Einen Tag nach der großen Zahl an Kundgebungen und Versammlungen angesichts des traditionellen Maifeiertags hat die Grüne Jugend Chemnitz Kritik an der Polizei geübt: Am Chemnitzer Hauptbahnhof seien kaum Einsatzkräfte gewesen, als Rechtsextreme politische Gegner attackierten – ähnlich wie bei dem Angriff auf einen Zug in Glauchau. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, persönlich ins ukrainische Kriegsgebiet reisen zu wollen und in der Hafenstadt Mariupol ist die Situation über eine mögliche Evakuierung von Zivilisten unklar. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 2. Mai 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Angriffe am Maifeiertag: Grüne Jugend Chemnitz kritisiert Polizei
Überschattet vom Krieg in der Ukraine und erstmals seit 2019 ohne Corona-Beschränkungen konnte am gestrigen Sonntag wieder der traditionelle Maifeiertag begangen werden. Auch in Leipzig waren mehrere Demos angemeldet, die insgesamt friedlich verliefen – die Polizei zog zum Ende des Tages ein positives Fazit, die Aufzüge seien „ohne größere Zwischenfälle“ verlaufen.
Nicht so andernorts in Sachsen: Unter anderem attackierten am Vormittag im Glauchauer Bahnhof bis zu 40 Vermummte einen Zug mit Menschen, die zum Protest gegen die Rechtsextremisten vom „III. Weg“ nach Chemnitz unterwegs waren. Die Bundespolizei setzte die mutmaßlichen Angreifer später fest.
Faschos greifen in Glauchau den Zug an. #zw0105 pic.twitter.com/IV9sbrcfd5
— Techno (@161Techno1312) May 1, 2022
Sammy Geyer, Co-Sprecher der Grünen Jugend in Chemnitz, übte jedoch harsche Kritik an den Beamten, die sowohl in Glauchau als auch beim Eintreffen der Gegendemonstranten in Chemnitz viel zu spät reagiert und die Auseinandersetzungen heruntergespielt habe.
Auf dem Weg zur Demonstration gegen den 3.Weg kam es gestern im Zug zwischen Chemnitz und Zwickau zu mehreren gewalttätigen Angriffen von Neonazis. #z0105 (1/4) pic.twitter.com/uXLqYOGpu2
— GRÜNE JUGEND Chemnitz (@ChemnitzGj) May 2, 2022
Polizei ermittelt und weist Vorwürfe zurück
Die adressierte Polizei wies die Vorwürfe zurück: Es sei nicht möglich, jeden Haltepunkt zu besetzen, um Angriffe zu unterbinden, zitiert der MDR einen Sprecher der Bundespolizei. Hagen Husgen, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Sachsen, äußerte sich zurückhaltend: Die Einsätze würden ausgewertet, es sei noch zu früh zu urteilen, ob es dabei Fehler gab, sagte der Gewerkschafter am Montag.
Wegen der gewaltsamen Vorfälle rund um die Chemnitzer Demo laufen inzwischen Ermittlungen. Vom Angriff in Glauchau liegen Videosequenzen vor. Deutlich schwieriger sieht es bei einer Attacke in Crimmitschau aus – hier trugen mehrere Teilnehmer der Zwickauer Demos, die dem rechten Spektrum angehören, bei Überfällen zum Teil schwere Verletzungen davon.
Friedrich Merz plant Trip in die Ukraine – Kritik von FDP-Politikerin
Rund siebzig Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine war der Krieg – wir erwähnten es bereits – auch auf den Mai-Kundgebungen vom Sonntag ein dominierendes Thema. Besonders die Frage: „Waffenlieferungen an die Ukraine – ja oder nein?“ stand im Fokus der Diskussion.
Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) musste und muss sich immer wieder den Vorwurf anhören, zu zaudernd und zögerlich zu agieren. Unions-Chef und Oppositionsführer Friedrich Merz (66), der den Kanzler öffentlich kritisiert hat, dass er sich bisher – anders als andere Spitzenpolitiker – nicht in der Ukraine blicken ließ, hat nun selbst eine Reise ins Kriegsgebiet angekündigt.
Über seinen Twitter-Account wies der Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag mediale Darstellungen von sich, er habe das BKA nicht über den riskanten Trip informiert. Zudem sei Personenschutz durch das BKA weder offeriert noch angefordert worden.
