten, die Steffen Mohr jetzt für diesen Band gesammelt hat, sind alle in den vergangenen Jahren in diversen Wochenzeitungen erschienen. Es sind im Grunde Rätselkrimis fürs Wochenendfrühstück – kurz und knackig erzählt, die nötige Stelle zum Aufpassen nicht vergessen, und dann nicht die Auflösung, sondern die Frage. Der Leser soll selbst herausbekommen, wer nun der Täter gewesen sein könnte.

Manchmal sind es kleine Rechenaufgaben (die man freilich dem ein oder anderen kriminellen Akteur in dieser Art gar nicht zutraut – ein Mathe-As und trotzdem kriminell? Das geht irgendwie nicht zusammen) in der Regel aber sind es simple Fragen des nüchternen Menschenverstandes. Letzterer hat es ja schwer heutzutage, da sich eine Menge Leute mit viel Geld bemühen, Unlogik als moderne politische Diskussionsbasis anzupreisen und dabei auch noch frech wie Atze aus dem Anzug schauen. Grund genug, ihm wieder zu seinem Recht zu verhelfen und den Aufklärer wieder an die Position zu rücken, an die er gehört – die leicht erhöhte, aus der sich in die dunklen Winkel eines Falles leuchten lässt und – siehe da – man entdeckt die miserabel verwischten Spuren der Ganoven oder ertappt sie beim Flunkern und Lügen.

Leute, die ihm mit Unlogik kommen, mag dieser Merks überhaupt nicht. Und er gehört auch nicht zu den modernen Roman-Kommissaren, die an der Gemeinheit der Welt verzweifeln. Denn er kennt seine Schäfchen und weiß, dass es die Bösewichter auch heute gibt. Daran hat sich ja nichts geändert, auch nicht durch all die dusseligen Medienkampagnen, die Polizei oder Politik die Schuld daran geben, wenn wieder mal emsig geklaut, betrogen, gemaust, geneppt, eingebrochen, ausgebrochen, gemordet und geplündert wird. Es gilt nach wie vor: Das Böse ist immer und überall, tarnt sich mit biederer Miene, spielt den braven Geschäftsmann oder gibt sich geläutert – als Weihnachtsmann beispielsweise. Denn warum sollten ausgerechnet Ganoven in der Adventszeit aufhören, ihren krummen Geschäften nachzugehen?

Himmlisch wird’s freilich nicht, auch wenn es der Titel verspricht, eher irdisch. Und im Grunde geht es alleweil – bei den Braven und bei den Gewieften – um schnöden Mammon, das verlockende Geld, das die einen haben und die anderen brauchen. Und wenn’s einer ganz dringend braucht, lässt er sich schon was einfallen dazu, meist nicht genug, denn Merks merkt’s ziemlich bald, wo der Fehler steckt, zeigt mit dem Finger drauf oder überlässt einfach anderen, jetzt mal den ganzen Abwasch zu machen (Gauner festnehmen, verhören, in die Mangel nehmen, Kadi vorführen usw.). Ist ja wohl nicht mehr so schwer, wenn die Lösung so offenkundig ist.

Ist sie es?

Ganz und gar wollte sich auch Steffen Mohr nicht darauf verlassen, dass die Leser alle Spuren finden oder dieselben Gedankengänge drauf haben wie sein Kommissar. Deswegen gibt es die Lösungen hinten im Buch. Ein paar wurden freilich vertauscht. Das war dann wohl die kleine Zugabe für alle, denen 24 Rätselkrimis in der Vorweihnachtszeit viel zu wenig sind. Aber wozu hat man seine gesammelten Sherlock-Holmes-Erzählungen im Regal? Liest man die eben noch einmal gemütlich unterm Weihnachtsbaum, während draußen auf der Straße das Blaulicht flackert, weil bei Müllers ein diebischer Weihnachtsmann war und bei Meiers die Geschenke verschwunden sind und der Weihnachtsmann bei Kunzes ein bisschen betrunken war nach der elften Bescherung und den falschen Sack abgeliefert hat. Oja, das Fest kommt wieder mit aller Macht. Und Merks und Kollegen bekommen wieder richtig viel Arbeit.

Nur eins darf der emsige Kommissar nicht: Die über 100 Weihnachtsmänner aus Geschichte Nr. 1 kurzerhand mal hinter Schloss und Riegel bringen, damit sie gar nicht erst Unheil anrichten. Weihnachten könnte tatsächlich so friedlich sein …

Steffen Mohr 24 himmlische Rätselkrimis, St. Benno Verlag, Leipzig 2015, 7,95 Euro.

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