Nachdem die sächsischen IHKs Anfang Februar schon den Geschäftsklimaindex für ganz Sachsen veröffentlicht haben, hat die IHK zu Leipzig jetzt auch den separaten Geschäftsklimaindex für den Kammerbezirk Leipzig herausgegeben. Danach befindet sich die gewerbliche Wirtschaft im IHK-Bezirk Leipzig weiterhin in herausfordernden Zeiten. Aber die Lage ist spürbar besser als in den beiden anderen sächsischen Kammerbezirken.
Das hat natürlich auch mit der Zusammensetzung der hiesigen Wirtschaft zu tun. Leipzig ist wesentlich stärker durch Dienstleistung geprägt.
„Nach einer rückläufigen Entwicklung im Herbst des vergangenen Jahres ist aktuell im Dienstleistungsgewerbe der negative Trend vorerst gestoppt. Die Unternehmen beurteilen ihre Lage etwas besser als im Herbst 2023. Der entsprechende Saldo steigt um 2 auf 38 Punkte, markiert aber damit den drittschlechtesten Wert seit dem Ende der Corona-Pandemie.
Die Umsätze sind zwar in den vergangenen Monaten in vielen Unternehmen wieder gestiegen (Saldo: 23 Punkte), dennoch belasten hohe Arbeitskosten die Auftragseingänge der Branche. Auch die Ertragslage und -entwicklung bleiben unverändert auf einem schwachen Niveau“, so die IHK.
Womit die Dienstleistungsbranche ja nicht allein ist. Erst hat die Corona-Pandemie für wirtschaftliches Nieselwetter gesorgt, dann kam der Ukraine-Krieg mit dem rasanten Energiepreisanstieg im Gefolge und der starken Inflation in allen Bereichen.
Und so schätzt die IHK zu Leipzig derzeit ein: „Nachdem sich bereits im Herbst des vergangenen Jahres sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen der Unternehmen deutlich eingetrübt haben, lassen auch die aktuellen Umfrageergebnisse keine Trendwende erkennen. Vielmehr gehen die Geschäftsaussichten nochmals zurück.
Im Ergebnis sinkt der IHK-Geschäftsklima-Index für den IHK-Bezirk um weitere drei auf 104 Punkte. Angesichts der ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sehen die Unternehmen derzeit kaum Wachstumsperspektiven.“
Aber wie erwähnt: Leipzig steht um mehrere Punkte besser da als das gesamtsächsische Niveau. Verzeichneten die IHKs für Sachsen zum Jahresauftakt ein Lagesaldo von 15 Punkten im Plus, so sind es in Leipzig 24 Punkte. Und während die sächsischen Geschäftsaussichten mit 23 Punkten im Minus liegen, sind es für die Leipziger Unternehmen nur minus 13 Punkte. Was auch damit zu tun hat, dass sich das gesamtsächsische Bild weiter eingetrübt, die Lage in Leipzig dagegen stabilisiert hat.
Oder mit den Worten der IHK zu Leipzig: „Nach einer deutlichen Verschlechterung im Herbst vergangenen Jahres stagnieren die Lageeinschätzungen der Unternehmen auf schwachem Niveau. Der Saldo aus positiven und negativen Lagebewertungen liegt nahezu unverändert bei 24 Punkten (1 Punkt weniger als
im Herbst 2023).
40 Prozent der Betriebe beurteilen ihre aktuelle Lage mit gut, 16 Prozent mit schlecht. Der Saldo hinsichtlich der Ertragsentwicklung hat sich zwar nicht weiter verschlechtert, bleibt aufgrund der anhaltend hohen Produktions- und Arbeitskosten aber nach wie vor negativen Bereich (Saldo: -10 Punkte, Herbst 2023: -17 Punkte).“
Der Blick in die nächste Zukunft
Nur bei der Sicht in die Zukunft sehen deutlich mehr Geschäftsführungen eher keine Erholung am Markt. Aber woher soll die auch kommen, wenn Deutschlands konservative Parteien die Konjunkturpakete der Bundesregierung blockieren, der geplante Wachstumsimpuls durch den Klimafonds verhindert wurde und ein Bundesfinanzminister mitten in der Krise auf einer starren und sinnlosen Schuldenbremse beharrt, stattdessen dem Staatshaushalt auch noch wichtige Gelder zum Investieren streicht.
Denn so langsam sollte sich ja herumgesprochen haben, dass Staaten Krisen am besten meistern, wenn sie in konjunkturellen Abwärtstrends selbst Investitionsimpulse setzen. Und das ganze Land schreit nach solchen Impulsen, ob nun in der Energiewende, der Mobilitätswende, der Bildung, dem Gesundheitswesen, dem ÖPNV … überall liegen riesige Baustellen brach.
In den Worten der IHK: „Im Gegensatz zur Geschäftslage trüben sich die Geschäftserwartungen weiter ein. Demnach deutet vieles darauf hin, dass trotz des Rückgangs der hohen Inflation eine rasche konjunkturelle Erholung ausbleibt. Gerade einmal 15 Prozent der Betriebe rechnen mit besseren Geschäften, mehr als jede vierte Firma bleibt skeptisch gestimmt. Der Saldo sinkt um 4 auf -13 Punkte und liegt weiterhin im negativen Bereich.
