Am Dienstag, 30. Dezember, legte das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales den Wirtschaftsbericht der Stadt Leipzig 2020 vor. Immerhin ist 2020 ein „besonderes Jahr“, wie das Dezernat betont. Einem jahrelangen Wachstum in fast allen Bereichen folgte nun – bedingt nicht nur durch die Corona-Pandemie – ein deutlicher Dämpfer. Auch wenn der Bericht noch gar keine abschließende Bilanz zum Jahr 2020 geben kann.
So wie die Corona-Pandemie das Leben insgesamt prägte und prägt, schlägt sie sich auch in dem 104-seitigen Bericht nieder, bilanziert das Wirtschaftsdezernat den Inhalt: „Firmen mussten ihre Geschäftsabläufe oder gar ihre Geschäftsmodelle überarbeiten. Tourismus, Gastronomie, Einzelhandel und die Kreativschaffenden haben zu kämpfen. Mit einem eigenen Programm für Solo-Selbstständige hat die Stadt Leipzig ab Mai 2020 die Sonderprogramme von Bund und Land ergänzt. Die Wirtschaftsförderung hat das Programm in drei Wochen entwickelt, in drei weiteren Wochen konnten bereits 75 Prozent der etwa 3.000 Anträge bearbeitet und ausgezahlt werden.“
„Ein breites Bündnis von der Unternehmerschaft über die Wirtschaftsverbände und die Politik bis zur öffentlichen Verwaltung arbeitet an einer möglichst schnellen Rückkehr auf den Wachstumspfad der Wirtschaft, ohne dabei den Blick auf unsere Umwelt zu vernachlässigen. Darum geht Leipzig in die Investitionsoffensive: 300 Millionen Euro wird die Stadt in den kommenden zwei Jahren investieren – weil wir fest daran glauben, dass es weitergeht“, zeigt sich Oberbürgermeister Burkhard Jung zuversichtlich.
„Ich bleibe hoffnungsfroh und baue auf die Kraft und Leistungsfähigkeit dieser Stadt, ihrer Bürgerinnen und Bürger und ihrer Unternehmen. Danke an alle, die solidarisch sind und die Stellung halten, um wieder durchzustarten.“
„Der Wirtschaftsbericht 2020 spiegelt dieses ganz besondere Jahr unter Pandemiebedingungen. Er zeigt aber auch, dass sich die Leipziger Wirtschaft nicht unterkriegen lässt, sich Risiken stellt 2021 mit Tatkraft, unternehmerischem Weitblick und Gemeinsinn wieder durchstarten will“, sagt der kommissarische Leiter des Dezernats für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, Clemens Schülke.
Auch in der Pandemie gebe es weiter viel Positives: „Die Baukräne drehen sich in Leipzig weiter, lang geplante Investitionen werden weiterverfolgt. Die Wirtschaftsförderung bereitete den Boden für (Neu-)Leipziger Unternehmen. So hat Leipzig im Sommer 2020 mit der Erschließung des 40 Hektar umfassenden Industriegebietes ,Seehausen II‘ im Norden der Stadt begonnen. Im Gewerbepark Stahmeln werden 54 Hektar erschlossen, mit dem Batteriehersteller Dräxlmaier als Ankernutzer.
Und im Nordosten Leipzigs, in Thekla, plant die Wirtschaftsförderung einen neuen Technologie-Park: den EnergyCity Campus Leipzig. Neue Unternehmen kommen in die Stadt, wie der Onlinehändler für Geschäftskunden Mercateo, der 2020 seinen Hauptsitz nach Leipzig verlagert hat und im Herzen der Stadt eine neue Firmenzentrale für 500 Mitarbeiter baut. Mit einer Großansiedlung der Beiersdorf AG im Norden der Stadt verbreitert Leipzig seine industrielle Basis und Branchenvielfalt. Das Frachtaufkommen am Leipzig/Halle Airport ist in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 um 8,4 Prozent gewachsen.“
Womit man bei dem Grund dafür ist, dass Leipzig nicht vehementer gegen den immer lauteren Frachtflughafen auf Schkeuditzer Gebiet vorgeht. Der Flughafen taucht sogar gleich zwei Mal auf im Bericht – einmal als Vorzeigeunternehmen in Sachen Mobilität, das 11.000 Menschen eine Arbeit gibt, und zum anderen als Logistik-Schwerpunkt, der allein 6.000 DHL-Mitarbeitern einen Job gibt. Die 6.000 DHL-Mitarbeiter stecken natürlich mit drin in den 11.000 Flughafen-Beschäftigten.
