LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 62Es ist der Traum einiger Händler und Gastronomen, welche sich in den letzten Jahren entlang der Inneren Jahnallee zwischen Waldplatz und Leibnizstraße angesiedelt haben, um ihre rund 60 Parkplätze vor den Ladentüren behalten zu können: Die Umleitung des gesamten Radverkehrs aus der Jahnallee heraus in die parallel verlaufende Gustav-Adolf-Straße hinein. Bestärkt wurde diese Überlegung bislang vor allem von der Fraktion der Freibeuter und der CDU im Leipziger Stadtrat. Ist es eine Lösung? Nein.

Unabhängig davon, ob dann die ferngehaltenen rund 4.000 täglichen Radler bei steigender Tendenz in ganz Leipzig im Zweiradverkehr auch beim Umsatz in den Anliegergeschäften fehlen würden, stellte sich von Beginn an eine entscheidende Frage.

Ist es überhaupt eine Möglichkeit, das Ziel selbst, die Gefahr für Verkehrsunfälle auf der Inneren Jahnallee gerade für Radfahrende zu mindern, wirklich zu erreichen? Und ist eine Umleitung auf die Gustav-Adolf-Straße überhaupt möglich? Die LEIPZIGER ZEITUNG hat deshalb mal ausführlich bei der Stadtverwaltung Leipzig zu Machbarkeiten und Möglichkeiten vor allem rings um die „Radstraße Gustav-Adolf-Straße“ nachgefragt.

Und das Verkehrs- und Tiefbauamt hat ebenso ausführlich zu den rechtlichen Fragen Stellung genommen.

Hier die entscheidenden Antworten 1:1

Und das Fazit vorab: Auch in den ab Anfang 2019 beginnenden Bürgerdialogen wird sich an einer Tatsache nichts ändern lassen: den Radfahrenden kann die Durchquerung der Inneren Jahnallee nicht verboten werden. Um hier eine Gefahrenminderung für alle Beteiligten zu erreichen, wird es demnach vorrangig um die Einführung einer 30er Zone, Zufahrtswege für Warenlieferungen und die beidseitig zugeparkten Fahrspuren gehen.

Wann wird Prüfvorgang zur Umleitung der derzeit schätzungsweise 4.000 täglichen Radfahrer auf beiden Seiten der Strecke statt über die Innere Jahnallee durch die Gustav-Adolf-Straße abgeschlossen sein?

Die Prüfung einer Umleitung des Radverkehrs wurde bereits im Rahmen der Erarbeitung des o. g. Verwaltungsstandpunkts (Vorlage VI-A-05894), insbesondere im Hinblick auf die Ausweisung der Gustav-Adolf-Straße als Fahrradstraße durchgeführt. Als Voraussetzung zur Einrichtung einer Fahrradstraße müsste zunächst der Nachweis geführt werden, dass der Radverkehr in der jeweiligen Straße die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist.

Für die Gustav-Adolf-Straße ist es wenig wahrscheinlich, dass dieser Nachweis geführt werden kann. Zudem müssten dann auch Abschnitte der Leibnizstraße und der Friedrich-Ebert-Straße entsprechend ausgewiesen werden, um eine bedarfsgerechte bzw. durchgehende Radverkehrsverbindung zu schaffen.

Eine zwangsweise Führung des Radverkehrs über die Gustav-Adolf-Straße ist ohnehin verkehrsrechtlich nicht zulässig, da dies nicht angemessen und verhältnismäßig wäre. Bei verkehrsrechtlichen Maßnahmen ist immer das mildeste Mittel zur Erreichung des Zwecks (Herstellung der Verkehrssicherheit für den Radverkehr) zu wählen. Das Mittel kann dann deshalb nicht in der Umleitung einer kompletten Verkehrsart bestehen, sondern in diesem konkreten Fall in der Reduzierung des für die bestehende Unfalllage ursächlichen ruhenden Verkehrs in der Inneren Jahnallee.

