Sind Politiker weise? Sollten sie es sein? Gerade wenn es um den Erhalt der Demokratie geht? Aus welchen Tiefen kommt eigentlich Peer Steinbrücks verzweifeltes Verdikt über zwei italienische Polit-Clowns? So verzweifelt, dass sich selbst der Chef des Zirkus Roncalli gegen den Missbrauch des Wortes Clown wehrt? - Da passt eine Biografie über einen der berühmtesten Politiker der Antike, die die Leipziger Historikerin Charlotte Schubert jetzt vorgelegt hat.
In der Antike galt er als politischer Reformer, Begründer der attischen Demokratie. Heute sind seine Verdienste um demokratische Entwicklungen umstritten. Die Rede ist von Solon, einem der “Sieben Weisen” Griechenlands. In ihrer neuen Solon-Biographie beleuchtet die Historikerin Charlotte Schubert auch seine künstlerische Ader und seine Alltagsklugheit.
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“Er wird noch immer unterschätzt, ebenso wie das Thema Weisheit, das man unbedingt betrachten sollte bei der Einordnung politischer Reformen und Akteure”, sagt die Professorin für Alte Geschichte an der Universität Leipzig. Eine Kostprobe aus Solons Sprüche-Schatz: “Wahre deine Anständigkeit treuer als deinen Eid.”
Geschichtsstudenten lernen Solon mit diesem Buch als Politiker kennen.
“Aber politische Reformer gab es in der Antike zuhauf”, sagt Charlotte Schubert. “Mir war es wichtig, eine weitere Perspektive zu eröffnen, gerade auch in der Einführungsliteratur für Studierende. Schließlich haben wir es hier mit einem Politiker zu tun, dessen künstlerische Ader ebenso wie seine Rolle als Ratgeber unbedingt Beachtung finden sollten.Solon, der im sechsten Jahrhundert vor Christus lebte, sei nicht einfach ein Berufspolitiker gewesen. Wobei man die ihm zugeschriebenen Aussprüche zum Teil als Rat an Berufspolitiker verstehen könnte. Zum Beispiel: “Rate nicht das Angenehmste, sondern das Beste den Bürgern.” Oder: “Nichts im Übermaß.”
Auch der Besuch auf dem Wikipedia-Artikel zu Solon zeigt einen Mann, der das Geschäft kannte. Und die Gefahren, in die sich einer begibt, wenn er in die Politik geht.
“Wahre deine Anständigkeit treuer als deinen Eid”, zitiert ihn Demetrios von Phaleron. Aber man darf auch nicht vergessen, dass er ein Politiker des Übergangs war. Die antike griechische Demokratie war auch eine große Experimentierküche – und Solon gelang es augenscheinlich für kurze Zeit, einen Ausgleich zwischen dem bislang allein herrschenden Adel und der Bevölkerungsmehrheit herzustellen – Sklaven natürlich ausgeschlossen. Und wenn sich jetzt einer wie Robert Harris daran machte, auch über Solon einen modernen Polit-Thriller zu schreiben, wie er es schon über Cicero tat, dann würde wohl auch so mancher heute so Politverdrossene erstaunt sein, wie alt so Manches ist, was wir als Entartung der modernen Demokratie empfinden.
Und dieser alte Solon-Spruch ist heute so zutreffend wie vor 2.500 Jahren: “Die Gesetze gleichen den Spinnweben: Kleine werden gefangen, Große zerreißen sie.”
Solon
Charlotte Schubert, UTB Verlag 2012, 12,99 Euro
Zumindest wusste der Mann genau, dass man mit viel Geld auf dem Konto auch in der Demokratie ein paar mehr Rechte in Anspruch nehmen kann als der gewöhnliche Mann. Er stammte ja selbst aus einer adligen Familie und hegte durchaus ein tiefes Misstrauen gegen das Volk: “So viel Teil an der Macht, als genug ist, gab ich dem Volke, / nahm an Berechtigung ihm nichts, noch gewährt’ ich zu viel.”
Man sieht: Auch das Elite-Denken ist so jung nicht, wie einige heute tun. Wieder ein Büchlein, aus dem man was lernen kann.
www.utb-shop.de/autoren/schubert-charlotte/solon-2.html
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