Die eigentlichen Wachstumsbranchen und damit auch für die Zukunft bestimmend sind aber völlig andere: Zum einen ist es das seit Jahren stark wachsende Segment „Gesundheitswirtschaft & Biotechnologie“, in dem die Beschäftigtenzahl seit 2005 von 21.705 auf 44.696 gewachsen ist. Und zum anderen ist es die „IT-, Medien- & Kreativwirtschaft“. Waren hier 2005 noch 21.991 Menschen beschäftigt, so waren es in diesem Jahr schon 35.972. Was nicht heißt, dass alle Kreativbereiche wuchsen. Wachstumstreiber ist hier die IT-Branche, die so leise arbeitet, dass sie meist gar nicht wahrgenommen wird.
Und ihr kommt eben auch zugute, dass Leipzig – verglichen mit anderen ostdeutschen Regionen – schon relativ gut ausgestattet ist mit Serverkapazitäten und Breitbandanbindungen. Aber da soll es ja noch einen wichtigen nächsten Schritt geben, betont das Wirtschaftsdezernat: „Ganz aktuell, am 11. Dezember 2020, startete ein 23 Millionen Euro starke Ausbauprojekt für die digitale Infrastruktur Leipzigs. Das Amt für Wirtschaftsförderung hat Fördermittel von Bund und Land zum Bau von circa 400 Kilometer neuer Glasfaserleitungen eingeworben. Die Stadt schließt damit letzte weiße Flecken auf der Karte und bindet 350 Unternehmen, 150 Schulen und 2.500 Haushalte an das Hochleistungsnetz an.“
Zu den Zukunftsbranchen gehört eigentlich auch die Energiewirtschaft. Aber dort entstehen deutlich weniger neue Arbeitsplätze. Auch die alternativen Energietechnologien kommen mit recht wenig Personal aus.
Und eigentlich würde sich 2020 lohnen, sehr genau hinzuschauen, welche Branchen aus welchen Gründen besonders unter den Corona-Folgen leiden. Denn einige dieser Einbußen haben auch damit zu tun, dass hier ein Zeitalter zu Ende geht. Was auch auf die bislang noch von Verbrennern dominierten Automobilbauer zutrifft.
Und so fasst der Bericht die bislang absehbaren wirtschaftlichen Folgen auch schon für das Vor-Corona-Jahr 2019 so zusammen: „Unter dem Einfluss der Automobilindustrie, die mit einem weltweiten Nachfragerückgang zu kämpfen hat, trübte sich die Situation der Industrieunternehmen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig bereits 2019 gegenüber dem Vorjahr leicht ein. Unter dem Strich sanken die Umsätze der Industrie erstmals seit sechs Jahren wieder (minus 300 Millionen Euro beziehungsweise 2,2 Prozent auf 14,98 Milliarden Euro in den 516 berichtspflichtigen Industrieunternehmen).
In der Stadt Leipzig fiel der Gesamtumsatz der 167 berichtspflichtigen Industrieunternehmen im Jahr 2019 um 3,5 Prozent auf 9,61 Milliarden Euro. Der Auslandsumsatz stieg geringfügig um 0,3 Prozent auf 4,93 Milliarden Euro. Das 2019er Beschäftigungsplus in Höhe von 1,4 Prozent auf 22.762 Personen in der Leipziger Industrie wird unter dem Druck der Coronakrise vorläufig keine Fortsetzung finden.
Mehr als jede vierte Firma geht kurzfristig von rückläufigen Mitarbeiterzahlen aus. Nach Störungen in den internationalen Lieferketten, Stornierungen von bereits ausgelösten Aufträgen sowie deutlich gesunkenen Auftragseingängen fallen die Geschäftserwartungen deutlich pessimistisch aus. Zwei Drittel der Leipziger Industrieunternehmen rechnen für das Jahr 2020 mit sinkenden Umsätzen.“
Der Wirtschaftsbericht ist kostenfrei auf Deutsch und Englisch erhältlich: im Neuen Rathaus, Raum 29, unter Telefon 123-5859 sowie im Internet unter www.leipzig.de/download-business.
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