Berechtigterweise bewegt auch LZ-Leser die Frage: Kann das neue Heizkraftwerk Süd der Leipziger Stadtwerke tatsächlich ans Netz gehen, ausgerechnet jetzt, da die Gaspreise durch die Decke gehen und landauf, landab Sparen angesagt ist? Die Entscheidung, dass das Kraftwerk, dessen Turbinen auch mit Wasserstoff betrieben werden können, jetzt ans Netz geht, fiel schon 2019.

Das wirkt wie eine Rückblende in eine längst vergangene Zeit. Damals beschloss der Stadtrat, für Leipzig den Klimanotstand auszurufen. Und er beauftragte den Oberbürgermeister, den Ausstieg aus der Fernwärmeversorgung aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf voranzutreiben, damit Leipzig noch vor dem Jahr 2030 seine CO₂-Last deutlich senken kann.

Dass die Turbinentests dann im Sommer 2022 stattfinden wurden, war zwar geplant. Der Bau des Heizkraftwerks liegt im Plan. Nur die aktuell aufgerufenen Gaspreise waren so nicht zu erwarten.

Inbetriebnahme noch 2022

Da war natürlich die Frage nicht weit: „Wann fällt tatsächlich die Entscheidung, wann das HKW Leipzig-Süd ans Netz geht und auch Fernwärme erzeugt?“

Aber der Ausstieg aus der Braunkohle ist fester Bestandteil der Leipziger Klimastrategie. Der Fahrplan zur Inbetriebnahme des Gaskraftwerks in der Bornaischen Straße wird zumindest von der Geschäftsleitung der Stadtwerke nicht infrage gestellt: „Diese Investitionsentscheidung wurde im Sommer 2019 getroffen und wir sind im Plan für die Inbetriebnahme noch in diesem Jahr“, teilt uns SWL-Pressesprecher Frank Viereckl mit.

Wobei die Stadtwerke sehr wohl die Option berücksichtigen, dass Leipzig die Fernwärmelieferungen aus Lippendorf nicht sofort zum Jahresende 2022 beenden muss.

Die Stadtwerke können die Turbinen in der Bornaischen Straße jederzeit hochfahren, um Wärme und Strom für Leipzig zu produzieren. Aber sie können noch zwei Jahre auf die Fernwärmelieferungen aus Lippendorf zurückgreifen, bestätigt Viereckl: „Über den Erzeugungsmix entscheiden die Leipziger Stadtwerke regelmäßig in den zuständigen internen Gremien. Der Liefervertrag mit Lippendorf läuft bis 2025, also noch 3 Jahre. Zusätzlich zu dieser Option werden aber stets auch eigene Wärmequellen benötigt, um Leipzig ausreichend mit Fernwärme versorgen zu können.“

Was natürlich die Frage nach sich zieht: „Wird der Gaspreis bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen? Kann der einen Ausschlag geben, dass die Wärmeerzeugung noch für zwei Jahre ausgesetzt wird?“

Die Frage war etwas knifflig. Das geben wir zu.

„Sämtliche wirtschaftliche Faktoren, wie Energieeinkaufspreise, CO₂-Preise, Strompreise, Steuern, Abgaben etc. werden dafür betrachtet. Die Versorgungssicherheit steht dabei stets an erster Stelle. Daher ist ein Aussetzen der Wärmeerzeugung überhaupt keine Option“, teilen uns die Stadtwerke mit. Und betonen: „Das Heizkraftwerk Leipzig Süd ist ausschließlich für den gekoppelten Kraft-Wärme-Prozess ausgelegt.“

Das heißt: Wenn die Turbinen angefahren werden, dann produzieren sie immer Wärme und Strom zugleich. Der Vorteil ist: Sie können, wenn zusätzliche Wärme und zusätzlicher Strom benötigt werden, jederzeit hochgefahren werden, brauchen aber keinen Dauerbetrieb, wie das bei einem Kohlekraftwerk der Fall ist.

Wasserstoffnutzung rückt näher

Bis 2025 kann Leipzig also die Grundlast bei der Fernwärme weiter aus Lippendorf beziehen.

Ein Jahr, das auch deshalb interessant ist, weil damit auch das Ziel näher rückt, die Turbinen im Heizkraftwerk Süd mit grünem Wasserstoff zu beschicken. Denn wenn jetzt genug Akteure im Raum Leipzig beginnen, aus Solar- und Windkraftstrom grünen Wasserstoff zu produzieren, rückt das Jahr näher, in dem die Turbinen tatsächlich klimaneutral arbeiten können.

Was wir natürlich auch gefragt haben. Und auch die Stadtwerke rechnen inzwischen damit, dass sie nicht erst Mitte der 2030er Jahre mit Wasserstoff arbeiten werden.

„Das Kraftwerk ist H2-ready. Wann grüner Wasserstoff am Markt verfügbar und wirtschaftlich einsetzbar sein wird, ist heute noch nicht abzusehen“, bestätigt Frank Viereckl. „Bisher sind wir davon ausgegangen, dass es frühestens Anfang der 30er Jahre so weit sein wird. Es scheint nun aber möglich, dass die derzeitige weltpolitische Lage eher dazu führen wird, diese Umstellungsprozesse zu beschleunigen.“

In der Bilanzpressekonferenz der LWB im Juni hat Oberbürgermeister Burkhard Jung sogar schon eine sehr engagierte Jahreszahl in den Raum gestellt: Er rechnet schon ab 2026 damit, dass das Heizkraftwerk Leipzig-Süd mit grünem Wasserstoff beschickt werden kann.

Was den geplanten Betrieb mit Erdgas betrifft, hatte SWL-Abteilungsleiter Thomas Brandenburg Anfang August erklärt: „Es bleibt dabei, dass die ganze Anlage Ende Oktober in den regulären Betrieb starten kann.“

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