Alles geht zu langsam. Die Energiewende in Deutschland ist überfällig. Doch allerenden bremsen bürokratische Vorschriften und Genehmigungsverfahren. Was zu dem lähmenden Bild beiträgt, das Deutschland aktuell bietet. Sodass auch in den meisten deutschen Städten der Solarausbau nicht in dem Tempo vorankommt, das eigentlich zum Erreichen der Klimaziele erforderlich wäre. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat den Stand des Solarausbaus in deutschen Städten jetzt ausgewertet.
Dabei kommt sie zu dem erwartbaren Fazit, dass die meisten deutschen Großstädte beim Ausbau der Solarenergie massiv hinterher hängen.
Ausgewertet hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dafür die Daten aus dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Von allen 82 deutschen Großstädten sind demnach einzig Oldenburg, Paderborn, Regensburg, Neuss, Oberhausen, Gütersloh und Erlangen mit ihren zugebauten Photovoltaikanlagen in den letzten zwei Jahren auf einem sehr guten Weg, das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.
Das Ranking findet man auf der Website der DUH.
Die Schlusslichter der Auswertung Potsdam, Lübeck und Bremerhaven müssten die Zubau-Geschwindigkeit der letzten zwei Jahre um mehr als 350 Prozent steigern, um auf einen mit dem Pariser Klimaabkommen kompatiblen Pfad zu kommen. Entgegen allen Erfolgsmeldungen der Bundesregierung liegt das Tempo beim Solarstromzubau in etlichen deutschen Großstädten damit weit unterhalb des klimapolitisch notwendigen Niveaus.
Leipzig schafft immerhin Gelb
Leipzig landet in der Auswertung im gelben Bereich bei den Städten, „die ab sofort jährlich den PV-Zubau bis 2035 zwischen 1 bis 50 Prozent erhöhen müssen“.
Genauer sind es 34 Prozent, die Leipzig beim Tempo noch draufpacken müsste. In den letzten beiden Jahren hat Leipzig jährlich 22.018 kWp zugebaut, müsste aber jährlich 29.436 kWp erreichen, um bis 2035 das Ausbauziel 491.348 kWp zu erreichen. Ende 2023 waren erst 138.112 kWp installiert.
Aber mit der Platzierung im gelben Bereich gehört Leipzig zumindest zu den 29 Städten, die ihren Ausbauzielen nicht allzu weit hinterherhinken. Chemnitz und Halle haben es ebenfalls in diese Kategorie geschafft. Während die thüringische Landeshauptstadt Erfurt ihr Ausbauvolumen sogar verdoppeln müsste, um endlich auf Kurs zu kommen. Die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, Magdeburg, müsste 172 Prozent zulegen und die sächsische Landeshauptstadt Dresden das Volumen sogar verdreifachen.
Ein wesentlicher Grund dafür, dass der Ausbau in vielen Städten so klemmt, ist nach Einschätzung der DUH die ausufernde Bürokratie.
Sie fordert deshalb die Einführung eines bundesweiten Solarstandards im Neubau sowie bei Renovierung auch im Bestand, massiven Bürokratieabbau für dezentrale Solarenergie und eine sofortige Umsetzung des Solarpakets I, das sich derzeit weiter verzögert. Weitere Vereinfachungen müssten in einem zusätzlichen Gesetzespaket zu Photovoltaik kommen.
„Unsere Auswertung zeigt, dass die Jubel-Meldungen der Bundesregierung rund um ihre Photovoltaik-Strategie kritisch zu hinterfragen sind. Gemessen am Pariser Klimaabkommen sind wir weit entfernt von einer zufriedenstellenden Ausbaurate in deutschen Städten“, stellt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, fest.
„Wo bleibt das Deutschlandtempo bei der Solarenergie auf Dächern? In deutschen Städten und Gemeinden müssen viel mehr Photovoltaikanlagen errichtet werden: insbesondere auf Dächern von Gewerbehallen und Supermärkten, aber auch auf Parkplätzen oder am Balkon. Bund und Länder müssen jetzt mit den richtigen Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass die Kommunen den dringend nötigen Sonnen-Turbo starten können. Sonst gerät die Solarenergie in Deutschland weiter in die Krise.“
Immerhin sieben im Grünen Bereich
Für das Zubau-Tempo vergab die DUH sieben grüne Karten an Städte, die in den letzten zwei Jahren jährlich mehr Photovoltaik zugebaut haben als nach einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin bis 2035 pro Jahr nötig, um mit den Pariser Klimazielen kompatibel zu sein. Insgesamt erhalten 29 Städte eine gelbe Karte, die ab sofort jährlich den Photovoltaik-Zubau um bis zu 50 Prozent gegenüber den letzten zwei Jahren erhöhen müssen.
„Davon können manche Städte wie Halle (Saale), Würzburg und Osnabrück mit ihren aktuellen Zubau-Geschwindigkeiten mit vergleichsweise geringem Aufwand auf einen klimapolitisch zufriedenstellenden Pfad kommen“, betont die DUH.
Rote Karten vergab die DUH an 46 deutsche Großstädte, die ab sofort jährlich den Photovoltaik-Zubau bis 2035 um mindestens 50 Prozent gegenüber den letzten zwei Jahren erhöhen müssen. Davon müssen 29 Städte wie Düsseldorf, Heidelberg und Magdeburg ihr Zubau-Tempo mindestens verdoppeln, um Paris-kompatibel zu sein und davon wiederum müssen 15 Städte wie Dresden, Hamburg oder Frankfurt am Main ihr Zubau-Tempo mindestens verdreifachen.
„Einen direkten Hebel beim Zubau von Photovoltaik haben Städte und Gemeinden vor allem bei den Dachflächen ihrer eigenen Liegenschaften. Viele Großstädte haben jedoch noch nicht einmal eine fundierte Analyse der eigenen Dachflächenpotenziale vorgenommen“, sagt Rupert Wronski, Stellvertretender Leiter Kommunaler Umweltschutz der DUH.
„Für eine solche Analyse sind die Adressen der kommunalen Liegenschaften zentral, da mittels Laserflugdaten die Dachpotenziale ermittelt werden können. Aber allein daran scheint es bereits in vielen deutschen Großstädten zu hapern. Da wundert es nicht, dass vielfach auch keine konkreten Ausbauziele für öffentliche Dachflächen formuliert werden.“
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