Eine im Fahrradgate beschuldigte Leipziger Polizistin konnte sich erfolgreich gegen einen Strafbefehl wehren, muss aber 7.700 Euro zahlen. Außerdem hat ein Dessauer Polizist vermutlich Einsätze illegal gefilmt und am hiesigen Amtsgericht wurde heute ein Klimaaktivist freigesprochen. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 26. Januar 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Fahrradgate: Leipziger Polizistin muss 7.700 Euro zahlen
Eine Leipziger Polizistin, die in das sogenannte „Fahrradgate“ verwickelt war, wurde gestern vom Amtsgericht Leipzig zu einer Zahlung von 7.700 Euro und zur Herausgabe eines Fahrrads verpflichtet. Das berichten mehrere Medien. Das Verfahren gegen sie wurde eingestellt, weshalb die Beamtin nun offiziell als nicht vorbestraft gilt.
Angeklagt war die Polizistin wegen Bestechung. Sie soll von der Polizeidirektion Leipzig beschlagnahmte Fahrräder zu einem vergleichsweise geringen Preis an Bekannte und Familienmitglieder verkauft haben.
Somit reiht sich auch dieses Verfahren in das Muster ein, dem viele weitere Fahrradgate-Prozesse bereits gefolgt sind: Sie wurden eingestellt, entweder aufgrund mangelnder Beweise oder gegen Erfüllung einer Geldauflage.
Demnächst startet am Leipziger Landgericht der Prozess gegen die Fahrradgate-Hauptbeschuldigte Anke S. Sie war der gestern freigesprochenen Beamtin in der Asservatenkammer der Leipziger Polizei vorgesetzt.
Polizist aus Dessau-Roßlau soll Einsätze heimlich gefilmt haben
Auf fast spektakuläre Art und Weise ist das mutmaßliche Fehlverhalten eines Polizisten der Polizeiinspektion Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) an die Öffentlichkeit gelangt. Im Dezember erreichte ein anonymes Päckchen die Redaktion der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) in Dessau. Darin ein Kugelschreiber, ein USB-Stick und ein Brief. Schnell ist klar: Auf einer Mini-SD-Karte, die in dem präparierten Kugelschreiber versteckt ist, sind illegale Aufnahmen mehrerer Polizeieinsätze gespeichert.
Der beziehungsweise die anonyme Absender/-in gibt an, den Kugelschreiber nahe des Dessauer Polizeireviers gefunden und später die winzige Kameralinse im Stift entdeckt zu haben.
Die Mitteldeutsche Zeitung konnte die Aufnahmen sichten, auf denen nach Angaben der Redaktion sensible Aufnahmen von Einsätzen zu sehen sind – inklusive unverpixelter Gesichter, Kennzeichen und hörbarer Namen und Telefonnummern. Beispielsweise wurde die Personenkontrolle eines Mannes gefilmt, der im Obdachlosenheim wohnt. Ein Clip zeigt eine aufgelöste Frau an ihrer Wohnungstür, die den Beamten fast zehn Minuten lang von ihren Problemen erzählt, nachdem diese wegen des Verdachts auf häusliche Gewalt in ihren Wohnkomplex gerufen wurden.
Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt
Nachdem die MZ die Polizei auf den Fall aufmerksam gemacht hatte, hat die Staatsanwaltschaft nun Anzeige gegen Unbekannt erhoben. Es bestehe der Verdacht einer Straftat.
Laut den Schilderungen der MZ ist der Polizist, der die Aufnahmen mutmaßlich heimlich während seiner Dienstzeit machte, auf den Clips gut zu hören, in einigen Videos auch seine Kollegen. Dementsprechend – und, da Einsätze dokumentiert werden müssen – dürfte der Beamte eindeutig zuzuordnen sein. Sollte der Beamte identifiziert werden, droht ihm nicht nur ein Disziplinarverfahren, sondern auch ein Strafverfahren.
Deutsche Polizist/-innen dürfen Einsätze nur mit sogenannten Bodycams filmen. In Privatwohnungen dürfen diese aber nicht zum Einsatz kommen. Außerdem unterliegt das Bild- und Tonmaterial strengen Richtlinien und darf nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
Die Polizeiinspektion Dessau-Roßlau steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Im Januar 2005 verbrannte der Sierra-Leoner Oury Jalloh dort in einer Gewahrsamszelle, woran kürzlich wieder erinnert worden war. Die teilweise durch Gutachten belegten Umstände seines Todes zeigen nach Ansicht von Kritikern Indizien für eine (Mit)schuld der Polizist/-innen am qualvollen Tod des Asylbewerbers.
2021 wurde bekannt, dass eine Polizistin der Polizeiinspektion Dessau-Roßlau Liebesbriefe an den inhaftierten Rechtsextremisten Stephan B. – den rechtsterroristischen Attentäter von Halle, der 2019 zwei Menschen erschoss und viele weitere verletzte – geschrieben hatte.
