Es war ein geradezu typisches Beispiel für alten Trott, Gedankenlosigkeit und Zeichen-der-Zeit-nicht-Verstanden, als die Leipziger Stadtwerke mehreren Geschäftskunden einen Tankgutschein zuschickten, erworben zwar schon 2019. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Stadtwerke genauso wie der ganze L-Konzern einen klaren Auftrag haben, die Energiewende in Leipzig voranzutreiben. Da gehen Gutscheine für einen Mineralölkonzern überhaupt nicht, kommentiert Michael Neuhaus den Vorgang.

Er ist umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat. Und die Antwort der Stadtwerke auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat findet bei ihm überhaupt kein Verständnis. Danach haben die Stadtwerke etwa 400 Aral-Tankgutscheine im Wert von 25 Euro an ihre Geschäftskund/-innen verteilt, um diesen über die Folgen der Coronakrise hinwegzuhelfen.Laut Verwaltung – die dabei eine Auskunft der Stadtwerke übernahm – sind die Gutscheine Teil eines Bestandes, den diese seit 2019 besaßen. Begründet wird die Aktion damit, dass man den Gewerbetreibenden unbürokratische Hilfe zukommen lassen wollte.

„Unsere Fraktion ist verwundert über das Vorgehen der Leipziger Stadtwerke und zweifelt massiv an deren Sinnhaftigkeit. Die Verteilaktion der Leipziger Stadtwerke verstößt gegen die zentralen klimapolitischen Beschlüsse des Stadtrates“, erklärt Michael Neuhaus.

„Ein Unternehmen, dem es untersagt wurde, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren anzuschaffen und das für jede mit fossilen Kraftstoffen zurückgelegte Strecke Geld in einen Klimaschutzfond einzahlt, verteilt Tankgutscheine in einem Gesamtwert von 10.000 Euro für einen klimaschädlichen Mineralölkonzern. Das ist an Absurdität kaum zu überbieten und schadet dem Image der Stadtwerke.“

Das Argument, dass die Gutscheine noch aus dem Jahr 2019 sind, lässt er nicht gelten. Die Gutscheine, die aus Geldern der Stadtwerke Leipzig finanziert wurden, hätten ebenso gut von den Stadtwerken selbst verwendet werden können, so Neuhaus. Noch abenteuerlicher sei die Begründung, man habe damit unbürokratische Hilfe für regionale Unternehmen leisten wollen. Es stelle sich die Frage, warum die Stadtwerke nicht einfach die Stromkosten rabattiert hätten. Das wäre nicht nur ökologischer, sondern auch unkomplizierter gewesen.

„Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Stadt Leipzig hat mit dem BP-Konzern, zu dem Aral gehört, städtisches Geld an einen milliardenschweren Klimakiller weitergereicht. An die Beschäftigten, die mindestens genauso hart von der Corona-Krise getroffen wurden, wurde dabei nicht gedacht“, benennt Neuhaus einen weiteren unbedachten Aspekt an dem Vorgang.

„Sie gingen bei der Verteilaktion leer aus. Immerhin räumen die Stadtwerke selbst ein, dass es sich bei der Nummer ‚natürlich nicht um einen Beitrag zum Klimaschutz‘ handelt und wollen nach dem Aufbrauchen des Bestandes keine weiteren Tankgutscheine mehr verteilen.“

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Erstens, das Gegender nervt. Nun werden schon juristische Personen in Geschlechter unterteilt! 😀 “Geschäftskund/innen”, sehr lustig.

Und dann: Man unterstützt mit den Gutscheinen natürlich die direkten Kunden und nur sekundär die Ölkonzerne.. DAS war der Sinn. Diese hyperventilierende Verdrehung der Tatsachen ist einfach nicht ernst zu nehmen, auch wenn der x-te Artikel darüber erscheint um das Minithema am köcheln zu lassen.

Und egal ob die Tankgutscheine, die vorhanden waren, nun an eigene Leute oder “externe” gehen – der Effekt bleibt doch der Gleiche?! Vor allem weil der Geldfluss hin zum Ölkonzern ja längst stattgefunden hat und nun lediglich der Wertausgleich stattfindet.

Schreiben Sie einen Kommentar