Das war jetzt deutlich. Mit dem Urteil vom Donnerstag, 31. August, hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) auf Antrag der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Verordnung der Stadt Leipzig zu Sonntagsöffnungen in Leipzig im Jahr 2017 weitgehend für unwirksam erklärt (OVG Bautzen, 3 C 9/17). Großzügig hatten Verwaltung und Stadtrat Geschäftsöffnungen im ganzen Stadtgebiet erlaubt und damit den gesetzlichen Rahmen deutlich überreizt.

Der Streit geht seit Jahren, nur war es jetzt einige Jahre etwas stiller geworden darum, nachdem die CDU/FDP-Regierung die Möglichkeiten für die Festsetzung solcher verkaufsoffenen Sonntage deutlich ausgeweitet hatten. Was Leipzigs Verwaltung so interpretierte, dass an so einem verkaufsoffenen Sonntag auch sämtliche Supermärkte im Stadtgebiet öffnen dürfen.

Aber das sieht das Verwaltungsgericht nicht so. Es sah hier eine sehr willkürliche Konstruktion, die zwei rein auf die Innenstadt beschränkte Ereignisse zum Rahmen für eine stadtweite Sonntagsöffnung machten. Die Öffnungstage sind also erst einmal kassiert. Denn gleichzeitig hat es die Verordnung in einem Eilverfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsachverfahrens in diesem Umfang auch außer Vollzug gesetzt (OVG Bautzen, 3 B 119/17), so dass von dieser Verordnung insoweit kein Gebrauch gemacht werden kann.

Die Stadt Leipzig hatte mit der Verordnung festgelegt, dass die Geschäfte im gesamten Stadtgebiet aus Anlass der „Leipziger Markttage“, des „Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm“ und des Leipziger „Weihnachtsmarktes“ an insgesamt vier Sonntagen im Jahr öffnen können.

Diese Verordnung erklärte das OVG nun für weitgehend rechtswidrig. Die Anlässe können nicht als prägend für die jeweiligen Sonntage im gesamten Stadtgebiet angesehen werden. Es ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass sich die Anlässe in den weiter von der Innenstadt gelegenen Stadtgebieten wie zum Beispiel in Paunsdorf in prägender Weise auswirken. Paunsdorf taucht hier als typisches Beispiel dafür auf, wie ein ganz und gar nicht zentral gelegenes Einkaufscenter im Schatten von Innenstadt-Ereignissen einfach noch ein paar zusätzliche Öffnungsstunden bekommt und das Publikum sogar abzieht. Denn wer im Paunsdorf Center einkauft, wird an dem Tag wohl eher nicht in die Leipziger City fahren.

Darüber hinaus habe die Stadt keine Daten ermittelt, auf deren Grundlage eine verlässliche Prognose möglich gewesen wäre, betont ver.di. Lediglich hinsichtlich des Weihnachtsmarktes könne auch ohne weitere Prüfung davon ausgegangen werden, dass dieser zumindest für den innerstädtischen Bereich als prägend anzusehen ist, weswegen die beiden Sonntagsöffnungen im Advent beschränkt auf die Innenstadt stattfinden können.

Ver.di und die „Allianz für den freien Sonntag“ begrüßen das Urteil als wichtigen Schritt zur Stärkung des verfassungsrechtlichen Sonntagsschutzes.

„Wir engagieren uns mit der Allianz für den freien Sonntag seit Jahren dafür, dass der Sonntag nicht immer mehr zu einem normalen Werktag wird. Sonntagsarbeit soll auf das wirklich erforderliche Maß beschränkt bleiben. Die Sonntagsruhe, die als Unterbrechung der werktäglichen Geschäftigkeit für die Menschen und die Gesellschaft von herausragender Bedeutung ist, muss im Interesse aller erhalten blieben. Das Urteil ist ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung“, so die Einschätzung des ver.di Landesbezirksleiters für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Oliver Greie.

Die Leipziger Stadtverwaltung hat auf den Gerichtsentscheid reagiert. “Die Stadt Leipzig wird nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen zu den Sonntagsöffnungszeiten in der Stadt zunächst die schriftliche Begründung abwarten. Erst nach eingehender Prüfung wird die Stadt über mögliche Rechtsmittel entscheiden”,teilt das verantwortliche Ordnungsdezernat mit.

Das OVG Bautzen hat die Sonntagsöffnungs-Verordnung der Stadt überwiegend für unwirksam erklärt. Die beabsichtigten Sonntagsöffnungen zu den Leipziger Markttagen (1. Oktober) und zum 60. Jubiläum des DOK-Film Festivals (5. November) hat das Gericht untersagt. Die beiden verkaufsoffenen Sonntag im Advent (3. und 17. Dezember) bleiben – mit der Begrenzung auf die Innenstadt – weiter möglich.

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Es gibt 3 Kommentare

Mir fällt da nur ein : “Leipziger Freiheit” – war schon immer ein Synonym für Willkür.
Daß Verwaltung und Stadrat hier einträchtig gegen geltendes Recht verstoßen, wundert auch nicht.

Ich halte die normalen Öffnungszeitenregelungen für völlig ausreichend, diese werden ja auch eher selten voll ausgenutzt.
Oder gibt es beispielsweise in der Innenstadt groß Geschäfte die regulär Montag bis Samstag bis 22 Uhr geöffnet haben (was ja gesetzlich absolut zulässig wäre)?

Die entsprechende Nachfrage nach langen Öffnungszeiten scheint also garnicht zu existieren.

Abgesehen davon ist an den verkaufsoffenen Sonntagen in meinen Augen auch immer viel zu viel Betrieb in der Stadt (schon allein durch die Verbindung mit besucherstarken Innenstadt-Events), dass hat doch mit entspannten Einkaufen mal überhaupt nichts zu tun (weder für Kunden, noch für die Verkäufer).

Unmöglich! Lasst das doch die Händler selbst entscheiden, die Gewerkschaften regeln das mit den Zuschlägen und gut ist. Andere Länder kriegen das auch hin. Ich selbst arbeite 3 Schichten, auch WE.

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