Anders als in den Medien berichtet: Das BKA ist von meinem Büro über eine mögliche Reise nach #Kiew informiert worden. Eine Begleitung durch das #BKA habe ich nicht angefordert und ist vom BKA auch nicht angeboten worden. (FM)
— Friedrich Merz (@_FriedrichMerz) May 2, 2022
Kritik an Merz kommt unter anderem aus der mitregierenden FDP: Die Reise nach Kiew sollte nicht für innenpolitische Spielchen missbraucht werden, so die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64) am Montag.
Doch auch ein politisch anderes Lager will sich nun selbst ein Bild der Situation vor Ort machen: Eine Gruppe der Linken, unter ihnen Gregor Gysi (74), wird am Dienstag ebenfalls Richtung Ukraine aufbrechen.
Und der Kanzler selbst? Er will erst in die Ukraine reisen, wenn der Bundespräsident dort gewesen ist, deutete er an.
Unklare Lage in Mariupol und Raketen in Odessa
In der Ukraine selbst gehen die Kämpfe weiter, wobei sich nicht jede Angabe von Kriegsparteien unabhängig prüfen lässt. Fest steht: Aus der Hafenstadt Mariupol kommen derzeit widersprüchliche Meldungen zur Evakuierung von Zivilisten. Dort harren nach aktuellen Schätzungen noch bis zu 200 von ihnen, darunter auch Kinder, in einem Stahlwerk nahe dem Hafen aus. Dazu kommen mutmaßlich hunderte Soldaten.
Immerhin konnten offenbar mehrere Gruppen per Bus fliehen. Es gibt demnach eine Fluchtroute, die offiziell auch vom russischen Militär garantiert wird. De facto jedoch scheiterten Evakuierungen in der jüngsten Vergangenheit mehrfach, weil Russland sich nicht an vereinbarte Feuerpausen gehalten haben soll oder anderweitige Sicherheitsbedenken bestanden.
Aus Odessa wurden Raketenangriffe mit Todesopfern gemeldet.
Gerüchte über geplante Staatsgründung und Lawrows niederträchtiger Vergleich
Derweil mehren sich Zeichen, Russland könnte gar die Errichtung eines neuen Staates in der Südukraine planen. Außenminister Sergej Lawrow (72) hat Gerüchte zurückgewiesen, wonach Präsident Wladimir Putin (69) zum „Tag des Sieges“ – dem russischen Gedenktag des Sieges über Hitler-Deutschland – ein Ende der „Militäroperation“ in der Ukraine verkünden wolle.
Zugleich sorgte Lawrow mit einem niederträchtigen Vergleich für allgemeine Empörung: Im italienischen Fernsehen wiederholte er ungerührt Putins Narrativ, in der Ukraine seien Nazis in der Regierung. Den Vorhalt, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyij (44) sei selbst Jude, beantwortete Lawrow mit der Aussage, auch Hitler habe jüdisches Blut gehabt und die eifrigsten Antisemiten seien in der Regel Juden.
Grenzen der Meinungsfreiheit und der Lina E.-Prozess in Dresden
Worüber die LZ heute berichtet hat: Wie viel Meinung ist zu viel? Diese Frage im Rahmen der „Woche der Meinungsfreiheit“ versucht Kollegin Birthe Kleemann in einem alles andere als objektiven Beitrag zu beantworten.
Außerdem geht es um das Leipziger Klimaschutzprogramm, sogenannte Superblocks in Volkmarsdorf, Warming Stripes auf der Sachsenbrücke als Mahnung, den Klimawandel zu bekämpfen, eine aktuelle Einschätzung im Prozess gegen die mutmaßliche Straftäterin Lina E. und drei Mitangeklagte am Oberlandesgericht Dresden sowie das lange Leben eines antisemitischen Propagandafilms.
Brisante Fragen werden verhandelt und wieder Demo in Leipzig
Was heute sonst noch wichtig war: Noch mal das Thema Ukraine – der Chef des russischen Generalstabes soll bei einem Angriff verwundet worden sein. Und: es wird über die Frage debattiert, ob und inwieweit die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte auf deutschem Staatsgebiet die Bundesrepublik zur Kriegspartei macht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt die Klagen zweier Bundeswehr-Offiziere, die sich einer obligatorischen Impfung gegen Corona verweigern.
In Leipzig findet am Abend wieder eine Demo sogenannter Querdenker statt, gegen die sich „antiverschwurbelter Widerstand“ formiert.
Impressionen von der “Antiverschwurbelten Aktion” am 2. Mai 2022 bei “Querdenken”
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