Bislang war der Wirtschaftsverkehr meist eher ein Thema für autoaffine Fraktionen wie die der CDU oder für Wirtschaftskammern, die sich Wirtschaft nur mit großer Logistik vorstellen können. Aber nun greift die Grünen-Fraktion im Stadtrat das Thema auf. Denn Fakt ist ja auch, dass ein Großteil der in Leipzig lebensnotwendigen Logistik darunter leidet, dass sämtliche Straßen zugeparkt sind. Wo sollen diese Fahrzeuge dann eigentlich parken?
„Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen setzt sich für eine schnelle, konsequente und dauerhafte Reduktion des CO₂-Ausstoßes im Leipziger Stadtgebiet ein. Auch der Verkehrssektor muss durch eine Mobilitäts- und Antriebswende dazu beitragen. Damit muss eine deutliche Reduktion des fossil angetriebenen PKW-Verkehrs einhergehen“, begründet die Fraktion ihren Antrag.
„Viele Handwerks-, Dienstleistungs- und Logistikunternehmen sind jedoch beim Transport ihrer Erzeugnisse und Werkzeuge zu ihren Kund/-innen auf die Nutzung motorisierter Fahrzeuge angewiesen. Oft sind die Erzeugnisse hierbei so schwer und sperrig, dass das Fahrzeug zwingend in unmittelbarer Nähe zum Ausführungsort abgestellt werden muss.
Auch Pflegedienste sehen sich immer wieder vor das Problem gestellt, dass in fußläufiger Nähe zum Einsatzort keine Parkplätze zur Verfügung stehen. Für die Beantragung einer Sonderparkgenehmigung müssen mehrere Tage Vorlaufzeit eingehalten werden, was in dringenden Fällen, z. B. bei Havarien oder pflegerisch dringend notwendigen Unterstützungsleistungen, nicht infrage kommt.“
Kann eine Software helfen?
Zur Lösung des Problems schlägt die Grünen-Faktion nun die Bereitstellung einer mobilen Softwareanwendung zur tagesaktuellen stundenweisen Buchung von Sonderparkgenehmigungen durch die Stadt Leipzig vor.
„Da die konkrete Verkehrssituation je nach Lage sehr unterschiedlich ist, soll zunächst eine Kategorisierung der Straßen vorgenommen werden und Regeln zur Nutzung der Sonderparkgenehmigungen, hier besonders zur Erhaltung der Verkehrssicherheit aller Verkehrsarten, festgelegt werden.
Vorzugsweise sollte der rechte Fahrstreifen zum Parken mit Sondergenehmigung freigegeben werden, wobei der ÖPNV sowie der Rad- und Fußverkehr keine Behinderung erfahren dürfen“, erläutert die Fraktion, wie das Ganze funktionieren soll.
Aber wer tagsüber in Leipzig unterwegs ist, weiß, dass da in der Regel kein Platz frei ist. Es ist eine Fiktion, dass die meisten Leipziger ihr Auto zur Fahrt zur Arbeit brauchen. Dann müssten sich die meisten Straßenzüge nämlich tagsüber leeren.
Aber das tun sie nicht. Die meisten sind dann immer noch von Kreuzung bis Kreuzung zugeparkt und Lieferdienste und mobile Pflegedienste müssen in zweiter Reihe ihr Auto abstellen – was dann zwangsläufig zu gefährlichen Situationen für andere Verkehrsteilnehmer führt.
Kann man Parkraum für Wirtschaftsfahrzeuge schaffen?
Eigentlich braucht es deshalb in jeder Straße Parkflächen, die für die zwingend notwendige Logistik in der Stadt dauerhaft freigehalten werden.
So ungefähr sehen es auch die Grünen.
„Mittelfristig müssen die regulären Parkmöglichkeiten für den Wirtschaftsverkehr erweitert werden. Dazu sollte jeder erste Parkplatz einer Nebenstraße diesem vorbehalten bleiben“, skizzieren sie ihre Vorstellung, wie das organisiert werden könnte.
„Dies soll durch eine entsprechende Ausschilderung sichergestellt sein. Da die Parkplatzkapazitäten für den Wirtschaftsverkehr in der Regel nur während der Arbeitszeiten von 7 bis 18 Uhr an Werktagen benötigt wird, könnten diese Parkplätze mit einer Ladesäule ausgestattet sein und in der verbleibenden Zeit auch zum Laden von privaten Elektrofahrzeugen genutzt werden dürfen.
So kann gleichzeitig zur Erleichterung des Wirtschaftsverkehrs auch ein wichtiger Beitrag zum Ausbau der Ladeinfrastruktur geleistet werden. Zudem würde dadurch ein zusätzlicher Anreiz für die lokalen Unternehmen geschaffen, ihre Fahrzeugflotten zu elektrifizieren. Weiterhin sehen wir hier den Vorteil, dass durch die ausreichende Zurverfügungstellung von Parkmöglichkeiten für den Wirtschaftsverkehr die Sicherheit auf den eigentlichen Verkehrsflächen für Fuß- und Radverkehr sowie den allgemeinen Straßenverkehr signifikant erhöht wird.“
Und dann wäre nur noch zu klären, wer diese freigehaltenen Parkplätze dann tatsächlich nutzen darf.
Die Grünen-Fraktion dazu: „In Absprache mit den Kammern sollte definiert werden, wer anspruchsberechtigt ist und als Wirtschaftsverkehr zählt sowie gemeinsam mit den Kammern weiter darauf hingewirkt werden, Alternativen im Wirtschaftsverkehr weiter auszubauen, wie Lastenradeinsatz oder gemeinschaftliche Fahrzeugnutzungen.“
Und eigentlich müsste sogar schnell gehandelt werden, denn diese Stellplatzprobleme für den Wirtschaftsverkehr gibt es jetzt schon in den zunehmend zugeparkten Quartieren der Innenstadt. Weshalb die Grünen-Fraktion sich auch einen schnellen Lösungsvorschlag von der Stadtverwaltung wünscht: „Die Verwaltung legt bis Ende 1. Quartal 2023 den Fachausschüssen Stadtentwicklung/Bau sowie Wirtschaft/Arbeit/Digitales einen Zeitplan für die Umsetzung der Prüfaufträge sowie die danach folgenden Realisierungsschritte vor.“
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