Da sind die beiden wohl einfach über den Flur gelaufen: Moni Port und Jörg Mühle, beide Mitglied der Labor Ateliergemeinschaft. Das ist eine Gemeinschaft von freiberuflichen Grafikdesignerinnen, Gestalterinnen, Illustratorinnen und Illustratoren in Frankfurt am Main, zu Hause in einer ehemaligen Zahnarztpraxis. Wahrscheinlich genau der richtige Raum, um auf richtig kindische Ideen zu kommen. Wie nun auf diese.
Moni Port kennen die Freunde des Klett Kinderbuch Verlages schon von ihren Monster-Geschichten. Zur Buchmesse hat sie gerade die Fortsetzung von “Es gibt keine Kinder” vorgelegt: “Ein neuer Freund!” Parallel aber war sie wohl in so einer richtigen Quatschstimmung. Wobei man nur vermuten kann, dass vielleicht doch echte Kinder dran beteiligt waren (auch wenn es ja keine gibt). Und echte Kinder sind unheimliche Quatschmacher. Nichts nehmen sie ernst. Und wenn sie erst einmal mitgekriegt haben, dass sich unsere schöne, strenge Sprache zu jeder Menge Quatsch eignet, dann geht’s los. Dann ist kein Abendbrot mehr sicher, keine Nachtruhe und keine gesunde Ernährung.
Nichts ist vor ihnen sicher. In jedem Substantiv lauert der Buchstabenhopser. Worte verwandeln sich und bekommen ein Eigenleben. Und das Ergebnis sind von Kichern und Gackern begleitete Ratestunden, verprusteter Kaffee und Eltern, die sich vor lauter Lachen und Heulen in Sicherheit bringen müssen, sonst platzen sie. Denn manchmal wird’s dann auch deftig. Muss es ja. Sonst macht’s ja keinen Spaß.
Was dabei herauskommt, hat Moni Port mal ein bisschen gesammelt. Wir können wirklich nur vermuten, dass dabei auch ein paar echte Kinder an einem echten gesunden Frühstückstisch eine Rolle spielten, denn es kommen allerlei Gemüse und Öbster drin vor, denen ein kleines, fröhliches Buchstabenmalheur passiert, und schon landen sie in Situationen, in denen man so ernsthafte Nahrungsbestandteile für gewöhnlich nicht erwartet. Wobei man sich einen Fruchtsalat auf der Flucht sehr gut vorstellen kann. Richtig bildhaft, samt kopfschüttelnder Eltern, schon zur Ermahnung erhobenem Zeigefinger und dann dem kessen Spruch von Kind Nr. 1 oder Nr. 3 (ist ja egal, wer gerade anfängt), das aus dem in Dallerei passiertem Malheur eine Heldengeschichte macht.
Und Respekt haben die Knirpse ja nicht. Muss man das betonen? Wie sie mit all unseren erwachsenen Sitten und Anstandsregeln umgehen, wenn wir mal nicht dabei sind? Oder wie sie gar noch darüber reden, über so todernste Sachen wie das Sterben? Jawohl: “Was ist grün und liegt im Sarg?”
Da werden strenge Erwachsene ja schon bei der Frage blass. Was kommt da jetzt aus kessem Munde?
Keinen Respekt die Rasselbande.
Nicht vor Kopfsalat und Erdbeeren. Nicht vor Bratkartoffeln und auch nicht vor Gummibärchen. Es gibt eine Menge Gründe zu vermuten, dass hier die Untaten einer echten Kinderrasselbande vom Frühstückstisch der Ports aufgezeichnet sind. Eingesammelt von einer Mama, die genau weiß, was für ein unsterblich schönes Material das ist, wenn man’s nur festhalten kann. Emsige Eltern wissen ja, wie schwer das ist. Da nimmt man sich vor, alles, aber auch alles, was die kleinen Biester vom ersten Tag, an dem sie sprechen können, an witzigen Verrücktheiten von sich geben, aufzuschreiben.
Und dann kommt man doch nicht dazu. Weil man keinen Stift zur Hand hat. Oder gerade mal wieder alles aufwischen muss. Oder das Essen anbrennt. Oder die Nachbarn Sturm klingeln: “Was ist bei Ihnen wieder los?!” Oder. Oder.
So geht bergeweise kindliche Sprachlust und kindische Genialität verloren. Auf Immer und Ewig. Weil’s keiner aufgeschrieben hat. Und das, was man sich vielleicht grad noch gemerkt hat, ist am nächsten Tag weg. Vergessen. Untergegangen in neuen Tohuwabohus.
Die Rätselwitze in diesem Büchlein stammen dann schon aus einer etwas späteren Phase, in der die Knirpse schon sehr genau wissen, wie Worte funktionieren und was man mit ihnen anstellen kann. Wie sie sich verwandeln, wenn man nur ein, zwei Buchstaben austauscht. Und schon werden völlig verrückte, zumeist aber richtig liebenswerte Geschöpfe daraus, auf die man natürlich nur kommt, wenn man ein bisschen in Übung ist. Bildhaft sind die neuen Kreaturen natürlich auch. Anders ist das bei echten Kindern ja auch nicht zu erwarten. Wenn man sich was Neues ausdenkt, muss es auch Hand und Fuß haben oder die Möglichkeit, Dinge zu tun, die anständige Kinder natürlich niemals tun würden.
Aber wahrscheinlich ist Moni Port, die ja selbst begabte Grafikerin ist, vor lauter Lachen nicht zum Zeichnen gekommen, und hat deswegen Jörg Mühle aus dem ehemaligen Behandlungszimmer der Arztpraxis gebeten, die Rätsel zu illustrieren. Entstanden sind eigene liebevolle Illustrationen, die jetzt die kleinen Rätsel auf jeder Doppelseite bebildern. So haben auch Kinder, die noch nicht lesen können, eine Chance, eine Lösung zu finden und mit wildem Kichern unter den Tisch zu rutschen und dieses herrliche Lachen zu genießen, das die meisten nur als Kind kennen gelernt haben: wenn der Bauch wackelt, die Augen tränen und schon der Gedanke an das Lösungswort ausreicht, die nächsten Lachkrämpfe auszulösen. Bis Kind nicht mehr kann. Oder Oma. Oder Papa auf allen Vieren in sein Arbeitszimmer flüchten muss. Bevor die Nachbarn wieder empört vor der Wohnungstür stehen: “Was ist bei Ihnen wieder los?!”
Leute, kriegt Kinder und lernt wieder Lachen.
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