Bei den Beschäftigten im sächsischen Gastgewerbe richten sich die Blicke am Mittwoch, dem 2. Februar, nach Leipzig. Hier treffen sich der Arbeitgeberverband Dehoga und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zu Tarifverhandlungen in einem Hotel am Hauptbahnhof. Die Gewerkschaft hatte aus diesem Anlass zu einer Kundgebung vor dem Gebäude aufgerufen. Sie fordert 13 Euro pro Stunde für die untersten Lohngruppen – aktuell würden teilweise weniger als zehn Euro pro Stunde gezahlt.
Uwe Ledwig, NGG-Vorsitzender im Landesbezirk Ost und Verhandlungsführer für die Gewerkschaft, sprach in Anbetracht des Wetters von widrigen Bedingungen. „Aber das kennt ihr ja aus eurem beruflichen Alltag.“ Er verwies darauf, dass Sachsen laut Bewertungen auf einer großen Buchungsplattform das gastfreundlichste Bundesland in Deutschland sei. „Aber diese Leistung wird nicht angemessen honoriert.“In sieben anderen Bundesländern hat es nach Angaben der NGG bereits Tarifabschlüsse gegeben, teilweise mit Lohnzuwächsen von 27 Prozent in den unteren Tarifgruppen. Ähnliches, aber zumindest 13 Euro als Untergrenze, erhofft man sich nun für Sachsen. Mit dabei ist auch eine Gewerkschaftsdelegation aus Thüringen, wo sich die Arbeitgeberseite weigern würde, zu verhandeln.
Daniela Kolbe, bis 2021 für die SPD im Bundestag und seit Januar 2022 stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Sachsen, meldete sich ebenfalls zu Wort. Sie bezeichnete es als „peinlich“, dass die Arbeitgeber in anderen Bundesländern 13 Euro zahlen, aber behaupten, das in Sachsen nicht zu schafffen.
„Was aktuell im Tarifvertrag steht, reicht nicht aus, um eine Familie zu ernähren“, so Kolbe. Viele Beschäftigte hätten dem Beruf bereits während der Corona-Pandemie den Rücken gekehrt. „Wir erleben einen stillen Abgang in vielen Bereichen.“ Kolbe forderte: „Lasst uns laut kämpfen!“
Der sächsische SPD-Vorsitzende Henning Homann bezeichnete es als gutes Recht der Beschäftigten, die Tarifverhandlungen „mit aller Härte zu führen“. Die Zeiten von Niedriglöhnen seien vorbei. Er verwies auch auf die Diskussionen im Vorfeld der Einführung des Mindestlohnes. All die negativen Folgen, die für den Fall deutlicher Lohnerhöhungen prognostiziert wurden, seien nicht eingetreten.
Homann beklagte zudem, dass sich die Wirtschaftsverbände widersprüchlich äußern würden: Einerseits bezeichneten sie einen Mindestlohn von zwölf Euro als zu hoch, andererseits würden sie sich über Fachkräftemangel beschweren.
Nachtrag der Redaktion vom 3. Februar 2022
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat sich am Abend des gestrigen 2. Februar 23022 mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Sachsen (DEHOGA) auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt.
Dazu schreibt die Gewerkschaft: „Der Abschluss sieht die ersten Erhöhungen zum 01.04.2022 vor und hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2023. Die Löhne für die unterste Lohngruppe steigen in 4 Stufen um insgesamt 29,8 Prozent: Zum 01.04.2022 von 10,01 EUR auf 11,23 EUR Zum 01.10.2022 auf 12,24 EUR Zum 01.01.2023 auf 12,61 EUR Zum 01.06.2023 auf 12,99 EUR.“
Weiter hieß es seitens der NGG, dass für „Fachkräfte die Löhne im Ecklohn in 4 Stufen um insgesamt 24,8 Prozent“ steigen würden. „Zum 01.04.2022 von 10,87 EUR auf 11,82 EUR (+ 8 Prozent) Zum 01.10.2022 auf 12,88 EUR (+ 9 Prozent) Zum 01.01.2023 auf 13,27 EUR (+ 3 Prozent) Zum 01.06.2023 auf 13,67 EUR (+ 3 Prozent).“
Auszubildende wiederum erhalten laut NGG „zum 01.04.2022 eine Erhöhung aller Ausbildungsjahre von 60 EUR. In 2 weiteren Stufen erfolgen dann prozentuale Erhöhungen von insgesamt 21,8 Prozent bis 22,3 Prozent. Zum 01.08.2022: 1. AJ 900 EUR, 2. AJ 1.000 EUR, 3. AJ 1.100 EUR Zum 01.08.2023: 1. AJ 950 EUR, 2. AJ 1.050 EUR, 3. AJ 1.150 EUR.“
Redebeiträge & Impressionen der NGG-Kundgebung
Video: LZ
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