Eine Umleitung könnte deshalb auch nur empfehlenden Charakter haben und müsste in Form einer Fahrradwegweisung umgesetzt werden. Anordnungsfähige Verkehrszeichen gemäß StVO gibt es dafür nicht. Eine solche Umleitungsempfehlung dürfte allerdings wenig Einfluss auf die tatsächliche Routenwahl der Radfahrenden haben, denn diese wird durch viele andere Aspekte mitbestimmt, wie z. B. Streckenlänge und Zeitaufwand.

Können Sie zum jetzigen Zeitpunkt bereits beschreiben, welche Maßnahmen für eine solche neue Verkehrsführung (Kreuzungsbereiche, Wegeführungen der Radwege, Beschilderung und gegebenenfalls Umbauten im Straßenbereich) entlang der Gustav-Adolf-Straße anfallen würden?

Nein, denn die Gustav-Adolf-Straße ist bereits Bestandteil einer Tempo 30-Zone. Tempo 30-Zonen werden gemäß StVO insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf abseits von Straßen des überörtlichen Verkehrs angeordnet. Sie dienen damit auch dem Schutz des Radverkehrs.

Somit sind keine weiteren baulichen oder verkehrsregelnden Maßnahmen erforderlich, um die Straße attraktiver oder sicherer für den Radverkehr zu machen.

Wenn nein, bis wann werden Sie diese Maßnahmenbeschreibung inklusive Kostenabschätzung und Machbarkeit vorlegen können?

Da eine Machbarkeit nicht gegeben ist, kann kein Termin für eine Maßnahmebeschreibung genannt werden.

Welche Abschätzung zur Wirksamkeit einer Radstraße entlang der Gustav-Adolf-Straße, bezogen auf eine Radverkehrs-Entlastung der Jahnallee, nimmt die Stadtverwaltung vor?

Die Ausweisung einer Fahrradstraße im Zuge der Gustav-Adolf-Straße einschließlich deren Verlängerung über die Humboldt- bis zur Pfaffendorfer Straße hätte voraussichtlich einen nur geringen Einfluss im Hinblick auf die Radverkehrs-Entlastung der Jahnallee. Ursächlich dafür sind der daraus resultierende Umweg und der zeitliche Mehraufwand für Radfahrende auf der Relation Lindenau – Innenstadt.

Dies ergibt sich insbesondere aus dem erforderlichen unattraktiven Linksabbiegen am Waldplatz (stadteinwärts) und der für den Radverkehr unattraktiven indirekten Führung am Knotenpunkt Tröndlinring/Goerdelerring. Hier stellt die direkte Verbindung vom Ranstädter Steinweg in Richtung Brühl/Tröndlinring die einzige sinnvolle und annehmbare Verbindung für den Radverkehr dar, auch wenn es an diesem Knoten durchaus noch Optimierungsbedarf gibt.

Die Gustav-Adolf-Straße - keine Option für die Entlastung der inneren Jahnallee. Foto: Michael Freitag
Die Gustav-Adolf-Straße – keine Option für die Entlastung der inneren Jahnallee. Foto: Michael Freitag

Wird es im Zuge einer Definition der Gustav-Adolf-Straße ein Verbot für Radfahrer geben, den Streckenabschnitt Innere Jahnallee zu befahren und inwieweit ist dies rechtlich überhaupt möglich?

Nein, denn ein Radfahrverbot auf der Jahnallee ist rechtlich nicht zulässig, da es mildere Mittel zur Herstellung der Verkehrssicherheit für den Radverkehr auf der Jahnallee gibt.

Gibt es weitere bauliche Veränderungs-/Bauvorhaben seitens der Stadt in der Umgebung der Inneren Jahnallee, welche bei der Neuregelung des Verkehrs durch diesen Straßenabschnitt eine Rolle spielen und diese verändern oder verzögern könnten? Welche sind das, mit welcher Wirkung ab welchem Zeitpunkt (z. B. Planungen rings um das Areal der Arena Leipzig, Elsterbecken)?

