Die Welt ist voller Texte. Nicht nur journalistischer oder literarischer. Es gibt eine große weite Welt der Texte, mit denen Leute schlicht etwas verkaufen wollen. Das geht kurz und knackig mit Werbesprüchen. Das geht aber auch hektoliterweise mit Broschüren, Flyern, Werbebriefen, Newslettern, Online-Präsentationen, Pressemitteilungen ... Aber wer textet das alles? Im besten Fall Leute, die es können. Für die hat Patricia Appel ihr Buch verfasst.

Es ist ein Ratgeber, ein “Handbuch für Texter, Werbetexter, Autoren, Unternehmer und Marketingverantwortliche”, ein Buch über das, was die Berliner Onlineredakteurin, Werbetexterin und Autorin selber tut. Es ist ihr Arbeitsfeld, mit dem sie sich nach eigener Aussage seit über 20 Jahren beschäftigt. Da sammelt man Erfahrungen, vor allem mit den Dingen, ohne die eine Arbeit nicht funktionieren kann. Zuallererst mit dem Geld, diesem seltsamen Vehikel, mit dem man normalerweise Leistung honoriert.

Böses Wort. Das klingt ja wie abgeschafft, seit moderne Fixdenker selbst in höchsten Ämtern behaupten, man könne die Wirtschaft dadurch ankurbeln, dass man die Honorierungen senke. Aber jeder, der das Wagnis Freiberufler eingegangen ist, weiß, wohin das führt. Nicht nur zu Selbstausbeutung, sondern auch zu einer Abwärtsspirale, bei der auch Kreativität und Leistungsvermögen ratzfatz in den Keller rauschen. Und Patricia Appel kann das auf ihrem Feld jede Woche beobachten. Denn natürlich herrscht in einem Land, in dem jeder, der etwas verkaufen will, auch professionelle Texte braucht, ein harter Wettbewerb um die Aufträge. Von beiden Seiten. Die einen wollen möglichst viele lukrative Aufträge, die anderen wollen möglichst viel Leistung. Manche für möglichst wenig Geld.Und so gibt es nicht nur alle möglichen Leute, die ihre Textarbeit anbieten – manche für so wenig Geld, dass sie entweder noch einen anderen Job haben, mit dem sie die Miete bezahlen, oder eine wohlwollende Unterstützung von der Arbeitsagentur. Denn in manchen Bereichen ist auch hier das Preisniveau so heruntergespielt, dass die Anbieter am Monatsende maximal 400 oder 800 Euro erlösen, auch wenn sie täglich zwölf Stunden Texte produzieren.

Aber auch auf diesem Markt gilt – und Patricia Appel wiederholt es oft genug: Weniger ist mehr. Und wirklich Erfolg hat man nur mit Qualität. Und – was einige Leute auch gern vergessen: Qualität hat ihren Preis. Und wenn er so liegt, dass eine gut beauftragte Texterin davon auch gut leben kann, ist er nur fair.

Und wer sich selbst managen muss, der lernt auch die Fährnisse des Marktes kennen. Der muss auch lernen, sich selbst zu vermarkten. Wer selbst nicht professionell für sich wirbt, wird auch keine professionellen Aufträge bekommen. Was nicht heißt, es müsse teuer sein. Das raten einem nur schlechte Berater. Aber gut muss es sein und seriös. Patricia Appel erklärt recht genau, worum es geht. Wie es geht, das muss jeder für sich herausfinden. Denn auch das Milieu der Texter lebt von der persönlichen Handschrift und möglicherweise auch von der Spezialisierung. Das gilt auch für die Bereiche, die zum Kernarbeitsfeld von Patricia Appel gehören.

