Selbst zwei simple Zahlen zeigen, wie sehr sich die Wirtschaftsentwicklung in Leipzig von der gesamten sächsischen Entwicklung unterscheidet. Lag der Wirtschafts-Klimaindex der sächsischen IHKs zum Jahresbeginn 2020 bei 120, kletterte er in Leipzig wieder auf 132 Punkte. Was nicht bedeutet, dass nicht auch hier die Industrie mit einiger Vorsicht in die Zukunft schaut. Aber Leipzig ist viel stärker vom Dienstleistungsgewerbe geprägt.
Und so kann die IHK zu Leipzig in ihrem neuen Konjunkturbericht melden: Nach der kräftigen Eintrübung im Herbst 2019 hellt sich die Stimmung der Unternehmen im IHK-Bezirk Leipzig zum Jahresbeginn 2020 wieder auf. Sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen werden besser bewertet als zuletzt. Der IHK-Geschäftsklima-Index steigt leicht um drei auf 132 Punkte. Dies lässt auf ein moderates regionales Wirtschaftswachstum hoffen.
Vor allem das Bau- und das Dienstleistungsgewerbe tragen mit ihren optimistischen Erwartungen zur besseren Stimmung bei. Schwachpunkt bleibt die Industrie. Zu diesem Ergebnis kommt die Konjunkturbefragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig zum Jahresbeginn 2020, an der sich 587 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit insgesamt mehr als 38.000 Beschäftigten beteiligt haben.
Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig, erklärt dazu: „Noch im Herbst letzten Jahres bekam auch die regionale Wirtschaft die Auswirkungen der schwächelnden Weltkonjunktur zu spüren. Das Stimmungsbarometer sank deutlich. Jetzt, nur wenige Monate später, korrigieren die Unternehmen – trotz unverändert schwieriger Rahmenbedingungen – ihre Prognosen leicht nach oben. Auch die Investitionsbereitschaft nimmt wieder zu. Das stimmt hoffnungsvoll.
Die Wirtschaft muss jetzt in ihrer wiedererlangten Zuversicht auch von Politik und Verwaltung erkennbar unterstützt werden. Ganz oben stehen ein effektiver Bürokratieabbau sowie spürbare Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Auch das so wichtige und lang erwartete Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird ab März 2020 nur dann die nötige Wirkung zeigen, wenn in der Praxis einfache und schnelle Anerkennungs- und Genehmigungsverfahren für ausländische Arbeitskräfte aus Drittstaaten verankert werden.“
Das klingt erst einmal optimistisch.
Industrie unter Druck
Aber auch Leipzigs Industrie steht unter Druck. Denn auf ihren weltweiten Absatzmärkten gibt es Probleme, die sich über Weihnachten eben nicht aufgelöst haben.
Die Situation in der regionalen Industrie hat sich, im Gegensatz zu den anderen Wirtschaftsbereichen, weiter verschlechtert, betont deshalb die IHK. Die Lageeinschätzung sinkt im Vergleich zum bereits schwachen Herbstergebnis nochmals um vier auf nunmehr +44 Prozentpunkte.
Die Geschäftserwartungen stagnieren auf dem verhaltenen Niveau der vorherigen Umfrage, per saldo bei +5 Prozentpunkten. Eine grundlegende Trendwende für die Industrie ist demnach nicht in Sicht. Vielmehr dürfte sich die Branche auf aktuellem Niveau konsolidieren. Die Ungewissheit über die Entwicklung des Welthandels bremst nach wie vor die Erwartungen. Die Exportaussichten verbessern sich nur geringfügig.
Was dann auch den Großhandel trifft. Auch dort hadert man mit den Geschäften.
Die Situation im Großhandel hatte sich infolge der Konjunkturflaute, die sich gerade im Industriesektor bemerkbar machte, zuletzt spürbar eingetrübt. Nun stabilisiert sich die Lage zumindest, der entsprechende Saldo liegt unverändert zum Herbst 2019 bei +23 Punkten. Die Geschäftsaussichten, die im vergangenen Jahr eher verhalten ausfielen, lassen nun Zuversicht erkennen. Die Geschäftserwartungen steigen per saldo kräftig um 12 auf +10 Prozentpunkte.
Bau und Dienstleistung sind auch in Leipzig die Motoren
Das Baugewerbe meldet hingegen zu Jahresbeginn 2020 eine ausgezeichnete Geschäftslage: Drei Viertel der Unternehmen sind zufrieden, kein Betrieb äußert sich unzufrieden. Der Saldo von +75 Punkten ist nach wie vor der mit Abstand beste Wert aller Wirtschaftsbereiche.
Die Geschäftserwartungen der Bauunternehmen lassen – nach schwächeren Prognosen im Herbst 2019 – derzeit keine Abkehr vom Wachstumspfad erkennen. Gut ein Viertel der Baufirmen rechnet für die kommenden zwölf Monate sogar mit noch besseren und nur zwei Prozent mit schlechteren Geschäften.