Klimaaktivist am Amtsgericht freigesprochen
Ein 23-jähriger Klimaaktivist wurde heute am Leipziger Amtsgericht freigesprochen. Er soll nach der DHL-Blockade vom Juli 2021 und der anschließenden Festnahme einen linksgerichteten Slogan auf Spanisch in die Holzliege der Zelle des zentralen Polizeigewahrsams geritzt haben.
Aus Sicht sowohl von Staatsanwältin Jana Kalex als auch Verteidigerin Rita Belter war am Ende des zweitägigen Prozesses wegen Sachbeschädigung kein Tatnachweis möglich, unter anderem wegen fehlender Erinnerungen von Polizisten und Widersprüchen bei der Dokumentation der Zellenbelegung. Auch sei laut Verteidigung nie ein potenzielles Tatwerkzeug bei dem jungen Mann sichergestellt worden.
Plädoyers und Richterspruch wurden mit lautem Beifall der geschätzt 30 Unterstützer/-innen im Publikum quittiert, ebenso das ausführliche Schlusswort des Angeklagten, der Kritik an DHL sowie der polizeilichen Repression übte und auf die Dringlichkeit von Klimaschutz hinwies.
Vor dem Gericht hielten die Unterstützer/-innen des Angeklagten ein Plakat in die Höhe. Darauf zu lesen war der Schriftzug „Fürs Klima kämpfen ist kein Verbrechen“.
Corona-Isolationspflicht in Sachsen soll am 3. Februar aufgehoben werden
Worüber die LZ heute außerdem berichtet hat:
über eine Petition des Leipziger Ökolöwen, die das Verbot von Motorbooten auf dem Cospudener See fordert
über einen neuen Bebauungsplan für die Höfe am Brühl
Was heute noch wichtig war: Ab dem 3. Februar müssen sich Menschen in Sachsen, die positiv auf Corona getestet wurden, voraussichtlich nicht mehr isolieren. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) unterbreitete heute einen entsprechenden Vorschlag. Außerdem schlug Köpping dem Kabinett vor, Masken- und Testpflichten in Asylunterkünften, Obdachlosenheimen, im Maßregelvollzug und in Schutzeinrichtungen wie Frauenhäusern ebenfalls zum 3. Februar zu beenden.
Am Dienstag wird die sächsische Regierung darüber abschließend beraten.
Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus: Ausstellungseröffnung in Pirna-Sonnenstein
Was morgen passieren wird: Zum morgigen nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus wird an verschiedenen Stellen in Sachsen und Leipzig den Menschen gedacht, die im sogenannten „Dritten Reich“ von den Nazis und ihren Kollaborateur/-innen ausgegrenzt, verfolgt, inhaftiert, gefoltert und ermordet wurden.
In der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) wird morgen im Beisein von Opferangehörigen ein neugestalteter Ausstellungsraum eingeweiht. Mithilfe von Stelen werden dort die Biografien von 22 Menschen gezeigt, die in der NS-Tötungsanstalt ermordet wurden. In Pirna-Sonnenstein ließ die NS-Führung zwischen Juni 1940 und September 1941 knapp 15.000 Menschen in der dortigen Gaskammer ermorden.
„Die ausgestellten Lebenswege jener Menschen, die als vermeintlich Minderwertige im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, zeigen exemplarisch, welche drastischen Folgen die Umsetzung der auf rassischen, völkischen und antisemitischen Denkmustern fußende nationalsozialistische Ideologie hatte“, sagt Markus Pieper, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Weitere staatlich organisierte Gedenken finden morgen in der Gedenkstätte Bautzen, in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, am Erinnerungsort Torgau sowie in der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden statt.
Filmabend, Mahnwache, Podiumsdiskussion: Vielfältiges Gedenken in Leipzig
Und auch in Leipzig wird morgen der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Der Verband der Roma und Sinti in Sachsen beispielsweise ruft für morgen, 11 Uhr zu einem öffentlichen Gedenken am Mahnmal „Geschlagener“ am Schwanenteich (Park neben der Oper) auf. Und 18 Uhr findet eine Gedenkstunde am Denkmal der Deportierten (Gleis 24) im Hauptbahnhof statt.
Auch einige Fußballvereine beteiligen sich morgen am Gedenken: Der Rote Stern Leipzig lädt ab 19 Uhr zu einem kostenlosen Filmabend in den Fischladen (Dresdner Straße) ein. Gezeigt wird ein Dokumentarfilm über Fußball im KZ Theresienstadt. Und die BSG Chemie veranstaltet eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fußball als Plattform der Erinnerungskultur“.
Die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt wird ab 11:30 Uhr an der Gedenkstätte Abtnaundorf in der Theklaer Straße ausgerichtet. Angekündigt ist eine Rede von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), außerdem sollen Kränze niedergelegt werden. Das Ensemble der Karl Schubert Schule wird die Mahnwache musikalisch begleiten. Um 13 Uhr verlagert sich die Gedenkveranstaltung dann in die untere Wandelhalle des Neuen Rathauses, wo in die Ausstellung „Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand“ eingeführt werden soll.
Der Gedenktag am 27. Januar bezieht sich auf die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Seit 1996 ist der Gedenktag in der Bundesrepublik gesetzlich verankert und wird bundesweit begangen.
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