Bei einer Neuregelung des Verkehrs in der Inneren Jahnallee sind die dort aktuell stattfindenden Gebäudesanierungen und die damit stattfindenden Verkehrsraumeinschränkungen zu berücksichtigen. Einfluss auf die Kfz-Menge hat die Baumaßnahme Plagwitzer Brücke mit der Vollsperrung für den Kfz- und Straßenbahnverkehr in der Karl-Heine-Straße.

Wurden seitens der Stadtverwaltung Erhebungen, Befragungen vorgenommen oder/und liegen valide Erkenntnisse (Umfragen o. ä.) vor, wie sich ein Park- und Halteverbot entlang des Teilstückes der Inneren Jahnallee zwischen Leibnizstraße und Waldplatz auf die Kundenströme der anliegenden Gastronomie- und Nahversorgungsgeschäfte auswirken könnten?

Solche Befragungen sind nicht durchgeführt worden, da es bei den verkehrsregelnden Maßnahmen in der Jahnallee darum geht, kurzfristig die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Diese Maßnahmen werden allein auf der Grundlage der StVO im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs getroffen.

Sicher ist zu erwarten, dass ein Wegfall von Kurzzeitparkplätzen im Einzelfall einen gewissen Einfluss auf die Attraktivität der Geschäfte für Autofahrer hat. Allerdings stehen weiterhin ausreichend Kurzparkmöglichkeiten in den Seitenstraßen zur Verfügung. Diese sind bisher nicht ausgelastet und befinden sich in kurzer fußläufiger Entfernung. Auch bisher konnte niemand davon ausgehen, direkt vor einem bestimmten Geschäft einen freien Stellplatz zu finden. In der Lessingstraße werden in diesem Zusammenhang zusätzlich 4 Kurzzeitparkplätze (mit Parkscheibe 1h) eingerichtet.

Allerdings kann zugleich erwartet werden, dass sich mit der Verbesserung der Bedingungen für den Radverkehr der Radverkehrsanteil erhöhen wird. Damit erschließt sich zugleich auch neues, meist unterschätztes Kundenpotenzial.

Dass ein solcher Ansatz richtig ist, zeigt das Beispiel Lindenauer Markt, wo der motorisierte Individualverkehr zugunsten besserer Bedingungen für den Fußgänger- und Radverkehr schon stark reduziert wurde und diese Entwicklung auch künftig noch schrittweise fortgesetzt wird. Dies wird von den dort ansässigen Händlern überwiegend sogar unterstützt.

Mit der Realisierung der Parkraumbewirtschaftung im Waldstraßenviertel und der damit verbundenen Verdrängung von fremden Dauerparkern werden sich die Bedingungen für das Parken von Kunden in den Seitenstraßen der Jahnallee in Zukunft noch verbessern.

Wurden seitens der Stadtverwaltung Erhebungen, Befragungen vorgenommen oder/und liegen valide Erkenntnisse (Umfragen o. ä.) vor, welche die derzeitigen Kundenströme der in der Inneren Jahnallee ortsansässigen Nachversorger, Gastronomien, Friseur-, Blumen-, Apotheken- und Bekleidungsgeschäfte nach Herkunft und Anfahrtsweg vor?

Seitens des Verkehrs- und Tiefbauamtes wurden keine Befragungen im näheren Umfeld der Jahnallee durchgeführt. Es sind auch keine geplant. Aktuelle Verkehrszähldaten liegen hingegen vor. Nach Umsetzung der geplanten Maßnahmen werden erneute Zählungen durchgeführt.

Sieht die Stadt Leipzig die Frage der Unfallhäufigkeit und die grundhafte Verkehrsbelastung auf der Inneren Jahnallee durch eine Einrichtung einer Radstraße als nachhaltig gelöst an?

Nein, denn auch wenn sich ein Teil des Radverkehrs auf eine parallele Verbindung verlagern ließe, so muss dennoch die Verkehrssicherheit für den verbleibenden Radverkehr in der Inneren Jahnallee hergestellt werden.

Der Stadtrat tagt: Infoveranstaltung statt Runder Tisch für die Jahnallee + Video

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