Damit sind die Wachstumsaussichten auch für 2024 äußerst gedämpft. Die Unsicherheit in den
Unternehmen bleibt ausgesprochen hoch. Konjunkturelle Impulse sind derzeit kaum zu erkennen. Weder die Investitionsentwicklung noch der private Konsum kommen derzeit als Konjunkturtreiber infrage.
Hinzu kommen die deutlich geringere Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft, die dämpfenden Effekte der geopolitischen Spannungen und Krisen sowie das unverändert hohe Zinsumfeld mit den damit einhergehenden ungünstigen Finanzierungsbedingungen.“
An der geringen Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft wird sich vorläufig auch nichts ändern. Der wichtigste Wachstumsmotor der vergangenen 20 Jahre – China – stottert. Nicht nur bei Medikamenten sind wichtige Lieferketten in Unordnung geraten. Logisch, dass insbesondere die Unternehmen der Industrie eher mit einer stagnierenden Entwicklung rechnen.
Im Dienstleistungsgewerbe sowie im Gast- und Tourismussektor gehen die Unternehmen überwiegend vom Seitwärts-Trend aus. Wobei die jüngsten Zahlen zum Tourismus in Sachsen 2023 zeigen, dass das Land wieder Gäste anzieht. Nur rätseln Gastronomen und Hoteliers derzeit vor allem darüber, wie sich die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe auf 19 Prozent auf die Kundschaft auswirken wird.
„Dagegen sieht es im Baugewerbe und Handel düster aus“, schätzt die IHK ein. „Hier überwiegen die negativen Erwartungen deutlich, die Betriebe rechnen mit kräftigen Auftrags- bzw. Umsatzrückgängen. Im Verkehrsgewerbe sind trotz stabiler Umsatzerwartungen aufgrund des steigenden Kostendrucks die Geschäftsaussichten unverändert skeptisch.“
Beides hat direkt mit den gestiegenen Energiepreisen zu tun. In der Bauwirtschaft sind vor allem die Produktion von Stahl und Beton extrem energieintensiv. Eigentlich wäre ein gewaltiger Umbau hin zu einer CO₂-armen Bauwirtschaft fällig. Doch diese Trendwende wurde in den vergangenen Jahren gründlich verschlafen.
Nun stoßen die exorbitant gestiegenen Baupreise auf eine Wirtschaft, die sich ihre Investitionen erst einmal gründlich überlegt. Und auf einen überhitzten Wohnungsmarkt, auf dem ausgerechnet die bezahlbaren Wohnungen fehlen, hier hat teurer Luxusbau die Immobilienpreise in den Städten in krisenhafte Höhen getrieben.
Wie reagieren die Unternehmen jetzt?
Ein Ergebnis der Umfrage zum Jahresauftakt, so die IHK: „Die anhaltend ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bremsen nach wie vor die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Der entsprechende Saldo liegt mit -4 Punkten weiter im Minus und bestätigt die unverändert starke Investitionszurückhaltung.
Neben der allgemeinen konjunkturellen Schwäche und der wirtschaftspolitischen Unsicherheit trüben weiterhin die höheren Finanzierungskosten durch den Zinsanstieg das allgemeine Investitionsklima. Leicht verbessert haben sich die Personalplanungen der hiesigen Unternehmen.
Mit 20 Prozent wollen derzeit wieder mehr Betriebe ihre Mitarbeiterzahl erhöhen als verringern (15 Prozent). Der Saldo steigt damit moderat von 0 auf 5 Punkte. Damit sollten die Beschäftigungszahlen in der regionalen Wirtschaft in den kommenden Monaten insgesamt stabil bleiben.“
Welche Risiken sind jetzt am größten?
An der Spitze des regionalen IHK-Risikoradars bleibt unangefochten der Faktor „Entwicklung der
Energiepreise“. Aktuell sehen 59 Prozent der hiesigen Unternehmen ihre geschäftliche Entwicklung durch diesen Risikofaktor beeinträchtigt, denn das verteuert die Produktion gerade in den energieintensiven Branchen und in der Logistik.
Doch gleich dahinter folgen die Arbeitskosten und Rohstoffpreise auf dem zweiten und dritten Platz. Mit 56 und 51 Prozent bewertet immer noch mehr als die Hälfte der gewerblichen Wirtschaft diese Faktoren als ein Risiko für ihre zukünftige Geschäftstätigkeit.
Immer mehr Unternehmen (aktuell 52 Prozent nach 47 Prozent im Herbst sowie 41 Prozent im Frühjahr des vergangenen Jahres) sehen in den allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko. Dabei spiele insbesondere die vielfach überbordende Bürokratie eine wichtige Rolle, meint die IHK.
Aber der Blick auf die Entwicklung zeigt eben auch, dass ein Faktor gerade dabei ist, wieder an die Spitze der Unternehmenssorgen zurückzukehren: der Fachkräftemangel. Dieses Problem wurde durch Energiekostensteigerung und Inflation nur überdeckt. Nun aber wird wieder deutlicher, wie wenig die Bundesrepublik – und auch der Freistaat Sachsen – vorgesorgt haben, das Fachkräfteproblem für die nähere Zukunft zu lösen. Und dies, obwohl alle Trends seit Jahren bekannt sind.
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