Es war eines der populärsten Projekte in den beiden ersten Corona-Jahren: einfach Stellplätze vor Gaststätten und Cafés unbürokratisch umwidmen, damit die Menschen ohne Maske draußen in der Sonne sitzen können. Schanigärten sollten entstehen nach Münchner und Wiener Vorbild. Aber mittlerweile hat die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat Zweifel daran, dass die Stadt das Projekt überhaupt ernst genommen hat.

Sie will jetzt mit einer neuen Anfrage im Leipziger Stadtrat wissen: Wie sieht es in Leipzig mit der Beantragung und Genehmigung von sogenannten Schanigärten aus, also der vorübergehenden, beispielsweise gastronomischen Umnutzungen von Parkflächen zu Freisitzen? Das möchte die SPD-Fraktion aktuell von der Leipziger Stadtverwaltung wissen.

„Bereits im März 2022, also mit Vorlauf zur Freiluftsaison 2022, hat der Stadtrat beschlossen, dass es möglich sein soll, Parkflächen umzunutzen, um dort Freisitze für Gastronomie oder Flächen für den Handel sowie nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen zu ermöglichen“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker.

„Ziel war es, unter anderem Gastronomen zu unterstützen, die nach Corona-Lockdowns und wegen der steigenden Preise angesichts des Angriffskrieges auf die Ukraine immer noch in einer schwierigen Situation stecken. Allerdings verstrich die erste Freisitzsaison, ohne dass das zuständige Dezernat was getan hat. Unser Eindruck ist, dass ohne unser Nachbohren auch die zweite Saison weitestgehend ungenutzt verstrichen wäre.“
Eine Anfrage unserer Fraktion aus dem Frühjahr 2023 ergab zumindest, dass Gastronomen für 2023 Schanigärten beantragen können.

Ein unklares Bild

Die Kommunikation, wie die Beantragung erfolgen soll und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, blieb unklar, stellt die SPD-Fraktion fest. Die Antwort auf ihre letzte Anfrage leitete die Fraktion interessierten Gastronomen weiter, die nach einer Beantragung ganz unterschiedliche Reaktionen, insbesondere aus dem Verkehrs- und Tiefbauamt, erhalten haben.

Die Antwort auf die SPD-Anfrage „Bearbeitungsstand Schanigärten und Stellflächen für Nachbarschaften und Kultur“

„Unsere Wahrnehmung ist, dass aktiv kaum etwas getan wurde, um Gastronomen zu informieren und zu unterstützen“, stellt Christopher Zenker fest.

„Der Beschluss ist durch Änderung der Verwaltungspraxis bereits umgesetzt. Seit dem Ratsbeschluss im letzten Jahr können Sondernutzungserlaubnisse in Parklücken beantragt werden. Im Rahmen von Freisitz- und Schanigärtenanträgen werden durch das Ordnungsamt proaktiv die Möglichkeiten aufgezeigt, Freisitze vom Gehweg auf eventuell vorhandene und geeignete Parkbuchten oder geeignete Fahrbahnflächen zu legen. Eine Ablehnung erfolgt nur im Einzelfall, soweit Gründe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einer Erlaubnis entgegenstehen“, hatte die Verwaltung im Frühjahr mitgeteilt.

Und angekündigt: „Zum Start der Freisitzsaison wird es in geeigneter Weise Öffentlichkeitsarbeit zu den Möglichkeiten der Freisitzgestaltungen geben.“

Aber ist das tatsächlich umfassend passiert?

Die SPD-Fraktion will jetzt konkret wissen: Wurden die Gastronomen, wie im Stadtrat beschlossen, bspw. in Zusammenarbeit mit den zuständigen Verbänden wie der DEHOGA über die Möglichkeit von Schanigärten informiert? Wie viele Anträge, Genehmigungen und Ablehnungen gab es?

Die neue SPD-Anfrage zu Schanigärten.

„Neben dem Fachkräftemangel stehen Gastronomen, nicht nur in Sachsen, wegen der hohe Inflation, verbunden mit sparsameren Gästen, sowie der Unklarheit bezüglich des Auslaufens des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes vor großen Herausforderungen“, sagt Zenker.

„Manche spielen mit dem Gedanken, ihr Geschäft aufzugeben. Natürlich kann die Stadt nicht den Mehrwertsteuersatz bestimmen oder die Inflation verringern, wir können aber gute Rahmenbedingungen schaffen. Schließlich leistet auch die abwechslungsreiche Gastronomie-Szene einen großen Beitrag zur Vielfalt in unserer Stadt. Schanigärten können Teil dieser guten Rahmenbedingungen sein, allerdings muss die Verwaltung dann auch bei der Kommunikation und der Bescheidung von Anträgen kulant und auf Zack sein.“

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