Die Natur 21 GmbH hatte bislang im Geflecht der Leipziger Stadtwerke eine Mauerblümchenrolle. Eigentlich eine Blümchenrolle. Eine ganz kleine. Denn sie stand bislang allein für den Geschäftsteil mit den Erneuerbaren Energien. Aber OBM Burkhard Jung hat für das Mauerblümchen eine große Zukunft im Blick: Aus der Natur 21 soll die Leipziger Kommunale Energieeffizienz GmbH (LKE) werden.
Die kleine Handelseinheit soll über sich hinauswachsen und völlig neue Aufgaben bekommen. Aber dafür muss der Gesellschaftervertrag geändert werden, denn die Natur 21 ist eine Tochter der Stadtwerke und die ist Tochter der Stadtholding LVV und die gehört der Stadt. Das heißt: Es gibt da noch ein Restchen an Mitbestimmung, an dem der Stadtrat seine Zustimmung geben muss, sonst darf der OBM der LVV-Leitung nicht sagen, dass deren Tochter, die Stadtwerke Leipzig GmbH, ihre Tochter Natur 21 in eine viel größere und gewichtigere Arbeitseinheit umwandeln darf.
Mit völlig neuen Aufgaben. Denn der OBM möchte der neuen Stadtwerke-Tochter gern die komplette Wärmeversorgung der städtischen Gebäude übertragen. Eine Millionen-Aufgabe, bei der das städtische Amt für Gebäudemanagement (AGM) mittlerweile an seine Grenzen stößt. Der Großteil der Energieanlagen stammt aus den frühen 1990er Jahren, hat die Grenze seiner Lebensdauer erreicht und funktioniert zwar noch.
Aber im Grunde sind die damaligen Investitionen abgeschrieben. Die Anlagen sind auch moralisch veraltet, denn sie haben – nach heutigen Standards – teilweise die falsche Energiequelle (Öl), sind nicht effizient genug (haben also einen zu hohen Energieverbrauch) und stoßen auch noch zu viele Schadstoffe aus.
Da die Heizungen damals quasi alle in einem Ritt eingebaut wurden, kommt jetzt eine Rieseninvestitionsaufgabe in Höhe von mehreren Millionen Euro auf die Stadt zu, die finanziell und logistisch kaum zu stemmen ist.
Deswegen möchte OBM Burkhard Jung diesen Job gern auslagern
Am liebsten an eine stadteigene Firma – die es bis dato noch nicht gibt. „Inhalt des Beschlussvorschlages ist es, eine bestehende Tochtergesellschaft der Leipziger Stadtwerke – die Natur21 GmbH – als inhouse-fähige Vertragspartnerin der Stadt Leipzig für Energie-Contracting auszugestalten. Als Energie-Contracting werden vertragliche Gestaltungen bezeichnet, bei denen ein Energiedienstleistungsunternehmen a) eine Energieerzeugungsanlage für ein Gebäude entweder plant, finanziert und errichtet oder b) eine vorhandene Energieerzeugungsanlage übernimmt“, heißt es in der Vorlage für den Stadtrat.
Das ist ein Modell, bei dem die Stadtwerke Leipzig schon Erfahrungen gesammelt haben. Quasi Energieversorgung aus einer Hand. Die neue Firma LKE erneuert nicht nur alle alten Anlagen und schreibt sie dann im eigenen Portfolio ab, so dass die Investitionskosten nicht die Stadt belasten. Die Stadt bezahlt die LKE im Gegenzug nicht nur für den Bezug von Wärme, sondern eben auch für die Nutzung der Anlagen, deren Wartung und Überwachung.
Contracting nennt sich das dann. Inhouse-Contracting. Aber der Vorteil ist: Damit werden auch die städtischen Heizungsanlagen Teil des wachsenden computergestützten Steuerungsnetzwerkes der Stadtwerke. Die überwachen die Anlage alle zentral und können bei Störungen schnell eingreifen.
Und mit der Erneuerung der alten Heizungen geht natürlich auch eine Brennstoff- und Kostenersparnis einher. Die Energieversorgung der städtischen Gebäude wird preiswerter. Was dann natürlich die Kosten im Contracting bestimmt. Aus der Stadt als Kunde für Gas wird nun ein Kunde, der bei seiner eigenen Tochterfirma die komplette Wärmeversorgung einkauft.
Ein Modell übrigens, das die Stadtwerke längst auch privaten Unternehmen anbieten, die damit die Optimierung ihrer Energieversorgung ebenfalls outsourcen und ganz in die Hände eines Komplett-Energieversorgers legen.
Für die Stadt Leipzig verschiebt sich also der Punkt, an dem sie zum Kunden der Stadtwerke wird: „Die Leipziger Kommunale Energieeffizienz GmbH (LKE) liefert für einzelne Gebäude künftig Wärme aus eigenen Anlagen, statt wie bisher lediglich Primärenergie Gas, welches in stadteigenen Anlagen zu Wärme umgewandelt wurde. Der Übergabepunkt verschiebt sich damit vom Gaszähler hinter den Wärmemengenzähler. Mit der Verschiebung der Leistungsgrenze lagert die Stadt somit Pflichten und Risiken auf den Energiedienstleister aus.“
Der aber natürlich auch weiterhin der Stadt gehört. Und auch weiterhin Gewinne machen soll. Die Gewinne aber bleiben im Konzern – heißt: bei den Stadtwerken, aus deren Gewinn ja bekanntlich die Zuschüsse für die LVB generiert werden.
Die Vorlage betont auch, dass man verschiedene Szenarien untersucht habe, nach denen das Szenario LKE für die Stadt das günstigste ist.
Die anderen Szenerien waren das übliche „Weiter so“-Szenario, das die Autoren forsch „Verschleißszenario“ genannt haben. Kein Mensch wird so ein Szenario ernsthaft ins Auge fassen.
Im Grunde ging es nur um drei Szenarien
Das Eigenbeschaffungsszenario, das vor allem die finanziellen Spielräume der Stadt derzeit völlig übersteigt, die Fremdbeschaffung bei Dritten, die aber auch den stadteigenen Prüfern bei einer solchen Versorgungsaufgabe zu risikobehaftet war, und eben das Inhouse-Prinzip mit der eigenen Stadtwerke-Tochter.
Das vereint die Langfristigkeit der notwendigen Investitionen mit einer Minderung des Risikos, weil die LKE natürlich der Kontrolle in den stadteigenen Unternehmen unterliegt. Irgendwann im Frühjahr wird diese Vorlage auch in der Debatte des Stadtrates auftauchen.
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Linke Tasche – rechte Tasche…
Dies wird nicht zu mehr Effizienz führen, da sich die Beteiligten und das vorhandene Know How nicht ändern.
Bürokratischer Taschenspielertrick.