Das Dienstleistungsgewerbe kann einmal mehr auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken, entsprechend positiv ist die Stimmung: Nach wie vor melden über 60 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage. Per Saldo erreicht die Geschäftslage mit +62 Punkten das bisherige Allzeithoch von Jahresbeginn 2019. Auch die Geschäftserwartungen der Dienstleister sind unverändert optimistisch. Über 90 Prozent der Firmen rechnen in den kommenden Monaten mit einer gleichbleibend guten bis besseren Geschäftslage.
Nach der kräftigen Stimmungseintrübung im vergangenen Herbst hat sich auch die Situation im Einzelhandel im letzten Quartal wieder deutlich erholt. Fast zwei Drittel der Einzelhändler melden zum Jahresbeginn 2020 eine gute Geschäftslage. Der Lage-Saldo steigt um 14 auf +52 Prozentpunkte. Die Geschäftsaussichten aber bleiben nach wie vor zurückhaltend. Der Prognose-Saldo liegt unverändert bei +4 Punkten.
Und auch die Geschäftslage im Verkehrs- und Logistikgewerbe ist trotz der aktuellen Konjunkturschwäche nach wie vor recht gut. Deutlich über die Hälfte der Firmen (57 Prozent) beurteilen ihre Geschäftslage mit gut und nur sechs Prozent sind unzufrieden. Der Saldo steigt um vier auf +51 Punkte. Die Geschäftserwartungen hingegen stagnieren bei +14 Punkten. Damit ist die Prognose zwar weit vom Optimismus früherer Jahre entfernt, bleibt aber dennoch zuversichtlich. Jedes vierte Unternehmen geht von besseren und nur 11 Prozent von schlechteren Geschäften aus.
Und da passt dann auch die Nachricht vom neuen Tourismusrekord in Leipzig mit 3,6 Millionen gezählten Übernachtungen: Die aktuellen Lageeinschätzungen im Gast- und Tourismusgewerbe fallen positiv aus: Über die Hälfte der Betriebe melden eine gute und nur sieben Prozent eine schlechte Geschäftslage. Der Saldo von +48 übertrifft das Vorjahresergebnis um sechs Punkte. Trotz der positiven Entwicklung in den vergangenen Monaten – das zehnte Mal in Folge wurde in der Region Leipzig ein neuer Gästerekord erzielt – bleibt der Ausblick der Branche mit einem Saldo von -2 Prozentpunkten äußerst verhalten.
Fachkräfte sind nach wie vor Thema Nummer 1
Wenn aber der größere Teil der Leipziger Wirtschaft einem guten Geschäftsjahr entgegenblickt, dann fördert das logischerweise auch den Mut zu neuen Investitionen. Bei den Investitionsaktivitäten zeigt die Richtung – nach zuletzt rückläufigen Planungen – wieder nach oben, stellt die IHK nun fest. Insbesondere der Anteil der Betriebe mit steigenden Investitionsausgaben legt zu.
Der Investitionssaldo erhöht sich um fünf auf +14 Prozentpunkte und erreicht damit fast seinen Vorjahresstand (+15 Prozentpunkte). Nach notwendigen Ersatzbeschaffungen sind Produktinnovationen aktuell das zweithäufigste Investitionsmotiv.
Die Personalplanungen der Unternehmen haben sich zwar kaum verändert. Doch jede vierte Firma plant in diesem Jahr mit einer steigenden und nur jede zehnte mit einer sinkenden Mitarbeiterzahl. Der Saldo von +15 Prozentpunkten liegt zwar um vier Prozentpunkte unter dem Ergebnis vom Jahresbeginn 2019, lässt – bei entsprechend positiver Mitarbeiterakquise – aber nach wie vor einen moderaten Beschäftigungszuwachs in der gewerblichen Wirtschaft erwarten.
Und wo Fachkräfte gebraucht werden, werden sie natürlich auch zum Sorgenthema. Gleich im doppelten Sinn: Findet man überhaupt noch Fachkräfte? Und kann man ihnen auch noch einen attraktiven Lohn bieten, damit sie auch zusagen? Das steckt nämlich hinter dem Wörtchen „Arbeitskosten“.
In der aktuellen Risikobewertung der Unternehmen rücken die Arbeitskosten vor den Fachkräftemangel an erste Stelle. 52 Prozent der Betriebe sehen in hohen Arbeitskosten ein Risikopotenzial, 47 Prozent in fehlenden Fachkräften. Danach folgt wie zuletzt die Inlandsnachfrage, in der 42 Prozent der Unternehmen ein Geschäftsrisiko ausmachen. Danach schließen sich in unveränderter Reihenfolge die kostenrelevanten Faktoren Energiepreise, Kraftstoffpreise sowie Rohstoffpreise an.
In der sächsischen Wirtschaftsentwicklung überlappen sich zwei völlig gegenläufige Trends
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