Und sie lässt das eigentlich Wichtige nicht aus: den Kunden. Den Einheits-Kunden gibt es sowieso nicht. Aber wie komplex das Feld dieser Menschentypen sein kann, fasst die Autorin in ein paar sehr eingängige Kategorien – vom Traumkunden über den Schmarotzer bis zum Kreativen. Wer damit nicht umgehen und die Typen zu unterscheiden lernt, kommt aus den persönlichen und finanziellen Problemen nicht heraus. Manche Kunden sind pflegeleicht – vor allem, weil sie wissen, was sie wollen, und weil sie die Leistung, die sie kaufen, zu schätzen wissen. Andere sind schwieriger im Umgang – aber oft genügt ein bewusst professioneller Umgang mit ihrer Kritik, und das Miteinander kann durchaus erfolgreich sein. Und dann gibt es die Typen, auf die man in jedem Geschäftsfeld trifft: die Leute, die Leistungen ohne Gegenleistung haben wollen, die die Arbeit der Freien verachten, sich einfach aneignen und dann auch noch behaupten, sie hätten alles selbst gemacht.

Es gibt diese Kunden, die eigentlich keine Kunden sind. Auch als freier Kreativer muss man schnell lernen, sie zu meiden. Sie schaffen Ärger und Kosten und fressen wertvolle Zeit. – Es ist wirklich ein echtes Handbuch aus der Arbeit einer Textautorin, die ihre Erfahrungen gesammelt hat. Eigentlich sind es zwei Handbücher in einem – das eine hilft all jenen, die als freie Anbieter lernen wollen (oder müssen) wie man das Metier managt. Und das andere sind Ratschläge zur Professionalisierung der Text-Arbeit selbst.Bis hin zum Aufbau eines Newsletters und einer Pressemitteilung. Immerhin die Dinge, die auch in Zeitungsredaktionen ständig im E-Mail-Fach landen. Wobei es ganz bestimmt noch ein paar mehr Regeln gibt, nach denen Journalisten die Mail stantepede in den Papierkorb verschieben.

Den größten Teil des Buches widmet Patricia Appel ganz der Arbeit von Textern und Werbetextern. Nur 20 Seiten am Ende widmet sie dann auch noch den Autoren literarischer Texte. Und im Wesentlichen beschränkt sie sich auch hier auf die Geschäftsbeziehung des Autors zum Verlag. Wohl wissend, dass die Verlage geschwemmt werden mit Manuskripten, die niemand braucht und keiner wirklich lesen will.

Eigentlich fehlt tatsächlich mal – neben den 48 aktuell verfügbaren Büchern zum Thema “Wie werde ich Autor” – ein echter Ratgeber für all die vom Schreiben Besessenen. Motto: “Was brauche ich eigentlich, um je ein Autor werden zu können?”

Das verraten die meisten Ratgeber nämlich nicht. Dass man nicht einfach die Fabeln berühmter Bestseller kopieren darf, ist schon mal das erste Handicap, das Patricia Appel erwähnt. Sie hat mit dem Thema am Rand zu tun, denn bevor sich alle diese Begabten auf die Verlage werfen, suchen sie meist noch Hilfe, ihr Konvolut irgendwie in Form zu bringen, zu glätten und die schlimmsten rechtschreiblichen, grammatikalischen und stilistischen Fehler auszumerzen. Profi-Texter eben. Wenn sie Pech haben, geraten sie an den Falschen, der für 1 Cent je Wort dieselben Fehler macht.

Aber natürlich stimmt der Ratschlag: Die professionellen Grundlagen des Textens sollte auch ein belletristischer Autor beherrschen. Plus noch ein paar anderer Dinge, die auf diesen knappen 20 Seiten natürlich keinen Platz finden.

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Die Schotten sind schuld
Patricia Appel, Einbuch Buch- und Literaturverlag 2012, 14,90 Euro

Aber für all die, die mit Texten für Firmen, Websites, Mailings, Pressemitteilungen usw. ihr Brot verdienen wollen, ist das Buch voller wichtiger Basistipps. Und selbst den anderen – den Unternehmern, Marketingverantwortlichen und vielleicht auch mal ein paar Wirtschaftspolitikern – zeigt es anschaulich, dass auch die ach so kreativen Freien in erster Linie hart arbeitende (Selbst-)Unternehmer sind.

Und wer die Schotten sucht, findet sie diesmal nicht unter dem Stichwort Geizhals, sondern unter “Slogan”.

www.purtext.de

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