Eine kurze Diskussion am Mittwoch, 18. Mai, in der Ratsversammlung, brachte noch einmal das Thema Wirtschaftsverkehr auf die Tagesordnung. Seit ein paar Jahren ploppt es regelmäßig auf – meistens dann, wenn es um neue Radwege in Leipzig geht und die Besorgnisse einiger Unternehmer, dass sie mit ihren Fahrzeugen da nicht mehr durchkommen oder keine Stellplätze zum Beliefern mehr finden. Die CDU-Fraktion hat das Thema jetzt noch einmal aufs Tapet gehoben.

Für sie sprach Falk Dossin, der durchaus noch das Gefühl hat, dass der Wirtschaftsverkehr in Leipzig bloß als „Anhängsel des Motorisierten Individiualverkehrs“ betrachtet wird.

Aber das ist längst nicht mehr der Fall.

„In einer wachsenden, einer modernen Stadt nimmt auch der Wirtschaftsverkehr stetig und ständig zu. Das, was nicht mit dem eigenen KfZ/Lastenrad transportiert wird, wird nun angeliefert. Haushaltsnahe Dienstleistungen nehmen nicht nur aus demografischen Gründen zu. Um diesem Wachstum gerecht zu werden und die Weichen für einen effektiven und ökologischen Verkehr der Gewerbetreibenden zu stellen, sind die im Beschluss beschriebenen Maßnahmen zu verfolgen“, umreißt der CDU-Antrag das Problem, das weniger von den in Leipzig heimischen Unternehmen verursacht wird, wie Dossin andeutete.

Wenn Bequemlichkeit die Straßen verstopft

Sondern von einer völlig ausufernden Lieferlogistik, mit der sich immer mehr Leipziger immer mehr Produkte nach Hause liefern lassen, egal, ob mit DHL, Amazon, UPS oder einem der vielen anderen Lieferdienste, die oft genug Subunternehmer losschicken, um die Pakete auszuliefern.

Und während die anschwellenden Tonnagen von Kartons, die dabei verbraucht werden (rede da nur ja niemand von Umweltschutz), sorgt die massive Verknappung von verfügbarem Holz dafür, dass auf der anderen Seite die Papierpreise für Verlage explodieren.

Das ist zwar ein anderes Thema. Aber eigentlich ist es höchste Zeit, dass auch Leipzigs Stadtrat über all diese Auswüchse einer ausufernden Lieferlogistik diskutiert.

Zählungen zum Lkw-Verkehr rund um die Leipziger Innenstadt. Grafik: Stadt Leipzig

Seit 2018 werden die Lkw gezählt

Dass die Stadt das Thema seit dem Beschluss zur nachhaltigen Mobilitätsstrategie auf dem Schirm hat, stellt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag selbst fest, wenn sie auf die seit 2018 erfolgenden Lkw-Zählungen der Stadt verweist.

Längst liegen auch die Zählungen für 2020/2021 vor, sodass man ein sehr gutes Bild davon bekommt, wie viele Lkw jeden Tag auf Leipzigs Straßen rollen. Wie viele davon tatsächlich für Leipziger Unternehmen unterwegs sind, das wird nicht erfasst.

So gesehen rannte die CDU-Fraktion offene Türen ein, als sie beantragte: „Als Grundlage der weiteren Planungen wird eine neue und damit aktuelle Verkehrszählung durchgeführt. Die hierbei gewonnenen Werte werden dabei vergleichend mit den Zahlen der letzten Zählung des Verkehrsaufkommens 2018/19 und der Studie, die in Kooperation zwischen IHK und Stadt Leipzig durchgeführt wurde, aufbereitet und den zuständigen Fachausschüssen vorgelegt.“

Auf den Zählungen aufbauend soll dann ein Wirtschaftsverkehrsplan entwickelt werden, der auch potenzielle Anliefer- und Aufstellflächen und Logistik-Hubs enthält.

Auch Wirtschaftsverkehr muss nachhaltig werden

Die SPD-Fraktion hatte dann noch einen Extra-Antrag geschrieben, damit auch noch ein Extra-Ansprechpartner in der Verwaltung für den Wirtschaftsverkehr installiert wird.

Zwar hat die Stadt schon einige belastbare Zahlen und die Zählungen zeigen schon recht deutlich, wo Hauptrouten für Lkw sind und wo sie nicht ganz so oft auftauchen.

Aber dass die Stadt auch einen Plan für den Wirtschaftsverkehr braucht, sieht auch das Planungsdezernat so und hatte vorgeschlagen:

„Als Grundlage der weiteren Planungen wird eine solide Datenbasis zum Wirtschaftsverkehr geschaffen. Darauf aufbauend entwickelt die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Verbänden (wie IHK, HWK und weiteren Fachverbänden) einen Wirtschaftsverkehrsentwicklungsplan. Dieser gibt u. a. Auskunft über die Hauptadern des städtischen Wirtschaftsverkehrs und benennt aktuelle und potenzielle Anliefer- und Aufstellflächen sowie Logistik-Hubs. Dabei sind die Belange des Wirtschaftsverkehrs gemäß der entsprechenden Zielstellungen der Mobilitätsstrategie 2030 noch intensiver in alle betroffenen Bereiche zu integrieren.“

Das sagt zwar erst einmal nicht wirklich viel über die Zukunft des Wirtschaftsverkehrs aus, der eigentlich so, wie er aktuell ist, auch nicht bleiben kann. Und Linke-Stadträtin Franziska Riekewald wies auch zu Recht darauf hin, dass die meisten Leipziger Unternehmen gar keinen Lieferverkehr unterhalten. Es ist also ganz und gar nicht – wie Falk Dossin andeutete – wahrscheinlich, dass die Leipziger Unternehmen nun alle ins Umland abwandern, weil sie in Leipzig nicht mehr durchkommen.

Im Gegenteil: Das werden sich viele überlegen, denn dadurch verlängern sich ihre Lieferwege noch weiter, denn ihre Kunden sitzen größtenteils nun einmal in der Stadt.

Das heißt: Da sollten sich alle Beteiligten lieber Gedanken darüber machen, wie die Lieferfahrzeuge smarter und umweltfreundlicher werden – mit Elektrofahrzeugen, die es längst auch im Kleintransporterbereich gibt, und auch Lastenfahrrädern zum Beispiel.

Das Thema ist viel größer, als es auch der Beschlussvorschlag der Verwaltung zeichnet, den Franziska Riekewald dann auch zur Abstimmung stellen ließ. Mit dem klaren Ergebnis, dass 37 Stadträt/-innen dem Vorschlag zustimmten, nur acht dagegenstimmten und sich zwei der Stimme enthielten. Womit er angenommen ist.

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Wenn der Wirtschaftsverkehr – in dem notwendigen Umfang – funktionieren soll, muss die Anzahl der privaten Pkw, die nur dazu benutzt werden, eine Person durch die Gegend zu kutschieren und ansonsten die für Lieferung benötigten Lieferzonen (auch wenn sie nicht explizit ausgewiesen sind, jedes Haus, in dem Leute wohnen, die sich was liefern lassen, benötigt eine implizite Lieferzone) versperren und bei ihrer Bewegung oft genug Staus verursachen, drastisch reduziert werden. Dazu kann man Angebote (besserer ÖPNV, Grundversorgung vor Ort, Parkhäuser) machen, aber am Ende kommt man um eine Regulierung wohl nicht herum…

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