Seit Montag, 18. Mai, ist ja wieder Hochbetrieb an Leipziger Schulen. Nachdem vorher schon die Abschlussjahrgänge zurückkehrten, wurden diesmal die Grundschulen geöffnet. Mit einer heftigen Diskussion auch um die Frage, wie bei den vielen Kindern die Abstandsregeln eingehalten werden sollen. Besorgnisse gab es schon vorher. Denn was passiert eigentlich, wenn Lehrer/-innen oder Schüler positiv auf das Coronavirus getestet werden?

Oder allein schon, wenn der Verdacht auftaucht und die Betroffenen vorsichtshalber in Quarantäne müssen?

Immerhin ein Vorgang, der ja nicht wirklich vor aller Augen stattfindet. Manchmal sickert dann die Nachricht nur zu Schülern und Eltern durch und das Rätselraten beginnt: Was ist da los?

So erreichte auch uns die Frage betroffener Schüler: „Da wir Angst haben, uns selbst mit dem Virus zu infizieren und wir keine Hilfe bzw. Unterstützung vom Staat oder dem Gesundheitsamt bekommen und auf uns alleine gestellt sind, viele Schüler das hohe Risiko gar nicht mehr wirklich ernst nehmen, die Gesichtsmasken nicht immer tragen, den Sicherheitsabstand nicht immer einhalten und sich so sogar vor der Schule mit Handschlag begrüßen und die Schule nichts dagegen unternimmt, keine Desinfektionsmittel in den Eingangsbereichen, Gängen und WCs hat und den aktuellen Coronafall sogar teilweise unter den Tisch kehrt, wollen wir uns mit dem Zeitungsartikel Gehör verschaffen, damit sich endlich etwas ändert, denn so kann und darf es in Zukunft einfach nicht mehr weitergehen, wenn immer mehr Schüler die Schule besuchen. Denn das würde bedeuten, dass es zu weiteren Coronafällen kommen kann.“

Auch beim „Spiegel“ wunderte man sich über den sächsischen Sonderweg.

Aber für viele Eltern kam die Öffnung am Montag wie eine Erlösung. Auch wenn Unsicherheiten bleiben, ob Schulen dann nicht doch wieder zu einer Gefahrenquelle werden.

Sachsenweit habe man etwa zehn Fälle registriert, bei denen bislang Lehrkräfte wegen Corona zu Hause bleiben mussten, erzählt Roman Schulz, Sprecher des Landesamtes für Schule und Bildung (Lasub). Dabei greife ein abgesprochenes Regime: Betroffene, die Symptome aufweisen oder in Kontakt mit Infizierten gekommen sind oder aus Risikogebieten zurückgekehrt sind, bleiben zu Hause, informieren die Schulleitung und bleiben auch erst einmal in Quarantäne, um von dieser Seite das Risiko für die Schule zu minimieren.

Die Meldung erfolge dann an das kommunale Gesundheitsamt.

Das Leipziger Gesundheitsamt fasst den Weg kurz zusammen, was getan wird, wenn sich der Verdachtsfall erhärtet: „Natürlich gibt es eine standardisierte Vorgehensweise bei positiven Coronafällen. Wenn das Gesundheitsamt eine Labormeldung über den positiven Befund erhält, dann startet unverzüglich die Ermittlung gemäß Infektionsschutzgesetz. Das Amt ist nach wie vor auch sonnabends und sonntags im Dienst, es gibt keinen Ermittlungsverzug. Alle Kontaktpersonen werden erfragt und kategorisiert, der Quarantänebescheid ausgestellt und sie werden über die Erkrankung beraten.“

Und dann gelte sowieso: „Laut Corona-Schutz-Verordnung und der Allgemeinverfügung dürfen ausschließlich Personen ohne COVID 19-verdächtige Symptome Betriebe, Einrichtungen, Schulen, … besuchen. Die Leiter der Einrichtungen sind für die Einhaltung aller Coronaregeln verantwortlich.“

Heißt im Klartext: Jeder, der den Verdacht hat, erkrankt zu sein, bleibt wirklich am besten selbst zu Hause, meldet es der Leitung der Schule oder des Unternehmens und nimmt am besten Kontakt zum Hausarzt auf, auch wenn sich das Ganze dann als normaler grippaler Effekt erweist. Und so ähnlich sind auch die Zettel gedacht, die die Grundschüler jeden Tag mit in die Schule bringen sollen, auf denen die Eltern bestätigen, dass das Kind keine Symptome aufweist.

Das appelliert an die Verantwortung der Eltern, betont Roman Schulz. Und selbst wenn es nur eine Bronchitis ist, sei es dann doch besser, dass das Kind zu Hause bleibt, um in der Schule Verunsicherungen zu vermeiden.

Denn natürlich sind jetzt (fast) alle sensibilisiert. Das wird ja auch in der Wortmeldung der Schüler deutlich, die in der vergangenen Woche mit so einem Corona-Verdachtsfall an einer Leipziger Schule zu tun hatten. Insgesamt gab es solche Vorgänge an drei Leipziger Schulen, bestätigt Schulz. „In allen drei Fällen sind die betroffenen Lehrkräfte zu Hause geblieben und haben sich bei der Schulleitung abgemeldet.“

Und was die Kinder betrifft, benennt auch Schulz die Gefahr, die durch das wochenlange Zuhausebleibenmüssen auch für die Kinder entstand. Denn thematisiert wurde ja fast nur die häusliche Gewalt gegen Frauen, die gerade in sowieso schon konfliktbeladenen Familien während der Corona-Ausgangsbeschränkungen zunahm. Aber auch die Gewalt gegen Kinder hat zugenommen, wie ein Bericht des „Spiegel“ über die Kinderschutzhotline deutlich machte.

Denn wenn sich die Konflikte gerade in beengten Wohnverhältnissen aufladen, sind Kinder dem Ausbruch elterlicher Gewalt schutzlos ausgeliefert. Das Ventil der täglichen Routinen fehlt.

Und natürlich empfanden auch viele Eltern die Schulöffnung wie eine Befreiung, die niemals ihre Kinder schlagen würden, die aber das „Homeschooling“ mit der Zeit als höchst belastend empfanden und durch die Kinderbetreuung auch daran gehindert wurden, wieder zur Arbeit zu fahren.

Die Schulpflicht für die Grundschulkinder wurde zwar am Wochenende wieder ausgesetzt. „Aber über 91 Prozent der Kinder sind dann am Montag doch zum Unterricht erschienen“, kann Roman Schulz melden. Die meisten Eltern vertrauen also darauf, dass das sächsische Modell funktioniert und die machbaren Schutzmaßnahmen ausreichen, um eine neue Infektionswelle zu verhindern. Und es ist auch ein spürbarer Schritt hin zurück zur Normalität, denn damit bekommen auch für die Kinder die Tage wieder eine Struktur.

„Natürlich werden wir jeden Tag beobachten, wie die Sache funktioniert“, sagt Schulz. „Wir haben das ja alle noch nicht erlebt.“ Andererseits seien die Infektionszahlen in Sachsen weiterhin niedrig und beträfen fast nirgendwo Kinder. Es könnte also auch eine Art Vorreiterrolle sein, die Sachsen hier einnimmt. Und auch andere Bundesländer beobachten genau, ob das Vorpreschen gutgeht. Da die Inkubationszeit immer zu berücksichtigen ist, könne man freilich frühestens in zwei Wochen sagen, ob der Schritt, die Grundschulen jetzt zu öffnen, der richtige war.

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