Eine Stadtverwaltung ist ein schwerer Tanker. Es dauert Jahre, bis er auf neuen Kurs kommt. 2019 erklรคrte der Leipziger Stadtrat nicht nur den Klimanotstand fรผr Leipzig. Er bestellte auch ein neues Landwirtschaftskonzept fรผr Leipzig, das endlich den Kriterien von Klimaschutz und Artenschutz genรผgt. Und zwar fรผr 2020. Aber den Termin hat die Verwaltung weit verfehlt. Erst im Februar machte die Ratsversammlung wieder Druck und fragte nach. Jetzt endlich ist das Papier so weit, meldet die Stadt.
Und sie betont, dass wirklich drin steht, was der Stadtrat bestellt hat: โBei der Verpachtung stรคdtischer Landwirtschaftsflรคchen sollen รถkologisch-nachhaltige Produktionsweisen und regionale Vertriebsstrukturen kรผnftig bevorzugt berรผcksichtigt werden. Ziel ist, dass sich der Anteil der รko-Landwirtschaft in Leipzig kรผnftig erhรถht und Produkte stรคrker regional vermarktet werden.โ
So zumindest soll es aus dem neuen Landwirtschaftskonzept hervorgehen, das Oberbรผrgermeister Burkhard Jung jetzt auf Vorschlag von Baubรผrgermeister Thomas Dienberg auf den Weg gebracht hat. Hintergrund ist, dass in Deutschland bis zum Jahr 2030 etwa 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flรคchen biologisch bewirtschaftet werden sollen. Der Stadtrat muss noch abschlieรend รผber das Konzept beschlieรen.
Gรผltig fรผr 1.800 Hektar Acker
Von den knapp 30.000 Hektar Flรคche Leipzigs werden derzeit rund 32 Prozent landwirtschaftlich genutzt (rund 9.700 Hektar). Etwa 1.800 Hektar dieser Flรคchen sind in stรคdtischem Eigentum. Hierfรผr hat die Stadt 133 Landpachtvertrรคge abgeschlossen. Zum 30. September dieses Jahres laufen 102 Vertrรคge fรผr insgesamt rund 800 Hektar Nutzflรคche aus โ um in einem transparenten Bewerbungsverfahren neu vergeben zu werden. Eine Verpachtung nach Hรถchstgebot ist dabei kรผnftig ausgeschlossen, betont die Stadt.
Und wenn das zustรคndige Liegenschaftsamt die Vorlage ernst nimmt, werden sรคmtliche Pachtvertrรคge nach รถkologischen Vorgaben abgeschlossen. Zumindest, wenn sich auch genug Bewerber mit solchen Konzepten finden.
Was steht im Konzept?
Die Vorlage formuliert Bewerbungs- und Bewirtschaftungskriterien, die unter anderem biologischen Landbau und regional ansรคssige Landwirtschaft fรถrdern sollen. Hierfรผr wurde ein Set aus 17 Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitskriterien erstellt. Dazu zรคhlen feste Vorgaben wie das Verbot des Einsatzes von Klรคrschlamm beziehungsweise -komposten sowie von gentechnisch modifiziertem Saatgut und Tierfutter.
Doch auch wenn beispielsweise bei einem Betrieb der Umsatzanteil regionaler Vermarktung zwischen 5 und 20 Prozent liege oder der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Pachtflรคchen reduziert werde, erhรถhe dies die Chancen fรผr einen Zuschlag, meint die Verwaltung.
Nach Konsequenz klingt das nicht wirklich. Denn es geht eben auch um Klimaanpassung, um Bodenschutz und Wasserrรผckhalt. Und damit um einen sehr schnellen Umbau der Landwirtschaft auch auf Leipziger Flรคchen hin zu einer schonenden, klimagerechten Bewirtschaftung.
Denn dass die Umstellung dann auch noch Jahre dauert, ist der Stadt durchaus bewusst.
โUm den Bio-Pachtbetrieben eine planbare Perspektive zu ermรถglichen, eignen sich nur Flรคchen, die langfristig verfรผgbar sind. Die Umstellung von konventioneller auf รถkologische Landwirtschaft dauert, zudem muss der Boden im Biolandbau mit einem hรถheren Aufwand bearbeitet werden. Damit amortisieren sich Investitionen langsamer als bei konventionellen Landwirtschaftsbetriebenโ, stellt die Verwaltung fest. โDie Grundstรผcke werden daher zunรคchst von Experten danach beurteilt, welche Bewirtschaftung vor Ort infrage kommt โ und anschlieรend entsprechend in Pachtlose eingeteilt.โ
Bereits ab dem Pachtjahr 2024/2025 soll die Verpachtung dann in Form eines Bieterverfahrens auf Basis dieser Kriterien erfolgen. Das Bewerbungsverfahren und auch der Kriteriensatz sollen kรผnftig regelmรครig รผberprรผft und, falls erforderlich, aktualisiert werden, so die Stadt.
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